top of page

Domitian - der ewige Princeps Iuventutis

Dem Selbstmord Neros am 9. Juni 68 folgt in Rom ein turbulentes Jahr, das sogenannte Vierkaiserjahr. Otho, Galba und Vitellius regieren das Imperium jeweils nur für Monate. Schließlich kann sich Titus Flavius Vespasianus, uns besser bekannt unter dem Namen Vespasian, gegen Vitellius im Oktober 69 durchsetzen. Mit Vespasian beginnt die Herrschaft der flavischen Dynastie. Vespasian hatte zwei Söhne: Titus (Titus Flavius Vespasianus) und den jüngeren Domitian (Titus Flavius Domitianus). Während Domitian bis dato offiziell noch nicht großartig in Erscheinung getreten war, hatte Titus bereits große Erfahrungen als Truppenkommandeur.

Ende 69 beginnt in allen Münzstätten die Prägung von Vespasian-Münzen, wobei im Laufe der Jahre die stadtrömische Prägeanstalt die Münzhoheit übernimmt. Mit zu den ersten vespasianischen Münzen gehören unsere ersten beiden Beispiele, ein Denar und ein Aureus aus dem Jahr 69/70 bzw. 71 (Abb. 1 u. 2).

Abb. 1: D, Rom, 69/70, RIC Vesp. 5, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18221682; 21.11.2023.


Abb. 2: AV, Lugdunum, 71, RIC Vesp. 1125, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18219214, 21.11.2023.


Der Avers zeigt das überaus veristische Porträt Vespasians mit der Legende "IMP CAESAR VESPASIANVS AVG", bei dem Aureus kommt noch die Bezeichnung der tribunicia potestas "TR P" hinzu. Interessant für uns sind die Legenden und Darstellungen auf der Rückseite der beiden Münzen: Auf dem Denar lautet die Umschrift "TITVS ET DOMITIAN(us) CAES(ares) PRIN(cipes) IV(ventutis)", d. h. Titus und Domitian tragen jeweils den Titel Caesar und wurden vom Ritterstand zu principes iuventutis ernannt. Aufgrund der Legende darf man die beiden Reiter sicher mit Titus und seinem jüngeren Bruder Domitian identifizieren. Die Rückseitenlegende des Aureus entspricht weitgehend der des Denar, nur am Ende heißt es jetzt "PRIN IVEN". Auch hier darf man die beiden auf einer sella curulis, dem traditionellen Sitzmöbel der höchsten Magistrate, sitzenden Personen als die Söhne Vespasians benennen. Sowohl Titus als auch Domitian halten in ihrer Rechten einen Lorbeerzweig. In beiden Legenden erfolgt die Namensnennung der Söhne Vespasians dem Alter entsprechend. Allerdings wäre auch die Deutung möglich, dass der potenzielle Thronfolger, und das war nach dem Willen Vespasians ohne Zweifel Titus, vorangestellt wird. Offiziell werden aber Titus und Domitian durch die Titulaturen "Caesar" und "Princeps Iuventutis" als potentielle Nachfolger vorgestellt.

Der Begriff "Princeps Iuventutis" bedeutet zunächst der "erste der adeligen Jugend". Zur Zeit der römischen Republik werden die Adelsreiter als principes iuventutis bezeichnet. Unter Augustus wird schließlich diese Bezeichnung zum Titel für die mutmaßlichen Nachfolger des regierenden Kaisers. So werden die Enkel von Augustus, Caius und Lucius Caesar, vom Ritterstand zu principes iuventutis ernannt. In dieser Tradition steht dieser Titel auch bei Titus und Domitian.


Die scheinbare Gleichbehandlung beider Söhne durch Vespasian ändert sich dann grundsätzlich im Jahr 71; in diesem Jahr erhält Titus auch den Titel der "tribunicia potestas", also der tribunizischen Gewalt, die alle Rechte eines Volkstribuns beinhaltete. Als Beispiel für die neue Titulatur des Titus sei hier ein Aureus, 72/73 für Titus in Rom geprägt, angeführt (Abb. 3).

Abb. 3: AV, Rom, 72/73, RIC Vesp. 365, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18229413, 21.11.2023.


Die Vorderseite zeigt uns das naturnahe Porträt des Titus mit Lorbeerkranz, die Legende lautet: "T CAES IMP VESP PON TR POT". Nicht aufgeführt in der Legende ist das Konsulat, das Titus zu diesem Zeitpunkt schon zweimal bekleidet hat. Und es fehlt natürlich die Bezeichnung bzw. der Titel eines "Augustus", der nach wie vor Vespasian vorbehalten war. Ein Blick auf den Dupondius (Abb. 4) zeigt auf dem Avers die drapierte Büste des Domitian mit Lorbeerkranz mit der Umschrift "CAESAR AVG F DOMITIAN COS II". Die Buchstaben "AVG F" stehen hier für "augusti filius", so dass die Legende wie folgt zu lesen ist: Caesar Domitian, Sohn des Augustus, zum zweiten Mal Konsul. Auf der Rückseite sehen wir Domitian nach links reitend, im linken Arm ein Zepter und die Rechte ist im Adlocutio-Gestus (adlocutio = Begrüßungsansprache) erhoben, dazu die Legende "PRINCIP IVVENT". Den beiden Münzen ist deutlich zu entnehmen, dass der ältere Sohn Titus nunmehr große Teilhabe an der Macht hat, während der jüngere Domitian nach wie vor nur potentieller Nachfolgekandidat bleibt.

Abb. 4: Dp, Rom, 73/74, RIC Vesp. 662, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18232897, 21.11.2023.


Diese Divergenz bleibt während der gesamten Regierungszeit Vespasians bestehen, wie der folgende Denar vom Anfang 79 (Abb. 5) zeigt. Mittlerweile war Domitian schon sechsmal Konsul, und trotzdem trägt er auf manchen Münzen noch immer den Titel "Princeps Iuventutis".

Abb. 5: D, Rom, 79, RIC Vesp. 1081, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18231856, 21.11.2023.


Auf der Rückseite sehen wir in Bildmitte verschränkte Hände (dextrarum iunctio), dahinter einen Legionsadler (aquila), der auf einem Schiffsbug (prora) steht. Die Abbildung findet sich schon vorher auf Prägungen Vespasians, dann aber mit der Umschrift "FIDES EXER- CITVM", d. h. die Treue der Legionen und der römischen Flotte zum Kaiserhaus der Flavier wird hier explizit beschworen. Schließlich war die Unterstützung des Militärs für jeden Kaiser extrem wichtig.

Am 23. Juni 79 stirbt Vespasian in seiner Villa bei Aquae Cutiliae in der Nähe von Castel Sant ́Angelo. Einen Tag später erfolgt die Erhebung von Titus zum Augustus. Der Übergang der Herrschaft auf Titus erfolgte, wie von Vespasian über Jahre hinweg geplant, reibungslos. Titus machte seinen Bruder im Jahre 80 zum Kollegen im Konsulat, betraute ihn aber nicht mit der "tribunicia potestas". Auf einigen unter Titus für Domitian geprägten Münzen erscheint auf dem Revers nach wie vor der Titel "Princeps Iuventutis".

Abb. 6: D, Rom, 80/81, RIC Tit. 267, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18232004, 21.11.2023.


Abb. 7: D, Rom, 80/81, RIC Tit. 268, Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18231870, 21.11.2023.


Bei den beiden Denaren Abb. 6 und 7 ist jeweils der bekränzte Kopf Domitians nach rechts abgebildet. Die Avers-Legende läuft im Gegenuhrzeigersinn und verweist auf das 7. Konsulat Domitians und auf die Vergöttlichung Vespasians. Die Umschrift der Rückseite lautet bei beiden Denaren "PRINCEPS IVVENTVTIS". Der Denar Abb. 6 zeigt auf der Rückseite eine Ziege in einem Lorbeerkranz. Hierbei handelt es sich um Amalthea, eine Nymphe, die Zeus mit Ziegenmilch aufzog; nach anderer Überlieferung war sie die Ziege selbst. Damit wird die Verbindung des Münzbildes zu Zeus / Jupiter, dem obersten römischen Gott, hergestellt. Auf dem Denar Abb. 7 ist Minerva nach rechts schreitend abgebildet, die mit ihren typischen Attributen Schild, Speer und Helm versehen ist. Minerva ist die Gottheit des Wissens und der Weisheit, aber auch der Kriegführung und die "Siegverleihende". Während Minerva bisher nur selten auf kaiserzeitlichen Prägungen erschienen war, wird sie nun neben Jupiter ein fester Bestandteil der Münzprägung Domitians.

Am 13. September 81, nach dem Tod seines Bruders Titus, ist Domitian endlich am Ziel seiner Wünsche. Noch am selben Tag erfolgt die imperatorische Akklamation durch die Prätorianer, und am nächsten Tag wird ihm vom Senat der Augustustitel übertragen.


Horst Herzog


Abkürzungen:


A Antoninian

AV Aureus

D Denar

Dp Dupondius

RIC Roman Imperial Coinage. Spink & Son, London 1923 ff.

 

Die Bilder stammen aus dem sammlungsübergreifenden Internetportal IKMK. Einen Artikel in unserem Blog zu diesem Projekt finden Sie hier.

 

Literaturempfehlung: Ursula Kampmann | Claudine Walther Die Münzen der römischen Kaiserzeit Titel: Battenberg Verlag

ISBN: 978-3-86646-210-6

Auflage: Überarbeitete 4. Auflage 2022

Format: 17 x 24 cm

Cover-Typ: Hardcover

Seitenanzahl: 568




bottom of page