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Warum der Adler auf deutschen Gedenkmünzen immer wieder anders aussieht

Hin und wieder wird gefragt, ob es Regeln gibt, wonach der Adler auf den Rückseiten unserer bundesdeutschen Gedenkmünzen zu gestalten ist. Die zwischen „Hungerkralle“, „fetter Henne“ und anderen heraldischen Lösungen pendelnden Bilder kommen nicht bei allen Betrachtern gut an. Manche wünschen sich mehr Strenge bei der Darstellung unseres Wappenadlers, andere favorisieren spielerische Lösungen. Im Unterschied zu den Staatswappen anderer Länder haben Designer, die unsere DM- und Euromünzen gestaltet haben oder gestalten, freie Hand, weshalb sie dem Bundesadler stets ein neues Aussehen geben. Einige Bedingung ist, dass der Kopf nach links gewendet ist. Seit dem Abschied von der DM und der Umstellung auf den Euro vor 20 Jahren drehen sich die Europasterne um den Adler. Die Wettbewerbsvorgaben legen fest, dass die Gestaltung der Vorder- und der Rückseiten miteinander harmonieren soll, was meistens auch gelingt. Wenn die Preisrichter Modelle oder Zeichnungen beurteilen sollen, dann achten sie darauf, ob diese wenigen Vorgaben erfüllt sind. Regelmäßig wird in den numismatischen Zeitschriften über die Urteile der Preisgerichte berichtet und bei offensichtlich missratenen Adlern mit Kritik nicht hinterm Berg gehalten.

Der dünne Adler auf den ab 1950 geprägten silbernen Fünfmark-Stücken erhielt den Spitznamen Hungerkralle und passte durchaus in die magere Nachkriegszeit, als es vielen Deutschen alles andere als gut ging. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Numismatische Projekte müssen in der Bundesrepublik Deutschland langwierige Abstimmungsrunden zwischen Ministerien und anderen Beteiligten absolvieren, und viele Entwürfe bleiben aus formalen oder technischen Gründen auf der Strecke. Etwa zwei Jahre dauert es, bis ein Vorschlag realisiert wird. In einem komplizierten Verfahren müssen die Themen für Gedenkmünzen hieb- und stichfest gemacht werden. Sie sollen im weitesten Sinne konsensfähig sein, niemand soll sich benachteiligt fühlen. Sind die Absprachen getroffen und alle Hürden genommen, kann das Bundesverwaltungsamt in Berlin den künstlerischen Wettbewerb ausschreiben. Dazu werden bekannte Designer, aber auch Nachwuchskräfte eingeladen.

Variantenreich zwischen streng und verspielt ist der Bundesadler, um den sich seit Einführung des Euro 2002 die Europasterne drehen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Um die Gestaltungsarbeit wissenschaftlich zu fundieren und die Künstler zu inspirieren, erhalten sie Dossiers mit Hintergrundinformationen und Bildvorschlägen. Je nach Schwierigkeitsgrad werden ein- oder zweiphasige Wettbewerbe ausgeschrieben. Bis zu 30 Grafiker, Bildhauer und andere Künstler werden gebeten, Entwürfe für die Bild- und die Wertseite einzureichen. Aus diesen wählt das Preisgericht dann jene Vorschläge aus, die ihm am besten geeignet erscheinen. Da von den Modellen Prägewerkzeuge angefertigt werden müssen, werden zu den Beratungen auch Münztechniker hinzugezogen. Sie müssen prüfen, ob sich die Reliefs für die Vorderseiten- und Rückseitenstempel eignen und diese die Massenprägung aushalten. Es werden erste, zweite und weitere Preise vergeben, entsprechend fällt auch das Honorar für die Künstler aus. Die letzte Entscheidung fällt die Bundesregierung, die sich in den meisten Fällen dem Votum der Jury anschließt.

Der Bundesadler über dem Präsidententisch des Deutschen Bundestags im Berliner Reichstagsgebäude wird nur selten von Münzdesignern übernommen. Sie legen auf eigenständige Lösungen meist großen Wert. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Große Verantwortung liegt hinsichtlich der Auswahl der Münzentwürfe beim Preisgericht. Es setzt sich stets aus anderen Künstlern, Museologen, Historikern und Numismatikern zusammen. Neben den Fachpreisrichtern wirken in der Jury auch Sachpreisrichter mit, also Personen, die direkt mit den auf der Münze darzustellenden Personen, Jubiläen und anderen Ereignissen zu tun haben. Das können Politiker, Archivare, Kunst-, Sprach- oder Naturwissenschaftler, Denkmalpfleger und andere Fachleute sein. Während des Auswahlverfahrens werden nicht nur Umschriften für die zu prägenden Münzen, sondern auch deren Randschriften festgelegt. Die Auswahl eines Mottos ist mitunter schwierig, denn es muss prägnant, darf aber nicht zu lang sein, damit es auf dem Rand der Münze Platz findet. Die Jury-Sitzungen finden in jener Münzstätte statt, in der das Gedenkstück geprägt werden soll. Mitunter bereitet die Preisverteilung Schwierigkeiten, denn oft genug liegen hervorragende, gelegentlich aber technisch schwierig auszuführende Vorlagen vor. Manchmal werden bei ähnlich guten Modellen zwei erste Preise vergeben, bisweilen können sich die Juroren nur über zweite Preise einigen. Wenn die Münzen verausgabt sind, werden sie wohlwollend bis kritisch betrachtet. Auch Fragen zur Kompetenz der Preisrichter bleiben nicht aus, denn bekanntlich lässt sich über Geschmack streiten.



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