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Eine Reise durch die Geschichte der österreichischen Münzproduktion – Teil 2

Die Ausgabe von österreich-ungarischen Gedenkmünzen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts verdient besondere Beachtung, weil zur gleichen Zeit im Deutschen Reich die Prägung solcher Stücke verboten war und erst 1901 wieder zugelassen wurde. Die Themenauswahl der osterreich-ungarischen Gedenkmünzen mutet zufällig an, eine politische Linie, gar ein politisch-propagandistisches Anliegen wie bei den bayerischen Geschichtstalern zwischen 1825 und 1856 und weiteren Geprägen deutscher Bundesstaaten lässt sich nicht erkennen. Wichtige Staatsakte wie der Wiener Münzvertrag von 1857, die Feiern zum einhundertsten Todestag der Kaiserin Maria Theresia 1880, der Abschluss des Dreibundes zwischen Österreich-Ungarn, dem Deutschen Reich und Italien 1882 sowie die nach langen Jahren der Feindschaft und des Krieges freundschaftlich gewordenen Beziehungen zu diesen Ländern wurden durch Medaillen gewürdigt, nicht aber durch regelrechte Gedenkmünzen.


Als in Deutschland, Österreich-Ungarn und in anderen Monarchien am Ende des Ersten Weltkriegs (1914-1918) die Kronen fielen, hatte das auch Auswirkungen auf die Gestaltung neuer Siegel, Fahnen, Briefmarken, Münzen, Medaillen, Geldscheine und Auszeichnungen. Die offiziell am 12. November 1918 in Wien ausgerufene und gegenüber der k. und k. Monarchie deutlich verkleinerte Republik hieß anfangs Deutsch-Österreich beziehungsweise Deutschösterreich. Bestrebungen im Deutschen Reich und der Republik Österreich, beide Staaten zu vereinen, wurde von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs verboten.


Die österreichische Münzprägung war nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) nicht ganz so reichhaltig wie die der Weimarer Republik in Deutschland, ist aber nicht minder interessant und des Sammelns wert. Hier wie dort hat man auf Monarchenköpfe sowie Symbole der untergegangenen Kaiserreiche verzichtet und Künstler ermuntert, neue Symbole zu entwickeln, die auf den bürgerlichen Staat hinweisen. Die ab 1923 in Wien geprägten Kurs- und Gedenkmünzen aus Bronze, Kupfer-Nickel, Silber und Gold – stets mit dem österreichischen Doppeladler ohne Kronen, Reichsapfel und Zepter, dafür aber mit Hammer und Sichel in den Klauen – spiegeln die langsame Konsolidierung der Alpenrepublik wider. Sie zeigen das Bemühen, ihre Geschichte und Kultur national und international ins rechte Licht zu rücken. 1928 wurde mit der Ausgabe von Gedenkmünzen zu zwei Schilling begonnen.

Vor dem Anschluss Österreichs 1938 an Nazi-Deutschland glänzte die Alpenrepublik mit zahlreichen Gedenkmünzen wie hier mit einem Zwei-Schilling-Stück von 1936 zur Erinnerung an den kaiserlichen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen. Der Doppeladler ähnelt dem aus der Kaiserzeit, nur fehlen ihm Krone, Reichsapfel und Zepter. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Durch den von deutschen und österreichischen Nazis vorangetriebenen Anschluss an das Deutsche Reich wurde 1938 die Vereinigung beider Länder erreicht. Viele nun zu Bewohnern der „Ostmark“ gemachte Österreicher bereuten es schon bald, im März 1938 Hitler bejubelt zu haben. Nach der Eingliederung wurden in Wien Münzen mit dem Hakenkreuz geprägt, erkennbar an dem Buchstaben B, der früher für Hannover beziehungsweise Breslau stand.

Dem Hauptmünzamt Wien – hier auf einer Medaille aus der k. und k. Monarchie – wurde 1938 der Buchstabe B für Geldstücke des Deutschen Reichs zugewiesen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Es dauerte nur wenige Tage, bis durch eine von Hitler unterzeichnete Verordnung die Reichsmarkwährung im „Lande Österreich“ eingeführt wurde. Die Rechtsgrundlage dafür war das „Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ vom 13. März 1938. Neben dem Schilling war die Reichsmark gesetzliches Zahlungsmittel, wobei eine Reichsmark mit einem Schilling und 50 Groschen bewertet wurde. In einer weiteren Verordnung vom 23. April 1938 wurden die Noten der „in Liquidation“ befindlichen Österreichischen Nationalbank zur Einziehung aufgerufen und durch deutsches Papiergeld ersetzt. Außerdem wurde festgelegt, dass die auf Schilling und Groschen lautenden Scheidemünzen bis zur Einziehung und Außerkurssetzung ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel behalten sollten und die Münzen zu einem und zwei Groschen den Nennwert von einem und zwei Reichspfennigen haben.

Am 25. Mai 1938 schließlich wurden die österreichischen Goldmünzen zu 100 und 25 Schilling sowie die Silberstücke zu fünf und zwei Schilling außer Kurs gesetzt und eingezogen. Die bei der Nationalbank und in anderen Kassen befindlichen Prägungen aus Edelmetall wurden in großen Mengen eingeschmolzen und in Form von Barren dem nunmehr „großdeutschen“ Staatsschatz in Berlin zugeführt. Es dauerte nur wenige Wochen, bis dem technisch und personell gut ausgestatteten Hauptmünzamt in Wien eine neue Kennung – wie bereits geschrieben der Münzbuchstabe B – zugewiesen wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt das Wiener Hauptmünzamt seinen schon in der Zeit der Monarchie verwendeten Buchstaben A, nicht zu verwechseln mit dem A auf Berliner Münzen, zurück.

Das heutige Österreich glänzt durch eine Vielzahl von Gedenkmünzen vor allem aus Silber und Gold, mit denen Gestalten und Ereignisse der Landesgeschichte, aber auch die Flora und Fauna sowie Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten gewürdigt werden. Diese Stücke systematisch aufzuspüren und aus ihnen, verbunden mit Prägungen aus der Zeit der Habsburgermonarchie, eine Sammlung anzulegen, ist eine ebenso lehrreiche wie spannende Aufgabe. Die aktuelle Katalogliteratur und das Angebot im Münzhandel helfen bei der Schließung von Lücken.

Mit zahlreichen, meist preiswert erhältlichen Gedenkmünzen erinnert Österreich an Ereignisse und Gestalten seiner Geschichte, hier an 300 Jahre Salzburger Universität und 1978 an den vor 150 Jahren verstorbenen Komponisten Franz Schubert. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Teil 1 unseres Beitrages finden Sie hier.

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