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Kein Interesse an Stadtjubiläen – einige Münzideen blieben in der frühen BRD auf der Strecke

In den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland gab es neben den verwirklichten Münzen auch solche, die über das Stadium der Idee und bestenfalls der Probeprägung nicht hinaus kamen. Über die Gründe haben Gisa Steguweit und Gerd Dethlefs in dem Buch „GeldKunst KunstGeld – Deutsche Gedenkmünzen seit 1949. Gestaltung und Gestalter“ (Osnabrück 2005) berichtet. Auf der Strecke blieben zahlreiche interessante und ansehnliche Entwürfe, von denen hin und wieder auch Probeabschläge vorkommen. Wenn sie im Münzhandel angeboten werden, sind ihnen stattliche Preise sicher. In die engere Wahl kamen zum Beispiel Entwürfe, die den Kopf von Hermes – dem antiken Schutzgott des Verkehrs, der Reisenden, der Kaufleute und der Hirten sowie Götterboten – mit dem Bundesadler kombinieren, aber auch verschiedene Glocken als Symbole ewiger Werte sowie unspektakuläre Ausgaben mit der Ziffer 5 als Angabe für den Wert der damals mit hoher Kaufkraft ausgestatteten Silbermünze. Alles in allem wurden zwischen 1951 und 1974 von dem silbernen Fünf-Mark-Stück eine Viertelmilliarde Exemplare geprägt.

Die Fünfmarkmünzen von 1951 mit dem Merkurkopf und der Glocke schafften es nicht zur Massenprägung. Derlei Probeabschläge erzielen oft ansehnliche Preise. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Nicht einmal in Erwägung gezogen wurde 1954, die Tausendjahrfeier von Lüneburg durch ein silbernes Fünfmarkstück zu begehen und es der Ausgabe von 1952 zur Hundertjahrfeier des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg folgen zu lassen. Der Vorschlag wurde von der Bundesregierung mit dem Hinweis abgelehnt, Jubiläen von Städten seien kein hinreichender Prägeanlass, zumal zahlreiche weitere Anträge dieser Art folgen würden. Jahrzehnte später sah man das Thema positiver, als Jubiläen von Berlin, Bonn, Hamburg, Potsdam, Magdeburg, Dresden und anderen Städten ins Prägeprogramm aufgenommen wurden.


Kein Interesse bestand 1958 an Gedenkmünzen zum 300. Geburtstag des Kurfürsten Johann Wilhelms von der Pfalz, genannt Jan Wellem, und auch der 125. Jahrestag des in der demokratischen Tradition der Deutschen so hoch gehaltenen Hambacher Festes ging 1957 folgenlos vorüber. Für eine Gedenkmünze von 1957 zur „Heimkehr der Saar“, also auf die Eingliederung des seit dem Zweiten Weltkrieg unter französischer Verwaltung stehenden Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland, wurde ein künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben. Er gedieh so weit, dass sogar schon Probeprägungen mit dem Alten Turm in Mettlach angefertigt wurden, dem ältesten Bauwerk und Wahrzeichen des Saarlandes. Der Entwurf von Karl Roth sollte in einer Auflage von 500.000 Stück geprägt werden. Doch dann sprach sich die Bundesregierung gegen die Saar-Münze aus. Das wurde mit dem Hinweis gerechtfertigt, es gebe schon viel zu viele Gedenkmünzen. Dabei gab es zu diesem Zeitpunkt erst vier Sonderprägungen: Germanisches Nationalmuseum, Friedrich Schiller, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden und Joseph von Eichendorff. Die Bundesregierung hatte wohl politische Bedenken, denn sie mag es nicht für opportun gehalten haben, durch eine Sonderprägung extra noch auf das für Frankreich blamable Ergebnis einer Volksbefragung aufmerksam zu machen, die 1957 zur Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik führte. Erst 2007 wurde die fünfzigjährige Zugehörigkeit des Saarlandes zur Bundesrepublik Deutschland durch eine Zehn-Euro-Münze gefeiert.

Die Gedenkmünze mit dem Turm in Mettlach und dem Bildnis von Oskar von Miller gibt es nur als Proben, denn sie schafften es nicht zur Massenprägung. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Auf der Strecke blieb eine Serie von Kursmünzen zu zwei DM zur Erinnerung an bedeutende deutsche Gelehrte. Gedacht war zunächst an Oskar von Miller, dem Gründer des Deutschen Museums in München, den Mediziner Robert Koch und den Physiker Max Planck. Geprägt wurde von 1957 bis 1971 in enormen Mengen lediglich die von Karl Roth gestaltete Planck-Münze. Warum man den Nobelpreisträger auswählte und keinen anderen Wissenschaftler, ist schwer zu sagen.


Offensichtlich musste die Bundesregierung um 1970 zahlreiche Anträge für alle möglichen Gedenkmünzen abwehren, die ihr von Vereinen sowie Verbänden, Kommunen und anderen Interessenten gestellt wurden. Sie tat dies unter anderem mit dem Hinweis auf die Auslastung der vier bundesdeutschen Münzämter, aber auch mit dem scheinheiligen Ratschlag, man möge sich doch der Medaille als Medium bedienen. Abgelehnt wurden Vorschläge anlässlich von Jubiläen der Universitäten in Kiel, Tübingen und München.


Nur als Probeprägungen liegt eine Fünfmarkmünze zum 200. Geburtstag des Dichters Johann Christian Friedrich Hölderlin vor. Es dauerte nicht mehr lange, bis die Bundesregierung das wachsende öffentliche Interesse an Gedenkmünzen anerkannte und die Schleusen für numismatische Selbstdarstellung und Geldbeschaffung öffnete, denn selbstverständlich war und ist die Prägung von Gedenkmünzen für den Staat ein profitables Geschäft.

Auch Hölderlin kam nicht in die engere Wahl. Wer einen runden oder klippenförmigen Abschlag sein eigen nennen kann, darf sich glücklich schätzen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].
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