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Hindenburg-Münze von 1929 kam nicht gut an!

Als 1929 der zehnte Jahrestag der Gründung der Weimarer Republik begangen wurde, kamen Drei- und Fünf-Mark-Stücke mit dem Kopf des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und der so genannten Schwurhand heraus. Gestalter war der durch ansehnliche Porträtdarstellungen bekannt gewordene Braunschweiger Bildhauer Rudolf Bosselt. Dass ausgerechnet ein Feind der Republik und Freund der Monarchie, der frühere kaiserliche Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, durch eine Gedenkmünze geehrt wurde, war nicht die Entscheidung des für Münzen, Preismedaillen, Siegel, staatliche Feierlichkeiten und ähnliches zuständigen Reichskunstwarts Edwin Redslob, sondern kam von „ganz oben“. Das aber spielte in der nun anbrechenden Kritik an dem, wie man sagte, „Verfassungstaler“ oder „Hindenburgtaler“ keine Rolle. Er wurde Redslob persönlich in  ziemlich rüder Form angelastet.

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Die Gedenkmünzen von 1929 zum 10. Jahrestag der Weimarer Republik war nicht jedermanns Geschmack.


In den Berliner Münzblättern vom Mai 1930 äußert sich der von Emil Waldmann, dem Direktor der Bremer Kunsthalle, angegriffene Bosselt in einem Offenen Brief mit dem schlichten Titel „Der Hindenburgtaler“. Selbstverständlich sei es das gute Recht eines Rezensenten, seine Meinung vorzutragen, die in der Behauptung gipfelt, die neue Münze sei so ziemlich das Elendste, was einem Volk geboten wird und schlimmer könne es nicht mehr werden. Waldmann tat ahnungslos, als er forderte, es müsse sofort eine Reichsstelle geschaffen werden, um eine solche Blamage wie den „Hindenburgtaler“ zu verhindern. Bosselt konterte: „Daß diese Reichsstelle besteht, und daß sie mit Ihrem Kollegen – ein Kunsthistoriker müsste es doch wohl auf jeden Fall sein – Dr. Redslob besetzt ist, wissen Sie. Also gilt Ihre Forderung nur einer anderen Besetzung dieser Stelle.“

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Paul von Hindenburg war in der Kaiserzeit und während der Weimarer Republik ein beliebtes Medaillenmotiv. Das von Karl Goetz entworfene Fünf-Mark-Stück zu seinem 80. Geburtstag gelangte nicht zur Massenprägung, sondern existiert nur als Probe.


Interesse verdient Bosselts Schilderung, wie die Hindenburg-Münze entstanden ist. Man habe ihm nur ungenügendes Bildmaterial für den Kopf des Reichspräsidenten zur Verfügung gestellt. Sein Antrag, eine Studie „nach dem Leben“ anzufertigen, sei abgelehnt worden, „ebenso dann auch der Wunsch nach einer photographischen Aufnahme, der ich wenigstens hätte beiwohnen können. Es ist sehr wenig, was mir an Unterlagen zur Verfügung gestellt werden konnte.“ Wie der Bildhauer behandelt wurde, wirft ein Schlaglicht auf das kulturelle Klima, das am „Hof“ des ehemaligen kaiserlichen Generalfeldmarschalls herrschte. Er war 1925 als Nachfolger des mit erst 53 Jahren an einer zu spät behandelten Blinddarmentzündung verstorbenen Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) gewählt worden. Hindenburgs Wahl 1925 und dann noch einmal 1932 ebnete gemeinsam mit anderen unheilvollen Faktoren den Nationalsozialisten den Weg an die Macht mit den schrecklichen Folgen, mit denen wir und andere Völker bis heute zu kämpfen haben.

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Reichskunstwart Edwin Redslob hatte viel zu tun, Anschuldigungen und ungerechtfertigte Kritik an den Gedenkmünzen abzuwehren und verteidigte  Motive wie den Rheinlandritter von 1925 und die Bremerhavener Jubiläumsmünze von 1927.


Offenbar musste Bosselt unter hohem Zeitdruck arbeiten. „Ich wiederhole, ich will mich nicht einen Augenblick lang hinter die Zustimmung der Reichsstelle, die Sie fordern, d. h. Dr. Redslobs, verstecken. Er trägt keine Verantwortung, was auch immer er tun mag, denn er hat die Münze nicht gemacht…“, schrieb Bosselt und forderte „zur Verhütung von Unglücksfällen“, nicht die beratenden Ausschüsse sondern auch die Künstler sollten sich genügend Zeit nehmen, um die Wirkung der Entwürfe zu prüfen und Neues zu versuchen. Bosselt hoffte, dass ein Künstler nicht nur eine Münze im Leben entwirft oder vielleicht zwei, „sondern eine Reihe, aus der die eine oder andere missglücken kann, die dann nicht zur Ausgabe gelangt. Das gute Stück muß selbst von dem, der fähig dazu ist, erarbeitet (...) und vom Künstler selbst vertieft in Stahl geschnitten werden. Das kann man natürlich nicht in zwei Größen – 3- und 5-M.-Stück – von ihm verlangen. Diese Wiederholung ist tötend – aber es muß ja auch nicht das gleiche Stück in verschiedenen Werten zur Ausgabe gelangen.“

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In der Weimarer Republik hatte man kein Problem, auf Medaillen Reichsgründer Bismarck in eine Reihe mit dem „Reichsbeschirmer“ Hindenburg zu stellen.


Auf Waldmanns Kritik, warum er, Bosselt, den Verfassungstaler nicht in Stahl geschnitten habe, verweist der Angegriffene auf seine Fähigkeit dazu. „Aber das erfordert die dreifache Zeit, die für mich nicht zur Verfügung stand und enthebt nicht einer Vorarbeit an den Gipsmodellen. Dann bedarf es für einzelne Arbeiten einer geschulten Hilfskraft, die man nicht hat. Woran sollte man sie erziehen, womit beschäftigen, wovon bezahlen?“ Auch Redslob verteidigt den „Hindenburgtaler“. In einem Antwortschreiben auf Angriffe der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft auf die Reichsmünzen vom 1. Juli 1930 weist er Kritik an der von der renommierten Bildhauerin Renée Sintenis gestaltete Fünf- und Drei-Mark-Münze „Tausendjahrfeier der Rheinlande“ zurück und gibt sich als derjenige zu erkennen, auf den das Motiv zurückgeht. „Der als ,kardinal’ hingestellte Proportionsfehler beim Ritter des Rheinlandtalers fällt gegenüber den kompositionellen Vorzügen nicht ins Gewicht. Das Urteil mutet laienhaft gesucht an. (…) Außerdem möchte ich betonen, dass der Rheinlandtaler auf Grund meines Vorschlags in dieser Fassung ausgeführt worden ist und dass ich nach wie vor dieses Geldstück für besonders geglückt halte. Ebenso sind die Gedenkmünzen für Lübeck, Nordhausen, Bremerhaven, Dinkelsbühl, Naumburg, Lessing, das Dreimarkstück von Wackerle Stücke, die meiner Auffassung nach bereits einen ganz wesentlichen Fortschritt gegen die Münzen aus der Vorkriegszeit (d. i. Kaiserzeit, H. C.) zeigen. Ich erwähne dieses, weil die Beispiele andeuten, dass ein guter Weg betreten ist, der ein erfolgreiches Vorwärtsschreiten zu verheißen scheint“.

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Während der NS-Zeit bezahlte man mit Hindenburg-Münzen, doch manche Hitlerverehrer hätten ihr Idol auch auf Münzen gesehen.


Paul von Hindenburg war als Bezugsperson bei den Nationalsozialisten umstritten. Für den Reichspräsidenten und seine Kamarilla waren Hitler, der „böhmische Gefreite“ und Emporkömmling aus Österreich, und seine braunen Schläger ein Gräuel. Hitler und seine Anhänger wussten das, aber sie brauchten den greisen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten als „nützlichen Idioten“, um der am 30. Januar 1933 errichteten Nazidiktatur so etwas wie nationale Weihe zu geben. Auch die Hindenburg gewidmete Gedenkmünze von 1934 und den folgenden Jahren war umstritten, jedoch war jede Kritik verboten. Die Nazis waren Hindenburg für die Weihe, die er ihrem Anführer am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, in der Garnisonkirche vor den Gräbern der preußischen Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrichs II., des Großen, zuteil werden ließ, dankbar. Sie überschlugen sich mit Lobeshymnen, als er am 2. August 1934 starb. Dabei gab es auch andere Stimmen, denn einen Mann wie ihn im Portemonnaie mit sich herumzutragen, wurde von strammen Nazis als Provokation empfunden. Da nimmt es nicht Wunder, wenn immer wieder der Ruf nach anderen Geldstücken ertönte. Die Forderung, Hindenburgs Porträt durch eines von Hitler auszutauschen, kam um 1940 über seltene Probeprägungen nicht hinaus.


Text und Fotos/Repros: Helmut Caspar

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