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Mittelfristige Veränderungen am Münzenmarkt – vor der Coronakrise


Historische Goldmünzen als Variante der Geldanlage. Bildquelle: Wikimedia, Sauber.

Wer bei Wikipedia unter dem Stichwort „Münzen sammeln“ nachschlägt, erfährt dass die Preise am Münzenmarkt und die Zahl der Sammler bereits seit längerer Zeit rückläufig seien: „Besonders drastisch war der Wertverfall beispielsweise bei den Gedenkmünzen der Deutschen Demokratischen Republik und bei den ersten fünf Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland (5 DM), wo das Angebot durch Sammlungsauflösungen die Nachfrage am Markt deutlich übersteigt. Auch ältere Raritäten, etwa aus der Zeit zwischen 1500 und 1800, die meist im Rahmen von Auktionen gehandelt werden, erzielen eher rückläufige Preise.“ Andererseits konnten Sammler von Münzen aus Edelmetallen von einem Anstieg der Rohstoffpreise profitieren. Was sagen erfahrene Händler zu den Veränderungen im Münzenmarkt der letzten Jahre?


Deutsche Sondermünzen als Sammelgebiet. Bildquelle: Pxhere Creative Commons.

Matthias Senger vom Tempelhofer Münzenhaus half erstmals 1974 seinem Vater am Verkaufstisch der Berliner Münzbörse am Funkturm. Senger erinnert sich: „Anfangs waren es nur deutsche Münzen, mit denen er handelte, vor allem Neuerscheinungen aus der DDR. Er bewarb sich als offizieller Zwischenhändler. Die silbernen Gedenkmünzen aus dem Osten waren damals ein Renner. Der Silberboom von 1979 befeuerte das Geschäft zusätzlich.“ In der Folgezeit änderte sich die Situation: „Nach dem Silberboom von 1980 kam ein Aufschwung durch die Wiedervereinigung, danach der Euro. Im Zuge der Finanzkrise folgten die Edelmetalle. Viele Sammler kamen in den letzten Jahren aus Anlagegründen zur Numismatik. Sie kauften eine Silberunze und interessierten sich danach umfassender. Eine Sonderkonjunktur ergab sich vor einigen Jahren durch den Zuspruch ausländischer Sammler für Münzen aus Russland und China.“


3 Mark (Avers-Ausschnitt, Preußen, 1913, Silber). Bildquelle: Pxhere Creative Commons.

Matthias Harms von Konietzko & Harms in Essen sammelt Briefmarken und Münzen seit seiner Jugendzeit. Im Jahr 1995 eröffnete er ein kleines Geschäft: „Damals gab es sieben Briefmarken- und Münzhändler in der Stadt. Ich war der achte.“ Nicht nur die Anzahl der Mitbewerber ist seither stark rückläufig, ebenso der stationäre Handel: „Etwa 90 Prozent des Umsatzes kommen inzwischen aus dem Vertrieb im Internet. Wir sind mit dem eigenen Webshop präsent, außerdem bei mehreren Plattformen.“ Da er nicht alles zugleich leisten kann, fährt er nicht auf Münzbörsen. Im Laden erfährt er, was seine Kunden am meisten interessiert: „Das sind noch immer Edelmetalle. Viele Kunden kommen in den Laden und wollen einen Krügerrand erwerben. Oft gehen sie dann aber mit einer anderen Münze, beispielsweise dem Philharmoniker oder Maple Leaf. Oder einem 20-Mark-Stück aus dem Kaiserreich, dem Evergreen. Während die Nachfrage nach Münzen aus der Gründungszeit der Bundesrepublik nachlässt, werden seltene historische Münzen stärker nachgefragt.“ Einen Spitzenpreis erzielte etwa eine britische Crown von 1847.


Hs-3: 3 Mark (Revers-Ausschnitt, Preußen, 1913, Silber). Bildquelle: Pxhere Creative Commons.

Der Wirtschaftsjournalist Frank Wiebe vom Handelsblatt informierte sich im November 2019 auf der Numismata in Frankfurt am Main. „Geprägte Historie – Was bei Sammlermünzen zu beachten ist“ nannte er seinen Beitrag vom 14. Dezember. Am Stand von Michael Kaup vom Münzhändler Bestcoin aus Geseke-Mönninghausen erfuhr er: „Es gibt weniger Sammler als früher. Die nachfolgende Generation interessiert sich mehr für Nintendo oder Playstation.“ Die Fachkunde der Sammler habe aber zugenommen. Wer sich heute für Münzen interessiere, verfüge meist über erhebliches Wissen und lege Wert darauf, gute Stücke zu finden: „Was wirklich selten ist, läuft gut bei den Auktionen, die breite Masse eher nicht.“ Michael Kaup beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Münzen. Seit zwei Jahren handelt er auch mit ihnen. Heinz Müller vom Münzzentrum Rheinland in Solingen ist bereits seit 50 Jahren im Geschäft. Er bestätigte dem Journalisten des genannten Wirtschaftsblattes, dass sich die dominierende Käuferschicht in fortgeschrittenem Alter befände. Dies sei aber kaum verwunderlich: „Das war schon immer so. Man fängt an zu sammeln, wenn man sonst schon alles hat.“ Manche Männer, berichtete er, sammelten heimlich, weil ihre Frauen nicht wissen sollen, wie viel Geld sie dafür ausgeben: „Dann finden erst die Erben die Sammlung.“


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