Wohlstand für alle: Das Silber für die Fünf-Mark-Stücke von 1951 kam aus Mexiko
- Helmut Caspar

- vor 2 Tagen
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Fünf-Mark-Münzen sind eine Errungenschaft der deutschen Kaiserzeit. Die Silberstücke wurden ab 1874 in unterschiedlicher Intensität und Auflagezahl geprägt. Damals sowie in der Weimarer Zeit und später wurden die großen und schweren Geldstücke als Kurs- und Gedenkmünzen ausgebracht. Von 1951 bis 1974 in großen Auflagen geprägt, sind die silbernen Fünf-Mark-Stücke mit dem „dünnen“ Bundesadler in vielen Sammlungen vertreten. Zeitgenossen nannten den Wappenvogel auch Hungerkralle oder Pleitegeier und hätten sich gern ein anderes Motiv gewünscht.

In riesigen Mengen wurden ab 1951 die neuen deutschen Fünf-Mark-Münzen aus mexikanischem Silber geprägt. Steigende Silberpreise erzwangen später die Ablösung durch den Werkstoff Magnimat mit neuer Wert- und Adlerseite.
Um die neue Silbermünze ausgeben zu können, waren einige Vorbereitungen hinsichtlich der Gesetzgebung, Materialbeschaffung, Gestaltung und Ausführung nötig. Bundesfinanzminister Fritz Schäffer schrieb am 9. Oktober 1950 auf eine Anfrage der damaligen Bundestagsfraktion Zentrum, vor kurzem sei ein Teil des zur Ausprägung der Münzen zu 5 DM nötigen Silbers in Mexiko gekauft worden. Ein weiterer Anteil werde gedeckt, „sobald die Alliierte Hohe Kommission Silbermünzen aus ehemals deutschen Beständen, die heute dem Bund gehören und auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 beschlagnahmt sind, freigibt.“ Die endgültige Entscheidung über die Gestaltung des Münzbildes stehe der Bundesregierung nach § 6 des Gesetzes über die Ausprägung von Scheidemünzen vom 8. Juli 1950 zu. Der Minister betonte abschließend: „Zunächst müssen die Münzen zu 1 und 2 DM geprägt werden. Ich hoffe, die Prägung dieser Münzen bis zum Ablauf des Monats März 1951 durchführen zu können. Alsdann wird mit der Prägung der Münzen zu 5 DM begonnen werden. Die fertiggestellten Münzen kommen sofort in den Verkehr; im gleichen Umfang vermindert sich der Umlauf an Noten zu 5 DM.“
Die 1951 begonnene Prägung und Ausgabe von Silbergeld im Wert von fünf DM wurde von den Westdeutschen als Stück Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse nach den schrecklichen Verwüstungen durch die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg begrüßt und stand im Zeichen des Wirtschaftswunders nach dem vom Wirtschaftsminister Ludwig Erhard ausgegebenen Motto „Wohlstand für alle“. Die Silberprägung erfolgte aufgrund einer am 1. Dezember 1950 veröffentlichten und von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Finanzminister Fritz Schäffer unterzeichneten Bekanntmachung. Danach bestand die neue Münze aus einer Legierung von 625 Tausendteilen Feinsilber und 375 Tausendteilen Kupfer. Der Durchmesser wurde mit 29 Millimetern und das Gewicht mit 11,2 Gramm angegeben.

Die Hamburger Fünf-Mark-Ausgabe 1958 J kam in einer Auflage von 60 000 Stück heraus und ist vergleichsweise selten.
Ungewöhnlich war es, dass sich die Bundesregierung entschloss, Silbermünzen auszugeben, wo doch solche in anderen Staaten gerade eingezogen und durch Geld aus Neusilber, einer Kupfer-Nickel-Legierung, ersetzt wurden. Vor allem psychologische Gründe spielten eine Rolle, die höchste deutsche Münze wie in der Vorkriegszeit in Silber zu prägen, denn sie verschaffte der neuen Deutschen Mark zusätzlichen Glanz. Der im Vorfeld ausgeschriebene künstlerische Wettbewerb für die neue Münze fand ein ungewöhnlich großes Echo. Nicht weniger als 685 Einsendungen mit Köpfen, Tieren, Pflanzen und verschiedenen Symbolen wurden registriert. Doch nur ein Vorschlag schaffte es zur Massenprägung in Hamburg, München, Karlsruhe und Stuttgart - das Modell des in Schwäbisch-Gmünd lebenden Bildhauers, Grafikers und Medailleurs Albert Holl.
Unter den Einsendern befanden sich bekannte Münzgestalter wie Karl Roth, der das Fünf-Mark-Stück 100 Jahre Germanisches Nationalmuseum Nürnberg von 1952 schuf, sowie Josef Bernhart, auf den die Entwürfe für die bundesdeutschen Ein- und Zweimarkstücke zurückgehen. Die Jury hatte mit der Sichtung des Materials, in dem sich unter anderem Entwürfe mit einer Glocke oder dem Kopf des Bamberger Reiters befanden, sehr viel zu tun. Deshalb wurden fortan nur noch beschränkte Wettbewerbe durchgeführt, für die ein kleiner Kreis bekannter Künstler die Zeichnungen und Modelle einreichte.


Unter den Einsendungen für den Wettbewerb von 1951 waren solche mit dem Bamberger Reiter und einer Glocke. Im Münzhandel werden die Raritäten für viel Geld angeboten.
Albert Holl entwarf einen irgendwie dünn wirkenden Bundesadler. Er war damit wohl passend zu den mit Hunger und Mangel verbundenen Aufbaujahren der jungen Bundesrepublik nach dem Krieg. Er schaut bei geöffnetem Schnabel nach links. Die sieben Schwingen sind leicht nach außen gebogen. In der Bevölkerung stieß der Bundesadler gelegentlich auf Kritik, weil er so mager ausgefallen war. Vergleicht man den Entwurf mit dem ausgeführten Silberstück, fallen kleine Veränderungen auf. Die wichtigste war, dass die Jahreszahl, die der Künstler auf seinem Modell beiderseits des Adlerhalses platziert hatte, auf der Wertseite unter der großen Zahl 5 im inneren Schriftkreis angebracht wurde.
Weil die Bestände der Reichsbank nach Kriegsende von den Siegermächten konfisziert wurden, war das für die Startauflage von fast 80 Millionen Exemplaren benötigte Silber nicht vorrätig. Das Edelmetall musste im Ausland gekauft werden, und zwar in Mexiko, das selber über eine reiche Silbermünzenprägung verfügte. Von dort wurden Silberbarren im Gewicht von 35 Tonnen per Schiff in die Bundesrepublik geschafft und auf die Prägeanstalten verteilt. Im Unterschied zur heutigen Praxis, nach der die Geldfabriken ihre Rohlinge von der metallverarbeitenden Industrie beziehen, wurden damals die Ronden noch selber auf altbewährte Art durch Gießen, Strecken und Stanzen angefertigt, was gelegentlich zu winzigen Abweichungen von der Norm führte.

Die frühen Gedenkmünzen zu fünf DM der Bundesrepublik Deutschland von 1952 bis 1955 mit Auflagen von 200 00 Stück avancierten erst Jahre nach ihrer Ausgabe zu begehrten Sammlerstücken. Ab 1964 stiegen die Auflagen rasant an, weshalb man sie heute preiswert bekommt.
Die Urmatrize des Fünf-Mark-Stücks nach Holls Entwurf wurde im Hauptmünzamt München geschnitten. Von ihr wurden die Arbeitsstempel gewonnen, die sich nur durch die Münzzeichen voneinander unterscheiden. Im Laufe der nächsten Jahre sind die Prägewerkzeuge leicht verändert worden. Spezialsammler und Varianten-Jäger haben einiges zu tun, um alle Versionen in ihren Besitz zu bekommen. Alles in allem wurden zwischen 1951 und 1974 von dem silbernen Fünf-Mark-Stück eine Viertelmilliarde Exemplare geprägt. Die meisten Münzen gingen nach der Umstellung auf einen neuen Fünfer aus Magnimat durch Einschmelzen wieder verloren.
In dieser Riesenmenge kommen manche Raritäten und Ausgaben in Polierter Platte vor. So wurden 1958 in Hamburg nur 60 000 Fünf-Mark-Münzen mit dem Buchstaben J geprägt, was sie in der Gunst der Sammler und Händler nach oben katapultierte und zu Liebhaberpreisen führt. Den Jahrgang 1956 mit dem Münzbuchstaben G (Karlsruhe) dürfte es eigentlich nicht geben, und doch hat man wohl dort wenige Stücke aus Gefälligkeit hergestellt. Im Gerichtsverfahren gegen in den „Karlsruher Münzskandal“ verwickelte Personen wurde festgestellt, dass es sich nicht um Fälschungen handelt, sondern um spezielle Sammleranfertigungen mit originalen Werkzeugen, für die es jedoch keinen offiziellen Auftrag gab. Wo der in den Katalogen als unbefugte Prägung eingestufte Jahrgang 1956 G auftaucht, sollte man wachsam sein, denn es sind schon Stücke vorgekommen, bei denen das wertsteigernde Münzzeichen aus einem anderen Buchstaben fabriziert wurde. Teuer sind jene Polierten Platten (PP), die von manchen Jahrgängen des silbernen Fünf-Mark-Stücks angefertigt wurden. Auch hier sollte nach dem Motto „Augen auf beim Münzenkauf“ geprüft werden, ob nicht ein stempelglänzendes Stück nachträglich in eine wertsteigernde „Polierte Platte“ verwandelt wurde.

Zum Fünf-Mark-Stück zum Jubiläum des Germanischen Nationalmuseums (1952) gibt es ebenso Proben mit nicht realisiertn Entwürfen wie zum 200. Todestag des Freiherrn von Eichendorff (1957).
Neben den Silberfünfern von 1951 und folgenden Jahren gab es Projekte, die über die Planung nicht hinaus kamen. Über die Gründe haben Gisa Steguweit und Gerd Dethlefs in dem Buch „GeldKunst KunstGeld – Deutsche Gedenkmünzen seit 1949. Gestaltung und Gestalter“ (Osnabrück 2005) berichtet. Danach wurde 1954 angeregt, die Tausendjahrfeier der Stadt Lüneburg durch ein Fünf-Mark-Stück zu begehen und es der Ausgabe von 1952 zur Hundertjahrfeier des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg anzuschließen. Der Vorschlag aus Lüneburg wurde mit dem Hinweis abgelehnt, Jubiläen von Städten könnten nicht als hinreichende Prägeanlässe dienen, zumal zahlreiche weitere Anträge dieser Art folgen würden. Jahrzehnte später sah man das Thema positiver, als die Bundesregierung die Jubiläen von Berlin, Bonn, Hamburg, Potsdam, Magdeburg, Dresden und weiteren Städten ins Programm aufnahm.
Text und Fotos: Helmut Caspar




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