Modernes Antiquariat: „Silber" von Günter Ludwig und Günter Wermusch (1986)
- Dietmar Kreutzer

- vor 1 Tag
- 2 Min. Lesezeit
Im Prolog des Buches heißt es: "Andrej Anikin hat in seinem Buch Gold die Todesspur des Goldes verfolgt. Die Geschichte des Silbers ist nicht weniger grauenvoll. In den Silberminen von Laurion im antiken Griechenland und in den römischen Bergwerken von Iberien (Spanien) arbeiteten kriegsgefangene Sklaven und Verbrecher. Die Arbeit dort kam einem Todesurteil gleich. Wieviel Menschenleben der Bereicherungssucht der griechischen und römischen Sklavenhalter geopfert wurden, wissen wir nicht." Schon diese einleitenden Zeilen lassen erkennen, dass das Pendant zu der deutschen Ausgabe von Anikins Gold auf Emotionen setzt. Die Verfasser waren bemüht, die Geschichte des Silbers anhand wichtiger historischer Momente und Entwicklungen nachzuverfolgen. Für ihre allgemeinverständliche und unterhaltsame Geschichte des Silbers nutzten sie eine episodenhafte Darstellung. Die Hauptkapitel verfolgen die Spur des Edelmetalls vom Hacksilber der frühen Kulturen über das "Reich, in dem die Sonne nie unterging" bis in die 1980er Jahre.

Günter Ludwig, Günter Wermusch:
Silber - Der Weg des Silbers von den Anfängen der Zivilisation bis zur Gegenwart
Verlag Die Wirtschaft Berlin, 1986, Nachauflage: 1988
Bei Antiquariatsportalen wie booklooker.de ab 1,95 Euro
Im Kapitel 6 geht es beispielsweise unter dem Titel Big Bonanza um einen Silberrausch, der im 19. Jahrhundert im Westen der Vereinigten Staaten ausbrach. Auf der Suche nach Gold waren die Brüder Allen und Hosea Grosch im Jahr 1852 in den kalifornischen Gold Canyon gezogen. Dabei entdeckten sie in Nevada den berühmten Comstock Lode, eine Silberader, die bald eine ganze Bergbauindustrie beschäftigen sollte. Die Entdecker kamen über kurz oder lang ums Leben. Doch Henry Comstock, einer ihrer Mitstreiter, erhob erfolgreich Anspruch auf die Claims: "Comstock hat von Arbeit nie viel gehalten und war damit jenen, die später die Millionaire's Row von Virginia City bewohnten, nicht ganz unähnlich. Früher, im Canyon, hatte er Chinesen und Yaqui-Indianer für sich arbeiten lassen. Jetzt wuchs sein Vermögen mit jedem Tag, die Spekulation blühte." Doch plötzlich verkauften er und seine Freunde ihre Anteile. Bergbau-Unternehmen kamen. Die mächtige Ader wurde von Firmen wie Gould & Curry, in der bis zu 675 Bergleute in drei Schichten arbeiteten, und mehreren anderen ausgebeutet. In den Jahren 1860 bis 1880 wurden hier rund 6,3 Millionen Tonnen Silber- und Golderz abgebaut. Der Lagerstätte, die zu einer Industrie anwuchs, verdankt Nevada seinen Spitznamen Silver State.
Die abenteuerlichen Schilderungen in den einzelnen Kapiteln über die Entwicklung des Silbers als Zahlungsmittel, aber auch als Rohstoff in der Industrie, lesen sich zum Teil wie ein Krimi. Leider reichen sie nur bis in die 1980er Jahre. Eine Erkenntnis im Kapitel 8, das unter dem Titel Vom Wert und Preis des Silbers steht, ist aber bis heute aktuell geblieben: "Kaum eine Börsenware ist wohl schwieriger zu handhaben als Silber. Während sich in anderen Branchen die Produktion der Konjunktur in gewissen Grenzen 'anpassen' lässt, um den Preis zu halten (...), ist das Silberaufkommen, das zu 70 Prozent als Nebenprodukt der Buntmetallgewinnung anfällt, in dieser Weise nicht beeinflussbar." So kommt es infolge einer Nachfrage, der nicht auf kurze Sicht durch eine höhere Produktion begegnet werden kann, und ergänzender Spekulation in bestimmten Zeiträumen zu einer Blasenbildung.
Dietmar Kreutzer




Kommentare