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Michael Kurt Sonntag

Die Goldstatere des Pnytagoras von Salamis

Um 360 v. Chr. stürzte Pnytagoras seinen Halbonkel Euagoras II. (361-351 v. Chr.), den perserfreundlichen Stadtkönig von Salamis – Salamis war die bedeutendste Hafenstad an der Ostküste von Kypros (Zypern) –, und schloss sich dem Aufstand gegen den persischen Großkönig Artaxerxes III. Ochos (359-338 v. Chr.) an, der vom sidonischen König Tennes initiiert worden war. Euagoras floh zunächst aus Kypros, konnte Salamis jedoch Jahre später mit Hilfe des athenischen Generals Phokion, 40 Schiffen und rund 8.000 Söldnern, die er vom karischen Satrapen Hidrieus erhalten hatte, erfolgreich belagern. Nach längerer Belagerung „unterwarf sich Pnytagoras schließlich 344/3 [v. Chr.] den Persern und wurde von ihnen, entgegen den Erwartungen des Euagoras, in seiner Stellung [als Stadtkönig von Salamis] bestätigt“. (Der neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 9, Sp. 1185). Ab da blieb er den persischen Großkönigen treu ergeben und erkannte deren Oberherrschaft über Salamis anstandslos an. Nachdem Alexander der Große die Perser 333 v. Chr. bei Issos geschlagen hatte und der Perserkönig Dareios III. Kodomanos (336-330 v. Chr.) vom Schlachtfeld geflohen war, ließen die phoinikischen sowie die kyprischen Stadtkönige die persische Flotte im Stich und liefen mit ihren Schiffen zu Alexander über. Pnytagoras, der sich an der Belagerung von Tyros beteiligte, verlor dabei sein Flaggschiff (332 v. Chr.). „Sofort beim ersten Anlauf [der Tyrier auf die ankernden Schiffe] wurde der Fünfruderer des Königs Pnytagoras versenkt, dazu das Schiff des Androkles von Amathus und das des Pasikrates von Kurion.“ (Gerhard Wirth / Oskar von Hinüber [Übers.]: Arrian: Der Alexanderzug, Berlin 1985, Buch II, 22, 2). Am Ende aber siegten Alexander sowie seine Verbündeten und Tyros fiel (332 v. Chr.). Zum Dank für seinen engagierten Einsatz bei der Eroberung von Tyros belohnte Alexander den König von Salamis mit der zusätzlichen Herrschaft über Tamassos. Diese kupferreiche, im Zentrum von Kypros gelegene Stadt hatte seit der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. Pumation, dem König von Kition, gehört. Als Pnytagoras 332/31 v. Chr. starb, ging sein Königtum von Salamis auf seinen Sohn Nikokreon über.

Zu den Münzen, die Pnytagoras als Stadtkönig von Salamis zwischen 351 und 332/31 v. Chr. prägen ließ, gehören ganze und zwölftel Statere aus Gold, silberne Didrachmen sowie silberne Tetrobole. Da die Goldmünzen dieses Königs im persischen Fuß ausgebracht wurden (1 Stater = 8,3 g) und allesamt ästhetisch ansprechend, faszinierend sowie sehr selten sind – die Numismatikerin Evangéline Markou nennt in ihrem Standardwerk „L´or des rois de Chypre“ [Das Gold der Könige von Zypern] nur neunzehn 1-Stater-Münzen und nur sieben 1⁄12-Stater-Stücke –, sollen sie im Folgenden eingehend vorgestellt werden. Was die ganzen Goldstatere des Pnytagoras betrifft, so zeigen sie auf ihren Vorderseiten den nach links gewandten Kopf einer jungen Frau mit Mauerkrone, dünnem Haarbändchen, dreifachem Ohrgehänge und Perlenhalskette.

Wenn man weiß, dass die Mauerkrone das Symbol der Tyche war – „schon Pindar bezeichnet sie [die Tyche] als pherépolis“ (Der neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 12/1, Sp. 937) –, dann liegt es nahe, dieses Porträt für das der Tyche (der Stadtgöttin) von Salamis zu halten. Weil die göttliche Aphrodite dem antiken Mythos zufolge bei ihrer Geburt aber dem Meer vor Zypern entstieg und somit zur wichtigsten Göttin der gesamten Insel wurde, halten nahezu alle Numismatiker sie für die Porträtierte. Aus Sicht des Autors dieses Artikels wäre es in Anbetracht der besonderen Ikonografie dieser Münze jedoch ebenso statthaft, von Aphrodite-Tyche zu sprechen. Der Numismatiker Leo Mildenberg dagegen legte sich nicht fest und beschrieb das Porträt einfach nur als „Frauenkopf mit Mauerkrone“. (Leo Mildenberg: Vestigia Leonis, Freiburg (CH) / Göttingen 1998, S. 278). Auf den Rückseiten der Goldstatere (siehe Abb.) sehen wir erneut einen nach links gewandten Kopf. Dieser ist mit einem auffälligen runden Ohrring versehen und mit einer Krone geschmückt, die aus einem Reif und vier halbkreisförmigen Scheiben besteht. Zusätzlich erkennt man lange, kunstvoll gelockte Haare und einen Halsring, der vorne offen ist und in verzierten Enden ausläuft. Um wen es sich dabei handelt, schien lange Zeit geklärt. Denn bis in das 21. Jh. hinein sprach die Fachwelt diesbezüglich von Aphrodite bzw. Aphrodite-Astarte (etwa Otto Mørkholm). Dabei wurden der große Ohrring, die Krone, die lang gelockten Haare und der Halsring als Attribute einer stark „orientalisierten“ Aphrodite interpretiert. Dass es sich in Wahrheit vielleicht gar nicht um das Porträt einer jungen Frau, sondern um das eines jungen Mannes handeln könnte, auf diese Idee kam lange Zeit niemand. Erst durch eine vergleichende Untersuchung aller 19 existierenden Goldstatere konnte die Numismatikerin Markou den Nachweis erbringen, dass die rückseitigen Porträtzüge dieser Statere doch männlich und nicht weiblich sind. So habe eine Analyse der Gesichtsmerkmale Markou zufolge ergeben, dass es sich trotz der Fülle an Schmuck um ein männliches Gesicht handle. „L´analyse des traits montre qu´il s´agit d´un visage masculin, malgré l´abondance des bijoux qu´il porte.“ (Evangéline Markou: L´or des rois de Chypre, Athen 2011, S. 180). Und in der Tat sind auch Schmuckstücke wie Ohr-, Hals- oder Brustringe bei antiken orientalischen Leibgardisten, Würdenträgern, Satrapen und Königen keine Seltenheit, wie zahlreiche vorderasiatische und persische Kunstwerke beweisen. Mit anderen Worten: Schmuck war im alten Orient stets ein Attribut mächtiger Männer. Um wen es sich nun auf der Rückseite dieser Goldstatere handelt, ist trotz Krone nicht eindeutig zu beantworten, zumal die griechischen Buchstaben ΒΑ im rechten Münzfeld nur die Abkürzung für das Wort BASILEUS (König) oder BASILEOS (des Königs) sind und sich auf das Kürzel PN der Vorderseiten beziehen, das wiederum für PNYTAGORAS steht. Die beiden Kürzel besagen also nur, dass die Münzen die Gepräge des Pnytagoras sind. Der Ansicht Markous nach handelt es sich bei dem Dargestellten entweder um einen König oder um den Gründer von Salamis. „Et au revers un buste masculin qui représente soit l´image du roi, soit celle du fondateur de Salamine.“ (Evangéline Markou, ebenda, S. 230). Für einen König spricht die Krone, für den Gründer von Salamis die Tatsache, dass dies gekrönte Porträt bereits auf einigen wenigen silbernen Obolen Euagoras´ II. vorkommt und auch auf den Goldmünzen der Stadtkönige Nikokreon (331-311/10 v. Chr.) sowie Menelaos (310- 306 v. Chr.) so gut wie unverändert erscheint. Wenn aber alle gekrönten Häupter auf den Goldmünzen von Pnytagoras bis Menelaos gleich ausschauen, scheinen die Münzen in der Tat nicht einen bestimmten König, sondern sehr viel eher den idealisierten Stadtgründer mit den Insignien eines Königs wiederzugeben.

Was die zwölftel Statere des Pnytagoras angeht, so zeigen sie die gleichen Bildmotive wie seine ganzen Statere. Der Unterschied im Vergleich zu den ganzen Stateren liegt motivisch gesprochen einzig und allein in der Verwendung anderer Kürzel. Auf den Vorderseiten finden wir statt des griechischen Kürzels PN nur noch den Buchstaben P und auf den Rückseiten an Stelle des Kürzels ΒΑ die kyprische Silbe (pa). #Antike #Griechenland #Stater #Goldstater #Pnytagoras #Salamis #AlexanderDerGroße #Perser #Kypros #Tamassos #Tyros #Zypern #MichaelKurtSonntag

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