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Die Silberspekulation der Gebrüder Hunt (1973-1980)

Vor sechzig Jahren lag der Silberpreis über lange Zeit hinweg zwischen einem und zwei Dollar pro Feinunze. Im September 1971 waren es 1,35 Dollar. Doch bis zum Ende des Jahres 1973 stieg der Preis auf 2,54 Dollar. Als Grund wurde bei stagnierender Bergbautätigkeit eine stärkere Nachfrage aus der Industrie genannt. Die Ängste infolge des Vietnamkrieges und der mit ihm einhergehenden Inflation dürften jedoch ebenso zu diesem Anstieg beigetragen haben. Die für viele Marktteilnehmer etwas überraschende Hausse ging im Jahr 1974 weiter! Am 12. Februar 1974 hieß es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Manche Beobachter werden den Verdacht nicht los, dass eine großangelegte Spekulation hinter dieser Silber-Hausse steckt. In diesem Zusammenhang ist mehrfach der Name des texanischen Ölmilliardärs Hunt gefallen, der im Dezember und Januar bereits über die Terminmärkte bereits mehr als 20 Millionen Feinunzen (...) gesammelt haben und bestrebt sein soll, diese Käufe fortzusetzen." Tatsächlich hatten der 48-jährige Nelson Bunker Hunt und sein jüngerer Bruder William Herbert im Jahr 1973 die oben genannte Menge Silber zum Marktpreis erworben. Anfang 1974 erwarben sie weitere 23 Millionen Unzen. Was die Milliardäre zu den Käufen bewegte, ist bis heute umstritten. Vielfach wird behauptet, dass die Brüder geplant hatten, den Weltmarkt für Silber und damit auch dessen Preis zu kontrollieren. In einem Beitrag auf boerse.de wird jedoch auch die Opfertheorie genannt, der zufolge die Brüder lediglich ein Gespür für unterbewertete Investments hatten und deshalb in großem Stil das ihrer Meinung nach unterbewertete Silber kaufen wollten.


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Nelson Bunker Hunt (links) und sein Bruder William Herbert

Bildquelle: Global Bullion Suppliers


Zum Jahresanfang 1974 stieg der Silberpreis auf 3,31 Dollar. Der Höchststand in 1974 lag bei 6,00 Dollar. Zum Jahresende rutschte der Preis wieder bei 4,31 Dollar. Der durchschnittliche Silberpreis im Jahr 1974 lag bei 4,60 US-Dollar je Feinunze. Der Zuwachs betrug über das Jahr gerechnet damit 32,62 Prozent. In den Jahren 1975 und 1976 stagnierte der mittlere Silberpreis bei 4,38 US-Dollar beziehungsweise 4,32 Dollar je Feinunze. Dann begann der Preis langsam, aber unaufhaltsam anzuziehen. Der Silberpreis des Jahres 1977 lag im Durchschnitt bei 4,61 US-Dollar. Auf das Jahr gerechnet belief sich der Zuwachs auf 9,66 Prozent. Nun nahm der Preis immer mehr Fahrt auf. Der durchschnittliche Silberpreis von 1978 lag bei 5,39 US-Dollar je Feinunze. Zum Jahresende erreichte er 6,06 USD. Die Performance des Jahres 1978 belief sich damit auf beeindruckende 27,08 Prozent. Im Jahr 1979 brach die Hausse richtig aus. Der durchschnittliche Silberpreis lag in diesem Jahr bei 11,00 Dollar je Feinunze (oz). Zum Jahresende lag er bei 31,60 Dollar. Damit war ein Zuwachs von 421,45 Prozent zu verzeichnen! Das Jahr 1980 begann wie das vorherige, mit Zuwächsen. Der Höchststand war am 21. Januar 1980 mit etwa 52,50 Dollar (Chicago) erreicht. Auf der Basis der Schlusskurse waren es 46,70 Dollar. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich nicht nur die Gebrüder Hunt an den Käufen beteiligt, sondern auch viele weitere Marktteilnehmer. Aus der Silber-Rallye wurde ein zur Euphorie werdender Sturm. Auf boerse.de heißt es "Erst als die Spekulation weitere Anleger in ihren Bann zog, stieg der Kurs raketenartig an."


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Anzahl abgeschlossener Silber-Terminkontrakte

Bildquelle: TradingSim


In den letzten Monaten des Booms begannen zahlreiche Privatpersonen ihr Tafelsilber, ihren Schmuck und auch Silbermünzen zu verkaufen. Silberne Leuchter, fein ziselierte Schalen oder seit Generationen Familienbesitz befindliches Besteck wurden zu den Ankaufstellen gebracht. Im Januar 1980 war bei der New Yorker Firma Handy & Harman das Angebot an Schmelzware so groß, das die Einlieferer auf die Übergabe der bestellten Barren aus Feinsilber zwischen sieben Wochen und drei Monaten warten mussten. Dabei waren die Schmelz- und Fertigungskosten erheblich. Die Lieferanten der Gerätschaften aus Silber konnten so nur etwa den halben Materialwert realisieren. Dennoch lieferten sie ihr Silber in rauen Mengen ab. Im forumancientcoins.com ist nachzulesen: "Die Folge war, dass in Deutschland unzählige Silberantiquitäten eingeschmolzen wurden, um schnellen Profit zu erzielen. Vor allem Adlige, die ohnehin schon Probleme mit dem Unterhalt ihrer Schlösser hatten, zerstörten so ihr altes Familiengeschirr, Skulpturen und vieles mehr. Der kulturelle Verlust war immens." In London forderten Auktionshäuser, ein Gesetz gegen das massenhafte Einschmelzen von Kulturgut zu erlassen. Ein Teil der Händler setzte den Preis von silberhaltigen Tafelaufsätzen mit dem steigenden Materialpreis herauf. Andere Händler nahmen aus Angst vor Spekulanten, die das kostbare Geschirr einschmelzen und als Barren weiterverkaufen wollten, aus Schaufenstern und Katalogen.


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Schmelzgut aus Silber

Bildquelle: Youtube, Freeisbetter86


Um die Spekulation zu beenden, änderten die New Yorker Warenbörse COMEX und die US-Aufsichtsbehörde CFTC im Januar 1980 ihre Handelsbedingungen. Strenge Sicherheitsanforderungen und Verkaufsbeschränkungen für Silberkontrakte wurden erlassen. In Reaktion auf diese Maßnahmen platzte die Blase am Silbermarkt. Nach dem Höchststand des Preises am 21. März 1980 ging es zunächst ein wenig, dann steil bergab. Am ersten Tag brachen die Preise um 15 Prozent ein, am nächsten um weitere 7,5 Prozent. Panikverkäufe setzten ein. Am 27. März 1980, der als Silver Thursday in die Geschichte einging, kam es zum Super-Gau. Wegen des Preisverfalls forderte einer der Broker aus den Termingeschäften der Gebrüder Hunt runde 100 Millionen Dollar als Nachschuss. Als die Brüder nicht zahlen konnten, halbierte sich der Silberpreis innerhalb eines Tages. Gerüchte gingen um, dass an der Spekulationswelle beteiligte Banken vor dem Ruin stünden. Der Silberpreis erreichte an diesem Tag einen Tiefpunkt von 10,80 Dollar pro Unze. Die Gebrüder Hunt hatten zu diesem Zeitpunkt etwa 100 Millionen Unzen Silber erworben, nach einigen Quellen sogar 200 Millionen. Dies war ein erheblicher Teil der weltweit überhaupt verfügbaren Reserven. Aus unerfindlichen Gründen trennten sie sich nicht nicht rechtzeitig von den Beständen, nicht einmal teilweise. Innerhalb weniger Monate verzeichneten sie durch den Absturz der Preise einen Verlust von einer Milliarde Dollar, nach anderen Quellen sogar von zwei. Millionen. Ihre Firmen meldeten Konkurs an. Der Silberpreis erholte sich über Jahrzehnte nicht von diesem Schock. Erst im Gefolge der Weltfinanzkrise von 2007/2008 stieg er wieder deutlich an, erreichte einen Höchstwert von 48,47 Dollar im Jahr 2011. Im Jahr 2025 folgte die neueste Rallye, die den Preis alle bisher erreichten Rekordmarken überspringen ließ. Dauerhaft?


Dietmar Kreutzer

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