Frostige Germaniaköpfe: Münzproben der Weimarer Republik
- Helmut Caspar

- 28. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Nach dem Sturz der Monarchie im November 1918 und der Gründung der Weimarer Republik wurden im republikanischen Deutschland neue staatliche Flaggen, Münzen und Medaillen, Geldscheine, Briefmarken, Siegel und ähnliches gebraucht. Die bisherigen Symbole, wie Kronen, Zepter, Reichsapfel und Ordensketten hatten ausgedient. Es bestand großer Bedarf, die frisch gewonnene Demokratie auf neuartige Weise darzustellen und einen neuen Reichsadler zu kreieren. Viele Material- und Motivproben sind Zeugnisse einer experimentierfreudigen Zeit. So kommen die bekannten Drei-Mark-Münzen von 1922 aus Aluminium auch als Abschläge aus Silber, Nickel oder Kupfer sowie mit verschiedenen Metallplattierungen vor. Für 1922, als die Geldentwertung bereits stark vorangeschritten war, sind Fünf-Mark-Stücke aus aluminiumplattiertem Kupfer oder einer Nickel-Legierung überliefert. Es gibt auch ein Tausend-Mark-Stück aus Aluminium beziehungsweise Silber mit dem Kopf von Friedrich Schiller und der Umschrift „Frei durch Vernunft, stark durch Gesetze“.

Edwin Redslob (1884-1973) war als Reichskunstwart für die „Formgebung des Deutschen Reichs“ zuständig. Er kümmerte sich nicht nur um offizielle Staatsakte und andere Feiern sowie repräsentative Bauwerke und Denkmäler, sondern auch um Münzen, Medaillen, Geldscheine, Siegel, Wappen und Fahnen.

Die 1923 geprägte Schillermünze zu 1000 Reichsmark (Schaaf 3005a) wird ab und zu mit anderen Probeausgaben vom Münzhandel angeboten und erzielt beträchtliche Preise. Bildquelle: Caspar.
In der Weimarer Republik gab es Ideen, das alte Silbergeld aus der Kaiserzeit, das weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden war, wieder aufleben zu lassen. So zitieren die Blätter für Münzfreunde (Heft Juli/August 1923) eine Stellungnahme im Berliner Tageblatt zugunsten silberner Handelsmünzen im Gewicht von zehn Gramm analog zum Zwei-Mark-Stück der Kaiserzeit. Plädiert wurde für eine ein Gramm schwere Silbermünze ähnlich dem früheren 20-Pfennigstück, ferner für die Freigabe der Privatprägung dieser Münze, die einen neuen Namen erhalten sollte. Außerdem sollten neuartige Kupfermünzen ausgegeben werden. „Die vorgeschlagenen drei Sorten stehen zueinander in bequemer dezimaler Gliederung. Die erhöhte Werteinstellung der Kupfermünze würde außerdem zur Deckung der Prägekosten dienen oder wenigstens wesentlich zu diesen beitragen“, heißt es in der Zuschrift. Die „Blätter für Münzfreunde“ enthalten sich eines Kommentars zu diesem und zu anderen in der damaligen Presse kursierenden Vorschlägen, die alle zu nichts führten.
Die eingereichten Vorschläge für Germania-Münzen wie diese von 1925 (Schaaf 331 G6) und 1927 (Schaaf 331 G19) gefielen dem Reichskunstwart nicht. Manche schafften es nur bis zur probeweisen Ausprägung. Bildquellen: Caspar.
Für neuartige Münzen Vorschläge zu unterbreiten, Wettbewerbe auszuschreiben, Künstler zu fördern, Geld bereitzustellen und Projekte auf den Weg zu bringen, war Aufgabe eines Amtes, das beim Reichsinnenministerium angesiedelt und auch für „Großbauten des Reiches“ und offizielle Staatsakte zuständig war. Von 1920 bis Februar 1933 war der Kunsthistoriker und Museumsmann Edwin Redslob als Reichskunstwart tätig. Schriftliche Hinterlassenschaften seiner Behörde sind im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde unter der Signatur R 32 Reichskunstwart 7.3 Münzen und Medaillen 287 ff. erhalten. Der von ihm geführte Briefwechsel mit dem Reichsfinanzministerium und anderen Dienststellen, mit Künstlern, Prägeanstalten und Bildgießereien, aber auch diverse Gutachten, Wettbewerbsaufrufe, Rechnungen und Zeitungsausschnitte reichen von den frühen Zwanzigern bis 1933, als die Nationalsozialisten den ihnen wegen seiner liberalen Kunstpolitik verhassten Redslob entließen.

Zur Befreiung des Rheinlandes von alliierter Besetzung wurde das mit der Muttergottes und dem Kölner Dom geschmückte Fünf-Mark-Stück (Schaaf331 G16) nur probeweise geprägt. Bildquelle: Caspar.
In seinem Buch „Von Weimar nach Berlin. Erlebtes und Durchdachtes“ (Berlin 1972) hat der Kulturpolitiker, Publizist sowie Mitbegründer der Freien Universität Berlin, des Berliner Tagesspiegels und des Berlin-Museums beschrieben, was er als Reichskunstwart getan und wie er die NS-Zeit als Schriftsteller und Übersetzer überstanden hat. Leider widmet der Autor der Gestaltung von Münzen nur wenige Zeilen. Zu Geldscheinen schreibt er, dass er Porträts alter Meister als Schmuckelement durchsetzte, weil diese von Fälschern nur unvollkommen nachgeahmt werden könnten und sofort als solche zu erkennen sind.

Die Weimarer Verfassung sollte 1927 mit einer Fünf-Mark-Münze (Schaaf 424c G1) geehrt werden, auf der Menschen zu sehen sind, die der Fahne der Republik die Treue schwören. Bildquelle: Caspar.
Hier sei, weil das kaum bekannt ist, daran erinnert, dass die Inschrift auf dem Sockel des von Richard Scheibe geschaffenen und 1953 enthüllten Denkmals für den am 20. Juli 1944 im Berliner Bendlerblock erschossenen Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitkämpfer von Edwin Redslob stammt: „Ihr trugt die Schande nicht / Ihr wehrtet euch / Ihr gab das große ewig wache Zeichen der Umkehr / Opfernd euer heißes Leben / für Freiheit Recht und Ehre.“
Die von Redslob praktizierte Förderpolitik forderte „gediegenes neues Geld in hoher Qualität“. Volkstümlichkeit im besten Sinne wurde angestrebt und manchmal auch erreicht. Auf wenig Gegenliebe stießen zahlreiche, ihm im Rahmen eines 1925 ausgeschriebenen künstlerischen Wettbewerbs vorgelegte Entwürfe mit dem Kopf der Germania, der Symbolgestalt der Deutschen. Obwohl es verschiedene, bei Sammlern begehrte Probeprägungen dieser Art gibt, schaffte es kein einziges Modell bis zur Massenprägung. Redslob bemängelte, die Absicht, ein geeignetes Sinnbild zu schaffen, werde nicht erfüllt: „Dieses Ergebnis scheint mir kein Zufall zu sein, sondern der gegebenen Situation zu entsprechen. Denn tatsächlich hat Deutschland zurzeit kein dem ganzen Volke vertrautes wirkliches Sinnbild. Die Germaniaköpfe im Wettbewerb sind entweder frostige Allegorien oder zufälliges Bildnis, die Germanenköpfe erscheinen ebenfalls wenig geeignet. Die einzelnen allegorischen Figuren haben nicht die Kraft eines wahren Sinnbildes, man kann von fast allen sagen, daß sie ungeglaubt sind.“
Schaut man in die numismatische Literatur und die Angebote des Münzhandels, so findet man verschiedene Prägungen, die im Zusammenhang mit dem erwähnten Wettbewerb von 1925 und zu anderen Gelegenheiten entstanden sind. Dazu gehören Münzen mit den Wappen deutscher Länder sowie unterschiedlich gestaltete Reichsadler. Sie unterscheiden sich zum Teil stark von der strengen Fassung, die von Josef Wackerle entwickelt wurde, einem Lehrer an der Akademie der bildenden Künste in München, die auf etlichen Reichsmünzen und Medaillen erscheint.

Ungewöhnlich gestaltete und ganz von der Tradition abweichende Fünf-Mark-Stücke von 1925, wie dieses mit dem württembergischen Wappen (Schaaf 331 G7), blieben auf der Strecke. Bildquelle: Horna.
Wer als Sammler die tatsächlich ausgegebenen Münzen und dazu passende Probeprägungen, Materialvarianten und andere auf der Strecke gebliebene Stücke sein eigen nennen kann, darf sich zu den numismatischen Glückspilzen zählen. Unsere Münzkabinette und große Privatsammlungen bieten reiches Anschauungsmaterial für weitergehende Forschungen. Der Münzhandel bietet ab und zu interessante Einzelstücke und ganze Sammlungen an.
Helmut Caspar








Kommentare