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Jahreszahlen auf Münzen und Medaillen wurden erst in der frühen Neuzeit gebräuchlich

Wer Münzen und Medaillen sammelt, freut sich, wenn sie datiert sind. Wenn man keine Jahreszahl findet, muss man sich bei der Datierung anderweitig helfen. Art und Stil des betreffenden Stück führen weiter, ebenso die dargestellten Personen sowie Wappen und andere Motive. Immerhin hatte es über 2.000 Jahre gedauert, bis Jahreszahlen, wie wir sie gewohnt sind, auf Münzen gebräuchlich wurden. Die zeitliche Bestimmung von undatierten Münzen und Medaillen erfordert einige Übung. Namen von Herrschern und Münzmeistern, Angaben über Ämter und die Länge von Regentschaften liefern Hinweise, um Geldstücke und seit der Renaissance auch Medaillen datieren zu können.

Der halbe Guldengroschen trägt die Jahreszahl 1500 und stammt damit aus der Zeit, als die von 1500 bis 1525 laufende Serie der sächsischen Klappmützentaler aufgelegt wurde. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Blicken wir auf die sächsischen Münzen aus der Zeit vor und nach 1500, dann lässt sich ein System nicht erkennen, warum Münzen mit Jahreszahlen versehen wurden und warum man auf sie verzichtet hat. Offenbar hielt man es bis auf Ausnahmen nicht für nötig, eine Jahreszahl anzugeben. Für die Menschen von damals war es wichtiger, dass das betreffende Geldstück in Schrot und Korn, also hinsichtlich des Gewichts und Feingehalts, den Vorschriften entsprechen. Außerdem konnten die wenigsten Leute lesen und schreiben. Wer hatte unter diesen Umständen noch ein Auge auf irgendwelche Zahlen und Daten?

Von den Gedenkmünzen zur Statthalterwürde Friedrich des Weisen gibt es Ausgaben mit den Jahreszahlen 1507 und später, aber auch undatierte Prägungen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Da die meisten sächsischen Münzen bis in die frühe Neuzeit hinein ohne Jahreszahlen auskommen, muss man sie nach den abgebildeten beziehungsweise mit Namen und Titel erwähnten Kurfürsten und Herzögen einordnen, deren Regentschaft bekannt ist. Hilfreich ist auch die Betrachtung der Zeichen, mit denen die Münzmeister ihre Stücke signiert haben. Kenntnisse auf diesem Gebiet helfen weiter, wenn wir die berühmten Klappmützentaler zur Hand nehmen, die zwischen 1500 und 1525 ohne Jahreszahl, aber mit unterschiedlichen Bildnissen und Namen versehen geprägt wurden.


Mit der Datierung ihrer in Sankt Joachimsthal massenhaft geprägten Taler – hier ein dreifacher Taler von 1520 auf einer alten Grafik – waren die Grafen Schlick für die Sachsen ein leuchtendes Vorbild. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Frühe Beispiele für voll ausgeschriebene beziehungsweise verstümmelt wiedergegebene Jahreszahlen auf sächsischen Münzen sind halbe Schwertgroschen von 1482 und 1497, Zwickauer Zinsgroschen von 1492, Leipziger Goldgulden von 1500, Halbtaler mit Johannes dem Täufer von 1500, Schreckenberger Groschen von 1498 und 1507 sowie Buchholzer Katharinentaler von 1506 und nicht zuletzt Groschen und höhere Werte von 1507 auf die vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen in Vertretung von Kaiser Maximilian I. ausgeübte Statthalterwürde, um einige Beispiele zu nennen. Begonnen hatte Erzherzog Sigmund von Tirol, genannt der Münzreiche, bereits 1484 und 1486 mit der Datierung seiner halben und ganzen Guldengroschen, die man später nach dem Herstellungsort Sankt Joachimsthal Thaler oder Taler nannte.



Vorbildlich sind der hessische Taler mit der Heiligen Elisabeth und der württembergische Taler mit dem reitenden Herzog Ulrich mit den Jahreszahlen 1502 und 1504 datiert. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Sigmund folgten nach und nach verschiedene deutsche und ausländische Fürsten und mit dem Münzrecht ausgestattete Städte, so dass sich im Laufe des 16. Jahrhunderts nach und nach die Münzdatierung einbürgerte, wie sie bis heute üblich ist. Hin und wieder wurden Jahreszahlen nicht in arabischen Ziffern, sondern mit römischen Zahlenbuchstaben geschrieben. Allerdings kommt es vor, dass auch in späteren Zeiten da und dort die Jahreszahl weggelassen wurde. Warum man hin und wieder auf die ja auch für die Wertschätzung einer Münze so wichtige Angabe verzichtet hat, ist schwer zu sagen. Licht ins Dunkel könnte das Studium der einschlägigen Münzliteratur und mehr noch der alten Münzakten bringen, ein interessantes Forschungsthema wäre das allemal.

Die Jahreszahl 1755 sollte signalisieren, dass das Achtgroschenstück aus der Zeit vor dem Siebenjährigen Krieg stammt, konnte aber, weil aus minderwertigem Silber bestehend, kaum jemanden täuschen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Im Übrigen kann man nicht immer Jahreszahlen trauen, denn es gab Rückdatierungen, um dubiosen Geldstücken den Anschein zu geben, als seien sie alt und seriösen Ursprungs. Berühmte Beispiele sind die so genannten Ephraimiten, die der preußische König Friedrich II. im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) mit erbeuteten und nachgeschnittenen Stempeln seines Kriegsgegners, dem sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich August II./August III., schlagen ließ, um mit dem Gewinn einen Teil seiner Kriegskosten bestreiten zu können. Die mit „unverdächtigen“ Jahreszahlen 1753, 1754, 1755 usw. geprägten Machwerke aus schlechtem Silber stammen, wie viele Sammler wissen, nicht aus der Vorkriegszeit, sondern aus der Periode, als das Land von preußischen Soldaten besetzt war.

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