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Wirbel um Silber-Hahn: Gedenkmünze wurde 1979 eingeschmolzen und durch eine aus Magnimat ersetzt

Bei der Gedenkmünze zum 100. Todestag des Physikers Otto Hahn 1979 gab es gravierende Veränderungen hinsichtlich des Münzmetalls mit der Folge, dass die schon auf Vorrat geprägten Stücke aus Silber eingeschmolzen und durch solche aus dem Dreischichtenwerkstoff Magnimat ersetzt wurden. Damals war national und international der Silberpreis erheblich gestiegen. In den bundesdeutschen Medien wurde darüber spekuliert, wie es wäre, wenn etwa Bankangestellte den fünf DM teuren „Silber-Hahn“ säckeweise ins Ausland, etwa die Schweiz, schleppen und dort vielleicht für acht DM pro Stück als „Rohstoff“ weiter verkauften, damit er eingeschmolzen werde. Das sei ein großes Verlustgeschäft und die Bundesregierung müsse dagegen einschreiten. Mit Blick auf solche Befürchtungen wurde die Auslieferung der schon fertig geprägten und bei den Landeszentralbanken eingelagerten Silbermünzen unterbunden. Da wohl schon etliche Silberstücke bei Münzhändlern und Sammlern angelangt waren, tauchte bei ihnen die Polizei auf und beschlagnahmte, was noch zu fassen war. Die gesamte Auflage – 8 Millionen Stück in Stempelglanz und 300.000 in Polierter Platte – wurde nach Frankfurt am Main gebracht und unter Aufsicht in der Stuttgarter Münze komplett eingeschmolzen, wobei die letzten Otto-Hahn-Münzen aus Silber am 17. Juli 1980 verflüssigt wurden.

Von der von Helmut Stromsky gestalteten Gedenkmünze zum 100. Geburtstag des Begründers der Radiochemie und Chemienobelpreisträgers Otto Hahn (1879–1968) gibt es praktisch nur die Version aus dem Dreischichtenwerkstoff Magnimat, aus dem seit 1975 die normalen Münzen zu fünf DM hergestellt wurden. Sollte irgendwo eine Ausgabe aus Silber angeboten werden, ist Vorsicht geboten, sie könnte aus einem Diebstahl stammen oder nur versilbert sein (siehe Jaeger-Katalog Nr. 426). Bildquelle: Künker, Auktion 375/3144


Einen Rechtsanspruch auf die Silberversion bestand für Abonnenten nicht, die ihre Novitäten stets von der Verkaufsstelle für Sammlermünzen der Bundesrepublik Deutschland in Bad Homburg erhielten. Diesbezügliche Anfragen wurden, wie Herbert Rittmann in den „Geldgeschichtlichen Nachrichten“ (Heft 77, Mai 1980) berichtete, von der Behörde „kurz angebunden“ beantwortet. Rechtlichen Schritten gegen diesen Entscheid gab Rittmann keine Chance, denn nur diejenigen Münzen würden ausgeliefert, „die von der Bundesrepublik als Münzherrschaft tatsächlich ausgegeben werden“. Dass Silberstücke abhanden gekommen wären, sei trotz aller Gerüchte „wenigstens bisher“ nicht erwiesen. Die von dem bekannten Münzforscher durch einen fallenden Silberpreis genährte Hoffnung, die Bundesregierung möge ihren Entschluss noch einmal überdenken und die Silbermünzen wieder frei geben, ging nicht in Erfüllung. Herbert Rittmanns Kommentar endet mit den Worten: „Wird ,Otto Hahn’ letztlich doch nicht ausgegeben, so ist das Ergebnis für den Münzfreund nur dann unerfreulich, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass Stücke in finstere Kanäle versickert sind und früher oder später zu horrenden Preisen als fragwürdige Seltenheiten wieder auftauchen“. Zu dem in der Münzgeschichte der Bundesrepublik Deutschland einmaligen Vorgang ist von Sammlern und Händlern zu erfahren, dass seinerzeit tatsächlich einige Silberausgaben der Fünf-Mark-Münze Otto Hahn die Einschmelzung überlebt haben. Man habe sogar schon welche in der Hand gehabt, es bestehe aber kaum Aussicht, dass irgendwann eines dieser Stücke in einer Auktion auftaucht, denn die Münze würde sofort als Diebesgut konfisziert werden. Auch heute habe sich an der Rechtslage nichts geändert. [Anm. d. Red.: Bei dem im September 2022 vom Auktionishaus Künker angebotenen Exemplar wurde ein Kommentar des Nationalen Analysezentrurms der Bundesbank vermerkt: „einige der 5 DM Sammlermünzen Otto Hahn in Silber [wurden] über das diplomatische Korps offiziell in Verkehr gebracht. Somit können Sie (Auktionshaus Künker) die Münze in Ihrer Auktion anbieten.“ Der Zuschlag erfolgte bei 22.000 €.] Anscheinend ist im Handel noch nie ein „Silber-Hahn“ angeboten worden. Allerdings wird von Händlern berichtet, dass es Versuche gab, ihnen versilberte Exemplare anzubieten. Allerdings sind diese Machwerke durch ihr geringeres Gewicht – etwa 10 g gegenüber 11,2 g – sofort zu erkennen. Es gibt auch eine winzige Veränderung bei dem Münzzeichen G der Prägestätte Karlsruhe. Auf der Magnimat-Version befindet es sich unter M und A der Angabe MARK, während das G auf den Silberstücken etwas versetzt zwischen A und R steht.

Selbstverständlich gibt die Vernichtung von Münzen, die in einer Millionenauflage hergestellt wurden und dann komplett vernichtet wurden, Anlass zu Spekulationen. Um solche Vorgänge ranken sich manche Legenden, etwa die von zwei angeblich entwendeten Münzrollen zu je 40 Stück, von denen eine in die USA verbracht worden sein soll. Von dort gelange ab und zu ein teuer gehandeltes Exemplar nach Europa gelangen und werde Händlern und Sammlern angeboten. Dort heißt aber, die Silberversionen seien „toxisch“, und die Annahme sei mit dem Risiko der Beschlagnahme versehen. Man tue gut, sich an ihnen nicht die Finger zu verbrennen und ihretwillen einen guten Ruf zu schädigen. Die Einschmelzung der silbernen Hahn-Münze war die letzte Aktion dieser Art in der Stuttgarter Münze, denn die Schmelzwerkstatt wurde anschließend umgebaut, um neue Prägemaschinen aufzunehmen. Die Einschmelzung erfolgte deshalb in Stuttgart, weil die Anlagen der Karlsruher Münze schon Jahre zuvor aufgrund von Einsprüchen von Anwohnern demontiert worden waren. Während die silbernen Hahn-Münzen zum Leidwesen der Sammler auf Nimmerwiedersehen im Tiegel verschwanden, fielen 5,35 Millionen neue Stücke aus Magnimat in der Karlsruher Münze aus den Prägeautomaten. Im Übrigen soll es auch andere Münzen geben, die eigentlich nicht existieren dürften, Proben und Sonderabschläge etwa, die eine Münzstätte nicht hätten verlassen dürfen, es auf verschlungenen Pfaden aber getan haben und es ganz legal in Auktionen geschafft haben.

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