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Neue Zeiten, neue Bilder: Wie sich die deutschen Gedenkmünzen nach 1918 entwickelten

Aktualisiert: 11. Aug.

In der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus wäre niemand auf die Idee gekommen, Gedenkmünzen mit Maschinen und Märchen, Theater- und Opernszenen und anderen Bildern zu schmücken. Das gab es erst in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR und gehört heute ganz selbstverständlich zum numismatischen Alltag. In der Zeit der Monarchie wurden nur Landesfürsten durch Gedenkmünzen geehrt, abgesehen vom sächsischen Drei-Mark-Stück von 1913 mit dem Völkerschlachtdenkmal und dem Heiligen Georg als Drachentöter auf der preußischen Mansfeld-Ausgabe von 1915 und einige Probemünzen, die nie zur Ausgabe gelangten.

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Die Drei-Mark-Stücke von 1913 und 1915 unterscheiden sich

wohltuend vom Fürsten-Einerlei der kaiserzeitlichen Reichsmünzen.

Nach 1918 wurde die Themen- und Bilderpalette bunter.


Nach der Überwindung der Fürstenherrschaft im Deutschen Reich durch die Novemberrevolution von 1918 und der Ausrufung der Weimarer Republik änderte sich das Bilder- und Themenspektrum. Ausgedient hatten Kaiser, Könige und Fürsten, und auch der Reichsadler verlor Krone und Kette des Schwarzen Adlerordens. Jetzt wurden neue Themen und Bilder gesucht und bei künstlerischen Wettbewerben und anderen Entscheidungsprozessen gefunden. Seit 1925 schmückten neben Porträts von Politikern und Künstlern auch Symbolfiguren der deutschen Geschichte sowie Stadt- und Landeswappen und Siegel die Gedenkmünzen. Hinzu kam als  Zeugnis der Moderne der Zeppelin, der 1929 die Welt umrundete. Die numismatischen Hinterlassenschaften sind gut erforscht und katalogisiert und bilden ein interessantes Sammelgebiet. Man muss den offiziell emittierten Kurs- und Gedenkmünzen noch eine Serie von Proben hinzu rechnen, die nicht zur Ausgabe gelangten.


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Edwin Redslob – hier auf einer Grafik von Ernst Ludwig Kirchner -

hatte bei seinen Mühen um neuartige Bilder und Themen

für die Münzen der Weimarer Republik gute Künstler an der Seite.


Für neue Münzen, Siegel und ähnliche Hoheitszeichen Vorschläge zu unterbreiten, Wettbewerbe auszuschreiben, Künstler zu fördern und Geld für Honorare und Wettbewerbsbeiträge bereitzustellen, war Aufgabe des beim Reichsinnenministerium angesiedelten Amtes des Reichskunstwartes. Seinem Leiter Edwin Redslob (1884-1973) oblagen auch die Planung der Großbauten des Reiches und die Gestaltung offizieller Feiern der Regierung. Von 1920 bis zu seiner Entlassung durch Nationalsozialisten im Februar 1933 pflegte er eine enge Zusammenarbeit mit Künstlern, die eine bemerkenswerte Serie von Münzen und Medaillen hervor brachte.


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Nach dem Ersten Weltkrieg kam Aluminium-Geld heraus,

ab 1925 erschienen regelmäßig Gedenkmünzen,

hier Albrecht Dürer und Walther von der Vogelweide aus den Jahren 1928 und 1930.


Die Themen wurden von der Reichsregierung ausgewählt beziehungsweise von Städten, Ländern, Universitäten, Privatleuten und weiteren Antragstellern an das Amt herangetragen - so wie das auch heute bei der Gestaltung unserer Kurs- und Gedenkmünzen geschieht. In den im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde unter der Signatur R 32 Reichskunstwart 7.3 Münzen und Medaillen 287 ff. abgelegten Akten befinden sich Anträge von Ländern und Kommunen, bestimmte Jubiläen durch Gedenkmünzen zu würdigen. Die meisten wurden mit dem Hinweis abgewiesen, man dürfe das Thema nicht überstrapazieren, und außerdem stehe jedem frei, die Ereignisse auf Medaillen zu feiern. Da aber Medaillen eine andere Aussagekraft haben als Gedenkmünzen, wurden solche Ratschläge mit Unverständnis und Ärger quittiert.


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In geringer Zahl nur zur Ansicht in Regierungskreisen hergestellt, sind diese und weitere Münzproben sehr selten und erzielen daher im Handel stolze Preise. Die Goldmünze zu 20 Reichsmark mit dem sächsischen Landeswappen kam nicht zur Ausgabe, weil das ehrgeizige Projekt, wie in der Kaiserzeit mit Gold zu bezahlen, auf der Strecke blieb.


Edwin Redslob war bei allem Lob mit dem Ergebnis der Mühen um Münzbilder, die den Geist der neuen Zeit atmen, nicht zufrieden. Er drückte seinen Unmut mit Blick auf die „deutschen Symbole“ Germania und Reichsadler so aus: „Tatsächlich hat Deutschland zur Zeit kein dem ganzen Volke vertrautes wirkliches Sinnbild. Die Germaniaköpfe im Wettbewerb sind entweder frostige Allegorien oder zufälliges Bildnis. Die einzelnen allegorischen Figuren haben nicht die Kraft eines wahren Sinnbildes, man kann wohl von fast allen sagen, dass sie ungeglaubt sind. Wo aber Künstler sich beschieden haben und lediglich durch den Reiz der Verteilung und die innere Kraft zu wirken suchten, die auch die einfache Aufteilung einer Fläche zeigen kann, ist eine gute Arbeit geglückt. Ebenso kann man sagen, dass das Symbol des Reiches, der Adler, seine lebendige Kraft bewahrt.“ Der Reichskunstwart regte an, Münzwettbewerbe vor allem zur Neugestaltung von Kleingeld zu veranstalten. Was jetzt im Kurs ist, seien nur provisorische Lösungen, und es erscheine sehr wohl angemessen, hier planmäßig zu arbeiten, so dass man in absehbarer Zeit zu guten Wirkungen kommt.

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Für die ihm eingereichten Germania-Köpfe

konnte sich Reichskunstwart Edwin Redslob nicht erwärmen.


Tagesaktuelle und politische Ereignisse bilden bei den Münzen der Weimarer Republik eine Ausnahme, viel öfter wurden lange zurück liegende Ereignisse gewürdigt, so die Jahrtausendfeier der Rheinlande (1925) , 700 Jahre Hansestadt Lübeck (1926), 100 Jahre Bremerhaven, 1000 Jahre Nordhausen, 450 Jahre Universität Tübingen und 400 Jahre Universität Marburg (alle 1927), 400. Todestag von Albrecht Dürer, 900 Jahre Naumburg und 1000 Jahre Dinkelsbühl (alle 1928), 200. Geburtstag von Gotthold Ephraim Lessing und 1000 Jahre Burg und Stadt Meißen (beide 1929), 700. Todestag von Walther von der Vogelweide (1930, Gemeinschaftsprägung mit Österreich), 300. Jahrestag des Brandes von Magdeburg und 100. Todestag des Freiherrn vom und zum Stein (beide 1931) und 100. Todestag von Johann Wolfgang von Goethe (1932).


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Tübingen und Meißen, Lübeck und das Rheinland und die anderen Gedenkausgaben

der Weimarer Republik kommen in den Angeboten des Münzhandels regelmäßig vor.

Neuerdings ist bei ihnen allen auf billige Nachprägungen aus China zu achten,

die aber Kennern nicht schaden können.


Gegen diese Jubiläumsmünzen nimmt sich die Zahl der Prägungen zur Erinnerung an Ereignisse der Zeitgeschichte bescheiden aus. Der dritte (!) Jahrestag der Weimarer Verfassung wurde 1922 durch ein Drei-Mark-Stück aus Aluminium gefeiert und gilt als Vorläufer der 1925 eröffneten Serie der Gedenkmünzen. 1929 wurden zehn Jahre Weimarer Republik mit einer Ausgabe ausgerechnet mit dem Kopf des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gewürdigt, der ein ausgesprochener Feind des „Systems“ war. An der Spitze der Republik stehend und mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet, versetzte er ihr 1933 durch Ernennung von Adolf Hitler den Todesstoß. Die Vereinigung des früheren Fürstentums Waldeck mit Preußen war im gleichen Jahr die Prägung einer Gedenkmünze zu drei Mark wert. Dass die von dem Berliner Stempelschneider Franz Krischker gestalteten Drei- und Fünf-Mark-Stücke von 1930 zu dem fast 50 000 Kilometer langen Weltflug des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ in Stückzahlen zu einer Million beziehungsweise 400 000 Exemplaren hergestellt wurden, hat mit der großen Begeisterung an diesem Ereignis sowohl im Inland als auch weltweit zu tun.  Auch die endgültige Räumung des Rheinlandes 1930 von französischen Besatzungstruppen war ein guter Grund zur Ausgabe einer Gedenkmünze zu drei und fünf Reichsmark mit einem in Richtung Westen blickenden Adler und der Umschrift DER RHEIN DEUTSCHLANDS STROM NICHT DEUTSCHLANDS GRENZE.

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Paul von Hindenburg hatte zwar einen Eid auf die Weimarer Verfassung abgelegt,

hielt sich aber nicht daran. Das Deutsche Reich nutzte gut ein Jahrzehnt nach dem

Ersten Weltkrieg die spektakuläre Erdumrundung mit dem Luftschiff „Graf Zeppelin“, um sein Ansehen aufzupolieren und sich im Konzert der Völker als gleichwertig darzustellen.


An den Gedenk- und Kursmünzen der Weimarer Republik hatte es schon lange Kritik gegeben. Die Werte zu drei und fünf Reichsmark wurden als zu groß und zu schwer abgelehnt. Geldbörsen schwollen an, Jackentaschen beulten aus, beim Bezahlen wogen die Münzen viel zu schwer in der Hand. Es war nur ein Zufall, dass die schon seit längerem geplante Umstellung der Silbermünzen von der 500er auf die 900er Legierung wie in der Kaiserzeit mit dem Ende der Weimarer Republik und der Errichtung der NS-Diktatur zusammen fiel. Hatten die bisherigen Münzen zu fünf Reichsmark einen Durchmesser von 36 Millimetern und waren die zu drei Mark 28 Millimeter groß, so hatte man ab 1933 die gleichen Werte mit 29 beziehungsweise 25 Millimetern in der Tasche. Sie blieben dort nicht lange, denn schon bald zog das Hitler-Regime ältere und ihre eigenen Silber- und Nickelmünzen wieder ein, weil das Metall zur Kriegsvorbereitung benötigt wurde.


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Mit der Sonderausgabe zum 100. Todestag von Johann Wolfgang von Goethe

endete 1932 die kleine, aber feine Serie von Erinnerungsprägungen.

Auf Vorrat geprägt und mit der Jahreszahl 1933 versehen,

kam das Fünf-Mark-Stück mit dem Eichbaum nicht mehr zur Ausgabe.

Das macht diesen Jahrgang zu einer numismatischen Rarität.


Das NS-Regime hielt sich mit der Ausgabe von Gedenkmünzen zurück. Wohl schon länger geplante Ausgaben zum 450. Geburtstag des Reformators Martin Luther und der 175. Todestag des Dichters Friedrich Schiller waren die Ausgabe von Gedenkmünzen wert, ebenso hat das Nazi-Regime den so genannten Tag von Potsdam am 21. März 1933 durch die Werte zu zwei und fünf Reichsmark gewürdigt. Zur „Heimkehr“ des Saarlandes ins Deutsche Reich geplante Gedenkmünzen kommen nur als Proben vor, weil Hitler das benachbarte Frankreich nicht brüskieren wollte. So genannte Siegesmünzen und solche mit Hitlerkopf waren während des Zweiten Weltkriegs geplant, kamen aber nicht zur Ausgabe. In den Handel gelangte Münzproben erzielen enorme Preise.


Text und Fotos: Helmut Caspar

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