Vor 250 Jahren wurde Frankreichs Finanzminister Laverdy verjagt
„Wie geht es Ihnen?“ fragte König Ludwig XV. in einem oft kolportierten Gespräch mit Charles Godefroy, dem verschuldeten Herzog de Bouillon. „Schlecht genug, Sire“, antwortete dieser, „meine Gläubiger lassen mir keinen Augenblick Ruhe“. Anstatt für die Schulden seines Höflings einzustehen, antwortete der König: „Machen Sie es wie ich. Laverdy hat mir die ganze Last abgenommen.“
Als Clément Charles François de Laverdy (1724–1793) sein Amt als Generalkontrolleur der Finanzen (Finanzminister) antrat, erhoffte sich ganz Frankreich einen Aufschwung. Die Hoffnungen schienen sich kurzfristig zu erfüllen. Laverdy erleichterte das Los der Bauern, gab den Handel mit Getreide frei. Doch bald wendete sich das Blatt: „Er erließ ein Verbot, über die Verwaltung der Finanzen und die Verbesserung derselben irgendetwas zu schreiben oder drucken zu lassen.“ (Christoph Girtanner: Politische Annalen, 5. Band. Berlin 1794, S. 217) Um einen Staatsbankrott abzuwenden, nutzte Laverdy alle erdenklichen Möglichkeiten, auch ungesetzliche. Als sämtliche Buchungstricks nicht weiterhalfen, verhängte er drückende Steuerlasten. Die Hungerjahre während des „Kornwuchers“ von 1767, begleitet von einer gravierenden Teuerung, erzwangen im September 1768 seine Demission.

König Ludwig XV. (reg. 1717–1774): „Nach mir die Sintflut!“. Bildquelle: Wikimedia, Louvre Museum
Die Staatsfinanzen sollten sich auch unter Ludwig XVI. nicht mehr erholen. Jaques Necker, der neue Generalkontrolleur der Finanzen, machte 1781 die Misere der französischen Staatsfinanzen erstmals öffentlich. Ausgaben in Höhe von 620 Millionen Livres standen Einnahmen von 503 Millionen Livres gegenüber. Das Land war faktisch bankrott.
Als Charles Alexandre de Calonne im November 1783 Finanzminister wurde, waren angeblich nur noch zwei Geldsäcke mit insgesamt 1.200 Livres vorhanden. Mit gigantischen Anleihen verschaffte Calonne dem sorglosen Königspaar jedoch immer wieder finanzielle Spielräume. Glaubt man Alexandre Dumas, hatte er für die Sonderwünsche der Königin eine besonders gewitzte Idee: „Eure Majestät weiß sicherlich, dass die Goldmünze nicht in allen europäischen Staaten den gleichen Wert hat. In Spanien gilt das Gold zum Beispiel seit fünf, sechs Jahren achtzehn Unzen mehr als in Frankreich. Wer Gold aus Frankreich nach Spanien exportiert, verdient ungefähr vierzehn Unzen des Gegenwertes in Silber.“ Als die Königin erstaunt dreinblickte, erklärte Calonne, dass er kurzfristig sieben bis acht Millionen Livres beschaffen könne: „Ganz einfach, ich erhöhe den Wert des Goldes um fünfzehn Prozent. Niemand wird mehr einen Louis d‘or in der Truhe verwahren, wenn er merkt, dass sein Gold Prozente bringt. Dann lassen wir die Währung umprägen, und die Goldmenge, die heute dreißig Louis abwirft, wird auf zweiunddreißig umnominiert.“ (Alexandre Dumas: Das Halsband der Königin. Berlin 1981, S. 150, Korrekturfassung)

Doppelter Louis d’or (916er Gold, Paris 1786, 15,3 Gramm, 28 mm). Bildquelle: Monnaies d’Antan
Mit solchen Tricks allein waren die Finanzen jedoch nicht zu sanieren. Als es 1788 zu einer schrecklichen Missernte kam, wurde die Situation unhaltbar. Infolge des Mangels an Getreide verdreifachte sich der Brotpreis. Die Existenznot in der Bevölkerung führte am 14. Juli 1789 zum Sturm auf die Bastille. Im Lauf der Französischen Revolution ereilte das Schicksal jeden, der die Misere mit veranlasst hatte: „Laverdy hatte sich während seiner Verwaltung ein ungeheures Vermögen erworben, von welchem er in der Stille lebte, ohne an der Revolution Anteil zu nehmen, bis ihn die Spione der Jakobiner ausfanden, und seinen Henkern auslieferten.“ (Girtanner, S. 218) Das Revolutionstribunal verurteilte ihn zum Tode. Am 24. November 1793 ließ er sein Leben unter der Guillotine. Sein Schloss wurde zum Nationaleigentum erklärt und verkauft.