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Übergewichtige Lösertaler aus Braunschweig

Unter den braunschweigischen Silbermünzen gibt es „Riesen“, die Sammler als Juliuslöser oder Lösertaler kennen und suchen. In Werten von 1 ¼ bis 16 Talern geprägt, verdanken sie ihre Entstehung im 16. Jahrhundert dem Wunsch des Herzogs Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, dass seine Untertanen Silbergeld für Notzeiten zurücklegen. Das im Land geförderte Edelmetall sollte zuhause bleiben und nicht ins Ausland abwandern oder im Schmelztiegel landen. In seinem „Handwörterbuch der gesammten Münzkunde für Münzliebhaber und Geschäftsleute“ (Halle und Berlin 1811) schreibt Carl Christoph Schmieder, Herzog Julius habe diese Stücke von der Ausbeute seiner Silbergruben prägen lassen, „von welchen jeder Hauseigentümer einen nach Verhältniß seines Standes einlösen mußte, daher der Name Löser. Adlige nahmen ganze zu 10, der Mittelstand halbe zu 5 und der gemeine Mann Viertel zu 2 ½ Species. Auf Verlangen mußte Jeder seinen Löser vorzeigen, den er wohl im Nothfall versetzen, aber nicht verkaufen durfte. Vermöge dieser Anordnung konnte der Herzog immer wissen, wie viel baares Geld er im Lande habe, das man im Falle der Noth eingefordert und in kleine Münze verwandelt haben würde. Sie sind aber nie eingefordert worden und, wie viel deren überhaupt geschlagen wurden, weiß man nicht. Sie sind aber sehr selten geworden, nachdem sie sich in alle Welt zerstreut haben und viele gewiß von Goldarbeitern eingeschmolzen wurden“.


Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und weitere Landesherren ließen im 16. bis 18. Jahrhundert große und schwergewichtige Lösertaler prägen, die über ihre wirtschaftspolitische Aufgabe hinaus auch repräsentative Aufgaben hatten. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Auf den frühen Juliuslösern von 1574 und den folgenden Jahren ist das Brustbild des Herzogs in voller Rüstung mit einer Streitaxt dargestellt, umgeben von einem doppelten Rahmen mit Tierkreiszeichen und einem doppelten Schriftkreis ganz außen. Die Inschrift besagt, dass es sich um das „Newe Muntz Geprege zu Heinrichstadt nach des Reiches Schrot und Korn genannt Brunswigs. Julius Löser am Wert X Taler“ handelt. Ergänzt wird diese Angabe durch den lateinischen Wahlspruch ALIIS INSERVIENDO CONSUMOR, was so viel bedeutet wie „Anderen zu dienen zehre ich mich auf“. Dass sich der Herzog im Dienst für sein Volk förmlich aufopfert, ist zwar eine schöne Metapher, die aber nicht stimmt, denn die Vermarktung des Grubensilbers geschah im Interesse und auf persönliche Rechnung des Landesherrn. Seine Untertanen bekamen ja die Lösertaler nicht geschenkt, sondern mussten sie sie gegen kurantes Geld einlösen und durften sie nicht ausgeben.

Die ungewöhnlich großen Lösertaler und andere Münzen sowie Medaillen wurden in der Barockzeit auf Spindelpressen mit kraftvollem Schwung geprägt. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Die gewaltige Größe der Juliuslöser im Wert von zehn Talern erwies sich mit einem Gewicht um 300 Gramm als Handicap. Denn es gab viele Braunschweiger, für die die Silberstücke viel zu teuer waren. Allenfalls konnten sie sich Halb- und Viertelstücke leisten. Die Herstellung von fünffachen und kleineren Talerwerten geschah, indem man zur Prägung eine dünne Ronde, auch Schrötling genannt, benutzte. Durch eingeschlagene Zahlen wurde der Wert der jeweiligen Münze markiert.


Der dreifache Lösertaler von 1664 bildet unter dem springenden Welfenrosses eine Bergbaulandschaft präzise ab und setzt den schwer arbeitenden Bergleuten ein numismatisches Denkmal. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Heinrich Julius und weitere Braunschweiger ließen zahlreiche übergewichtige Taler prägen, die über ihre wirtschaftspolitische Aufgabe hinaus repräsentative und propagandistische Aufgaben hatten. Beliebte Motive waren der Herzog mal nach links, mal nach rechts reitend, mit und ohne Hut, in spanischer Hoftracht oder in voller Rüstung. Fürstenbildnisse kommen auch stehend an einem Tisch vor, auf dem ein mit Federbesatz geschmückter Helm liegt.

Angesichts der Größe der Lösertaler mit Durchmessern bis 90 Millimeter und mehr kann man sich gut vorstellen, dass die Herstellung kompliziert war und viel Kraft erforderte. Ein Mann konnte nicht den riesigen Stempel halten und gleichzeitig mit dem Hammer auf ihn schlagen, weshalb an der Fertigung mindestens zwei Münzarbeiter beteiligt waren. Erst die Verwendung von Spindelpressen ermöglichte saubere Gepräge bei relativ geringem Einsatz von Muskelkraft. Lösertaler des späten 17. Jahrhunderts lassen den Einsatz solcher Balanciers vermuten.


Zu den braunschweigischen Riesenmünzen treten auch solche anderer Fürstentümer. Vor allem das silberreiche Sachsen tat sich mit „breiten“ Talern im Wert von zwei und mehreren Talern hervor. Dazu kommen noch die „dicken“ Taler, also Stücke von normaler Größe, die man aber auf einer stärkeren Ronde geprägt hat. Alle diese Münzen sind selten und teuer. Der Münzhandel bietet sie dann und wann an, ergänzt durch Ausgaben aus Gold, die schon zur Entstehungszeit bedeutende Wertstücke darstellten und es heute noch viel mehr sind. #Löser #Lösertaler #BraunschweigWolfenbüttel #HerzogJulius #Juliuslöser #Taler #Silber #Großmünze #Spindelpresse #Balancier #Bergbau #Grube #Barockzeit #HelmutCaspar


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