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Die Spur des Silbers von Tillmann Bendikowski

Vor fünf Jahren lief auf ARTE die Dokumentation Pures Silber. Oder: Wie China zur Weltmacht wurde. Mithilfe von Spielszenen erzählten die Autoren in drei Teilen, Die Silberfunde in Südamerika und eine Steuerreform in China setzten im 16. Jahrhunderte eine radikale Neuerung durch. Seit Menschengedebken hatten die Chinesen ihre Abgaben in Naturalien wie Getreide oder Reis entrichtet, nach komplizierten, oft unzuverlässigen Berechnungen. "Mit der Reform - genannt Ein einziger Peitschenhieb - werden unterschiedliche Besteuerungsarten zu einer einzigen Zahlung in Silber zusammengefasst. Diese Besteuerung ist für den Staat viel leichter einzutreiben", erklärte der Wirtschaftshistoriker Richard von Glahn, Professor an der University of California in Los Angeles und einer der Experten in der ARTE-Doku. Das Silber dafür kam zu einem erheblichen Teil aus dem durch die Spanier kolonialisierten Südamerika, vor allem aus Bergbau von Potosí.


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Tillmann Bendikowski: Die Spur des Silbers

C. Bertelsmann Verlag München, 2025

256, Seiten, 26 Euro

ISBN 978-3-570-105-43-6


Als ich das neue Buch von Tilmann Bendowski zur Hand nahm, war ich von dem schicken Einband und dem Anspruch beeindruckt, den Untertitel vermittelt: Wie die Jagd nach dem Edelmetall unsere Welt verändert hat. Ich erwartete, die Geschichte des Silbers auf ebenso spannende Weise erzählt zu bekommen wie in der erwähnten ARTE-Doku. In dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht. Das Buch ist zwar hervorragend recherchiert. Das sich daraus ergebende Ereignis-Hopping in den acht Kapiteln ist jedoch nicht sonderlich gut lesbar, spannend schon gar nicht. Teilweise verwirrt die dichte Abfolge von Zeiten, Ländern und Namen sogar. Zum Thema der ARTE-Doku, also dem Aufstieg Chinas zur Weltmacht, las ich im vierten Kapitel: "China verfügte - im Gegensatz zu Japan - über keine eigene Silberförderung und hatte deshalb großen Bedarf an dem Edelmetall, der chinesische Markt war also denkbar lukrativ für das Silbergeschäft der europäischen Kaufleute. Schon im 15. Jahrhundert hatten sich die Kaiser der Ming-Dynastie in finanziellen Nöten befunden. Es fehlte bei steigenden Ausgaben und zunehmender Inflation an Silber. Im Jahr 1580 hatte China sogar ein Gesetz eingeführt, wonach Bauern, Handwerker und Kaufleute ihre Steuern fortan in Silber zahlen mussten und nicht mehr mit dem traditionellen Papiergeld." Die zunehmende Siilbernachfrage setzte einen permanenten Zustrom von Silber aus Übersee in Gang. Am Ende schienen alle Münzen und Barren an demselben Ziel zu landen. Schon 1621 schrieb ein portugiesischer Kaufmann: "Das Silber irrt auf seinen Wanderungen durch die ganze Welt, um dann in China zu enden, wo es wie in seinem natürlichen Zentrum bleibt."


Um zu vergleichen, ob sich die Geschichte des Silbers anhand von Episoden besser beschreiben lässt, nahm ich nun Silber - Aus der Geschichte eines Edelmetalls von Günter Ludwig und Günter Wermusch (Berlin 1986) zur Hand. Dort wird die Geschichte des Silbers von Anfang an erzählt, also nicht erst im Mittelalter beginnend. Die acht Kapitel dieses Buches erzählen die komplexe Geschichte gut zugänglich anhand von interessanten Episoden wie Berggeschrei in Sachsen und Big Bonanza. Doch wo ist China? Fehlanzeige! Die Autoren hatten diesen wichtigen Teil der Geschichte des Silbers offenbar vergessen. So ist das kundige und gut recherchierte Buch von Tilmann Bendikowski letztlich wohl doch die zurzeit beste Wahl. Ein regelrechtes Lesevergnügen wird sich wahrscheinlich nicht einstellen. Aber Sie können ihre Lektüre ja im Anschluss mit einem der Werke fortsetzen, die im 13-seitigen Literaturverzeichnis aufgeführt sind. Wie wäre es mit Der Schatz im Silbersee von Karl May?


Dietmar Kreutzer




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