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Münzen & Assignaten: Zeugnisse der Französischen Revolution

Als König Ludwig XVI. am späten Nachmittag des 14. Juli 1789 von der Jagd zurückkehrte, notierte er pedantisch die Stückzahl des abgeschossenen Wildbrets. Daneben schrieb er: „Sonst nichts geschehen!“ Wenig später wurde der Herzog von Liancourt vorgelassen. Er meldete, dass das Volk die Bastille erobert habe. Der König war außer sich: „Hören Sie, Monsieur! Das ist ja eine Revolte!“ – „Sie irren, Sire“, antwortete der Herzog: „Es ist die Revolution!“ (Guy Chaussinand-Nogaret: 1789, la Bastille est prise, Brüssel 1988, S. 102). Nun ging es Schlag auf Schlag. Im August 1789 verkündete die Nationalversammlung die Menschenrechte. Die Privilegien von Adel und Kirche wurden abgeschafft, die Besitztümer der Kirche eingezogen. Im Herbst 1791 kam es unter den Girondisten als führender Kraft zur Verabschiedung der Verfassung. Als am 22. September 1792 die Monarchie der Republik weichen musste, begann sogar eine neue Zeitrechnung nach Maßgabe eines Revolutionskalenders. Im Januar 1793 wurde der König hingerichtet. Die radikalen Jakobiner errichteten 1793 schließlich eine Schreckensherrschaft, in deren Verlauf vermeintliche Gegner massenhaft guillotiniert wurden. Erst mit der Hinrichtung von Maximilien de Robespierre im Juli 1794 endete diese Gewaltherrschaft. Im Oktober 1795 ging die Macht dann an ein parlamentarisches Direktorium über. Im November 1799 wurde Napoleon durch einen Staatstreich zum Ersten Konsul.

Assignat (400 Livres, 1792). [Bildquelle: Wikiwand].

Die Lebensumstände hatten sich in den ersten Jahren der Volksherrschaft keineswegs verbessert. Im Dezember 1789 beschloss die Verfassunggebende Versammlung die Einrichtung einer Kasse, die Gutscheine für 400 Millionen Livres ausgeben sollte. Eingelöst werden sollten sie nach dem Verkauf der Kron- und Kirchengüter: „Zur Abhilfe der dringendsten Verlegenheiten, zur Abstoßung einer Schuld von hundertundsiebzig Millionen an die Diskontokasse, sowie zur Tilgung von hundertneununddreißig Millionen Antizipationen und rückständigen Zinsen beantragte Mirabeau die Ausgabe von vierhundert Millionen mit viereinhalb zu verzinsender und nach Maßgabe des fortschreitenden Güterverkaufs wieder einzulösender Anweisungen. So entstanden die Assignaten.“ (Theodor Flathe / Hans Prutz: Die Französische Revolution, Essen 1990, S. 81f.). Als das wundersame Experiment zur Geldvermehrung eingeleitet wurde, ahnte man noch nicht, welchen Verlauf es nehmen würde. Im September 1790 bestellte die Verfassunggebende Versammlung weitere Assignaten im Wert von 1.200 Millionen Livres. In immer kürzeren Abständen folgten die Emissionen. Im Jahr 1796 war man schließlich bei Papiergeld in Höhe von 45 Milliarden Livres angelangt: „Die Assignaten wurden von der Republik in Stückelungen zu 10.000, 1.000, 500 bis 5 Livres, sogar bis zu 10 Sous ausgegeben, allerdings ohne ausreichende Deckung. Die ersten Ausgaben druckte man sehr sogfältig zumeist schwarz auf weißem Papier mit Wasserzeichen und Blindprägungen. In späteren Jahren ließ die Qualität sehr nach. Sie kommen auch in ungeschnittenen Bogen vor.“ (Thoralf am Mihr: Liberté, Fraterité, Egalité! In: Money Trend, Heft 11/2001, S. 131).

Louis d’Or (24 Livres, 1792, 917er Gold, 7,6 Gramm, 24 mm). [Bildquelle: MA-Shops, Comptoir des Monnaies].

Écu (6 Livres, Frankreich, AN 2, 1793, 917er Silber, 29,4 Gramm, 39 mm). [Bildquelle: International Coin Exchange, Auktion V, Los 117].

Das werthaltige Münzgeld war während der Inflation der Assignaten weitgehend aus dem Umlauf verschwunden. Es wurde gehortet oder wanderte ins Ausland ab. Die Inflation war da: „Der Louis d’or, der Mitte 1794 noch 75 Papierfranken wert ist, steigt auf 200 im April 1795, auf 325 Anfang Mai, auf 500 Ende Mai, auf 600 Anfang Juni und auf 2.000 im Oktober. Natürlich steigen sämtliche Waren im entsprechenden Verhältnis, und die Beamten, Angestellten und Rentner sowie alle, die früher durch ein festes Einkommen oder Gehalt vor der Not geschützt waren, geraten in das größte Elend, da sie nur noch über ein lächerlich kleines Päckchen von Assignaten zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes verfügen.“ (Pierre Gaxotte: Die Französische Revolution. Bergisch Gladbach 1977, S. 364). Ein Spaßvogel hängte am Boulevard de la Madeleine in Paris ein Plakat auf, das verkündete: „Republik für geringen Preis in Münzgeld zu verkaufen.“ Um das Experiment doch noch zum Erfolg zu führen, ordnete das nunmehr regierende Direktorium die Einziehung der Assignaten zugunsten sogenannter Territorialmandate (Mandats Territoriaux) an. Mit Gesetz vom 18. März 1796 wurde parallel dazu der private Handel mit Gold und Silber verboten. Damit bestand ein Annahmezwang für die Mandate. Doch in den Berichten der Polizei hieß es, niemand halte sich an die Anordnung: „Es ist und bleibt Papier. Die Arbeiter wollen ihren Lohn nicht in Mandaten ausbezahlt haben. Die Bäcker wollen ihre Ware nur gegen Silbergeld verkaufen.“ (René Sedillot: Muscheln, Münzen und Papier – Die Geschichte des Geldes. Frankfurt/Main 1992, S. 203). In den Pariser Markthallen hingen nun Preisschilder, nach denen das Fleisch entweder 150 Livres in Assignaten, vier Livres und zehn Sous in Mandaten oder zehn Sous in Hartgeld kostete. Das Direktorium hob das Verbot auf. Im Jahre 1797 kehrte das Münzgeld allmählich in den Umlauf zurück. Das Papiergeld der Mandate wurde zu einem Prozent seines Nennwertes von den staatlichen Kassen zurückgenommen.

Sol (Essai, AN 2, 1793, Kupfer, 11,7 Gramm, 28 mm). [Bildquelle: St. James‘s Auctions, Auktion 29, The Lissner Collection, Los 313].

Trotz des weitgehenden Ersatzes von Hart- durch Papiergeld während der Revolutionsjahre, lässt sich der Ablauf der Ereignisse an Münzbildern nachvollziehen: „Die Prägungen alten Typs, bis 1792 mit dem alten royalistischen und nur in der Umschrift abgewandelten Münzbild und bis 1793 unter dem Revolutionskalender mit der Darstellung des schreibenden Genius, wurden aus Prestigegründen und für den Außenhandel fortgesetzt.“ (Herbert Rittmann: Moderne Münzen. München 1974, S. 46). Auf der Vorderseite der Goldmünzen war also zunächst weiterhin das Bild des Königs, auf der Rückseite das Lilienwappen der Bourbonen zu sehen. Im Verlauf des Jahres 1792 ist das Wappen dann vom Motiv des geflügelten Genius mit Verfassungstafel ersetzt worden. Der ab 1791 geprägte Écu constitutionelle aus Silber zeigte auf der Vorderseite zunächst ebenfalls noch das Porträt des Königs. Auf der Rückseite prangte schon der schreibende Genius. Nach der Abschaffung der Monarchie wurde auf den Münzen erstmalig der jeweilige Wert inmitten eines Kranzes aus Eichenlaub angegeben. Auch die Kupfermünzen sind entsprechend umgestaltet worden: „Graveur dieser Münzen war Augustin Dupré (1748-1833), der von 1792 – 1803 als Generalgraveur an der Pariser Münze tätig war. Seine Prägungen sind an dem Münzmeisterzeichen Frau mit Bogen bzw. an der Signatur „Dupré“ zu erkennen.“ (Peter Ehrhardt: Die Münzen des Nationalkonvents und des Direktoriums als Spiegel ihrer Zeit. In: MünzenRevue, Heft 3/2002, S. 102).



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