Imperiale Münzmotive: Wie verändert sich Russland?
- Dietmar Kreutzer
- 26. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Im Jahr 1990 erschien in London die von Walter Laqueur herausgegebene Aufsatzsammlung Soviet Union 2000. Zu den Aussichten auf politische Veränderungen hieß es in dem Buch: "Der Stil der russischen Politik ist seit Jahrhunderten autoritär gewesen, und autoritär war auch zu einem großen Teil die Mentalität sowohl der Herrscher als auch der Beherrschten. Dies könnte sich ändern, aber nur als Resultat einer Kulturrevolution, die breite Bevölkerungsschichten mitreisst. Solche Revolutionen hat es gegeben, aber es hat stets lange gedauert, bis sie sich voll entfaltet haben. Einen Herrscher durch einen anderen zu ersetzen, ist leicht. Unendlich viel schwerer ist es, die Mentalität der Unfreiheit auszulöschen und einen Geist von ziviler Verantwortlichkeit, Initiative, Toleranz und Kompromissbereitschaft zu injizieren. Diese zivilen Werte rangierten auf der zaristischen wie der bolschewistischen Agenda nie sehr weit oben. Der Übergang von einem totalitären Regime zu einem demokratischen System, und sei es auch nur in eine gelenkte Demokratie, ist eine Periode enormer Spannungen und Schwierigkeiten." (1) Abgesehen von gelegentlichen Aufständen und Revolution scheinen hundert Jahre in Russland schon immer ohne wesentliche Reformen vergehen zu können. Fünfunddreißig Jahre nach dem Erscheinen des oben genannten Buches hat es jedenfalls den Anschein, als ob sich in Russland auf dem Gebiet der politischen Mitbestimmung nichts, aber auch gar nichts geändert hat.

Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation
Bildquelle: Wikimedia, TASS
Vor zehn Jahren, also nach der Krimkrise von 2014, veröffentlichte Walter Laqueur erneut ein Buch über das politische System in Russland. Darin fasst er seine historischen Analysen zusammen. "Selbskritik ist in Russland schon lange aus der Mode; wenn etwas schief läuft, sind aus russischer Sicht so gut wie immer Ausländer daran schuld. Das Gefühl, in einer belagerten Festung zu leben, ist in Russland tief verwurzelt und reicht weit in die Geschichte zurück. Denn wenn es keine solche Festung wäre, wie sollte man dann die autoritäre Herrschaft, die vielen der Bevölkerung auferlegten Restriktionen, die von ihr verlangten Opfer und die Mängel des Regimes rechtfertigen? Deshalb sind die Aussichten auf eine dauerhafte Versöhnung und ein besseres Verhältnis zum Westen gegenwärtig nicht gerade rosig." (2) Man darf das Verhältnis auch als feindlich bezeichnen. Erwähnt wird die vom russischen Generalstab veröffentlichte Russische Militärdoktrin, in der die Hauptgefahren für das Land aufgezählt werden. Während die NATO und die USA einst als strategische Partner bezeichnet wurden, sind sie in der Fassung von 2014 als Hauptgegner aufgeführt. Ein Gegner muss wirksam bekämpft werden: "Tatsache ist, dass sich die russischen Militärausgaben zwischen 2007 und 2014 verdoppelt haben, während diejenigen der NATO-Staaten auf die Hälfte geschrumpft sind." (3)
Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Bedrohung von außen ist die hinter Präsident Putin versammelte Führung des Landes in die Offensive gegangen. Mit einer Besinnung auf ihre alten Stärken, so heißt es, könne Russland wieder zu einer Supermacht werden, die international ernst genommen wird. Dabei stehen eine Wiederherstellung des alten Staatsgebietes und die Sicherung verlorener Einflusssphären im Vordergrund: "Selbstverständlich geht es bei der Rückgewinnung des russischen Imperiums in der Hauptsache nicht um die Splittergebiete, sondern um einen um große Territorien wie die Ukraine und den Kaukasus und zum anderen um den russischen Einfluss auf die osteuropäischen Länder. Russland wird sich jeder weiteren militärischen Vernetzung dieser Länder mit dem Westen widersetzen." (4) Auf seinem Weg nach oben kann sich die russische Führung zumindest teilweise auf die nachwachsende Generation stützen. Nach Ansicht der jungen Leute sollte Russland eine Großmacht sein, die nicht nur respektiert, sondern gefürchtet wird. Das Land sollte von einer starken Hand geführt werden. Hauptaufgabe des Präsidenten sei es, für Ordnung zu sorgen. Die russische Politik, einen Teil der ehemaligen Gebiete der Sowjetunion zurückzugewinnen, ist jedoch nicht zum Nulltarif zu haben: "Schon vor der Eingliederung der Krim - deren Kosten sich 2014 auf sieben Milliarden Dollar beliefen - mussten für Südossetien und Abchasien sowie zur Stützung der Regime in Weißrussland und Transnistrien beträchtliche Mittel bereitgestellt werden." (5) Der nun schon über drei Krieg andauernde gegen die Ukraine übersteigt alles vorherige. Er entpuppt sich als Fass ohne Boden. Die Wirtschaft erweist sich damit als Achillesferse des aggressiven Kurses der Regierung. Verschlechtert sich die Versorgung drastisch, wächst der Widerstand gegen den Krieg.
1 Rubel (Russland, 2021, Vernickelter Stahl, 3 Gramm, 20 mm)
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Russische Umlaufgedenkmünzen (2025)
Bildquelle: V&AR


10.000 Rubel (Russland, 2025, Gold 999/1000, 1 kg fein, 100 mm, Auflage: 50 in PP)
Bildquelle: MünzenRevue
Der Wechselkurs des Rubel zum Euro hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Für einen Euro bekommt man zurzeit 93 Rubel und 21 Kopeken. Zum Zeitpunkt des russischen Angriffs auf die Ukraine war der Wechselkurs ähnlich. Die jährliche Inflationsrate lag im Juni 2025 bei 9,4 Prozent, deutlich über dem Zielwert der Zentralbank von vier Prozent. Zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise im Juni um 0,2 Prozent. Die für den Umlauf geprägten Rubelmünzen zeigen das Staatswappens der Russischen Föderation, darüber - die halbkreisförmige Aufschrift: "РОССИЙСКАЯ ФЕДЕРАЦИЯ" (RUSSISCHE FÖDERATION) umrahmt von zwei Doppelrauten, rechts unter dem Wappen das Münzzeichen, darunter die Aufschrift: "БАНК РОССИИ" (BANK VON RUSSLAND) und das Jahr der Prägung. Vergleichbare Kursmünzen gibt es auch zu fünf und zehn Rubel. Darüber hinaus erscheinen regelmäßig für den Umlauf bestimmte Gedenkmünzen zu 25 und 50 Rubel aus unedlen Metallen. Für Beträge ab 50 Rubel aufwärts, umgerechnet etwa 50 Eurocents, werden Banknoten ausgegeben. Die sehr zahlreich geprägten Sammlermünzen verschiedener Nennwerte, meist aus Gold oder Silber, zeigen jetzt oft bedeutsame Persönlichkeiten oder Monumente, mit denen die siegreiche Militärgeschichte des Landes in den Mittelpunkt gestellt wird. Zuletzt waren das ein Zwei-Rubel-Stück auf den 200. Geburtstag des Konteradmirals Alexander Mozhaisky, eine Münzserie auf den 80. Jahrestag des Sieges im "Großen Vaterländischen Krieg" und ein Drei-Rubel-Stück auf den 300. Jahrestag der Stiftung des Alexander Newski. Mit weiteren Ausgaben, die der ruhmreichen Vergangenheit der Russischen Föderation huldigen, darf in Kürze gerechnet werden. Sie in Deutschland zu erwerben, wird angesichts der gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen allerdings schwierig sein.
Dietmar Kreutzer
Quellenangaben:
(1) Walter Laqueur (Hg.): Soviet Union 2000 - Reform or Revolution, London 1990
(2) Walter Laqueur: Putinismus - Wohin treibt Russland?; Berlin 2015, S. 313f.
(3) Ebenda, S. 307
(4) Ebenda, S. 297
(5) Ebenda, S. 279
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