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Demetrios Poliorketes, der „Städtebelagerer“ im Spiegel seiner Münzen

Eine der schillerndsten Gestalten der frühen Diadochenzeit ist sicherlich Demetrios Poliorketes. Der Althistoriker Kay Ehling bezeichnet ihn sogar als „die verwegenste und glanzvollste Gestalt unter den Nachfolgern Alexanders des Großen“. Und auch die beiden herausragenden Historiker des 19. Jahrhunderts, J. G. Droysen und J. Burckhardt, sehen in Demetrios Poliorketes „den hellsten Stern“ unter den Diadochen bzw. einen „wunderbar begabten Menschen“ von herausragender äußerer Schönheit. Der griechische Schriftsteller Plutarch (ca 45 - ca 125), der besonders durch seine Lebensbeschreibungen

berühmter Männer bekannt ist und der Demetrios Poliorketes mit dem Römer Marcus Antonius vergleicht, fasst in seiner Einleitung zu der Parallelvita dieser beiden Feldherrn das Leben des Demetrios in klaren Worten zusammen (Plutarch, Dem. Poli. 1; übers. v. Ed. Eyth): „Die vorliegende Schrift soll das Leben des Demetrios Poliorketes und des Imperators Antonius [Marcus Antonius] enthalten - zweier Männer, welche ganz besonders den platonischen Satz bestätigen, dass groß angelegte Naturen ebensowohl große Laster wie große Tugenden hervorbringen können. In gleicher Weise der Wolllust und dem Trunk ergeben, in gleicher Weise gute Generale, freigebige, verschwenderische, übermütige Menschen, haben sie infolge hiervon auch ähnliche Schicksale erfahren. Nachdem ihr ganzes Leben ein fortwährender Wechsel von großen Erfolgen und großen Misserfolgen, von ungeheurem Machtbesitz und ebenso ungeheuren Verlusten, von unerwarteten Fehlschlägen und nicht minder unverhofftem neuen Emporkommen gewesen war, endete der eine [Demetrios] schließlich als Gefangener in Feindeshand …..“

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Abb. 1 Tetradrachme, um 292/1 v. Chr., Amphipolis, Newell Nr. 100


Demetrios Poliorketes war der Sohn des makedonischen Generals Antigonos Monophtalmos („der Einäugige“). Geboren um 336 v. Chr. wurde er bald einer der wichtigsten Gefolgsleute und Unterstützer seines Vaters. Im Jahre 306 v. Chr. nahmen sein Vater und er als erste Diadochen, d. h. Nachfolger Alexanders des Großen, den Königstitel an. Zeit seines Lebens belagerte und eroberte er viele Städte, verlor sie wieder, um sie dann nochmals zu erobern. Daher stammt denn auch der Beiname „Poliorketes“ („der Städtebelagerer“) des Demetrios. Selbst als sein Vater Antigonos Monophtalmos 301 v. Chr. bei der Schlacht von Ipsos umkam, führte Demetrios weiterhin Krieg, sowohl zu Lande als auch mit einer großen Flotte zu Wasser. Nachdem 286 v. Chr. bei einem Kriegszug gegen Seleukos das Heer des Demetrios zu Seleukos abgefallen war, wurde Demetrios gefangengenommen und nach Apamea am Orontes gebracht. Dort verbrachte Demetrios seine letzten Jahre, wobei er sich zahlreichen Ausschweifungen und insbesondere auch der Trunksucht hingab. Im Jahr 283 v. Chr. starb Demetrios Poliorketes an den Folgen einer Krankheit. Demetrios ließ in zahlreichen Münzstätten Münzen prägen, von diesen Prägungen zeigen viele, wie unsere Beispiele (Abb. 1 - 4) belegen, das Porträt des Königs; denn Demetrios war der erste Diadoche, der sein Porträt auf Münzen abbilden ließ.


Ein sehr schönes Porträt des Demetrios sehen wir auf dem Avers der Tetradrachme der Münzstätte Amphipolis in Makedonien (Abb. 1). Innerhalb eines fein modellierten Perlkreises ist der nach rechts gerichtete Kopf des Demetrios dargestellt: Auf einem kräftigen Hals sitzt der fast runde Kopf. Die Haarkappe setzt sich aus kurzen Haarsträhnen zusammen; diese bilden am Hinter- und Oberkopf mehrere Wirbel in wirrer Anordnung, werden dann durch das Königsdiadem gebändigt und fallen anschließend in einer mehr oder minder geordneten Struktur in die Stirn bzw. in den Nacken, wobei sie das Ohr frei lassen. Auf Höhe der Schläfe, oberhalb des Ohres, ist deutlich ein Stierhorn zu erkennen, auf

dessen Bedeutung weiter unten näher eigegangen wird. Kinn, Mund und Nase sind kräftig modelliert. Die Nasenwurzel ist durch einen kräftigen Wulst von der ansonsten glatten Stirn abgesetzt. Das Auge ist übergroß, und wie bei Alexander dem Großen geht der Blick leicht nach oben. Während die Münzvorderseite keine Inschrift besitzt, benennt die Reversinschrift „ΔHMHTPIOY BAΣIΛEΩΣ“ (DEMETRIOY BASILEOS - [Münze] des Königs Demetrios) indirekt das Königsporträt des Avers. Gerahmt von einem feinen Perlkreis sehen wir den nach links hin auf einem Felsen sitzenden Poseidon. Dieser ist mit einem Hüftmantel bekleidet, der Oberkörper bleibt unbedeckt. Mit seiner erhobenen linken Hand

hält Poseidon einen Dreizack und in der vorgestreckten Rechten ein Aphlaston, die Heckzier eines Schiffes. Dreizack und Aphlaston - von den Römern als Aplustrum bezeichnet - sind typische Attribute des Meergottes Poseidon. Und auf den Meergott verweist dann auch das Stierhorn des Münzporträts. Zwar wird Poseidon nie mit einem Stierhorn abgebildet, doch finden wir das Stierhorn oft bei Darstellungen von Flussgottheiten. Zudem war der Stier ein dem Poseidon geweihtes Tier. Und letztendlich sprechen auch viele Münzabbildungen auf den Prägungen des Demetrios für diese Interpretation, zeigen sie doch oft Poseidon bzw. Hinweise auf Seesiege. Und selbst die Athener bezeichneten Demetrios anlässlich seines Besuchs im Jahr 290 v. Chr. in einem Hymnos als „Sohn des Poseidon“. Der Vollständigkeit halber sei aber auch darauf hingewiesen, dass das Stierhorn von einigen Historikern mit Dionysos in Verbindung gebracht wird, wobei die Argumentation hierfür m. E. nicht überzeugt. Im Feld sind noch einige Monogramme der Münzstätte zu lesen.



Abb. 2 Drachme, um 301 - 295 v. Chr., Ephesos, Newell Nr. 57


Das Münzporträt des Demetrios auf unserem zweiten Beispiel (Abb. 2), einer Drachme der Münzstätte Ephesos, entspricht weitgehend dem auf der Tetradrachme in Abb. 1. Lediglich die Struktur der Haarsträhnen unterhalb der Königsbinde ist etwas ungeordneter. Die Inschrift der Rückseite entspricht der der vorherigen Tetradrachme, nur der Königstitel ist abgekürzt. Das Münzbild des Poseidon gleicht einem gängigen rundplastischen Muster, z. B. der Poseidon- bzw. Zeusstatue vom Kap Artemision. Der nackte Meeresgott ist in Rückansicht dargestellt. Mit großem Ausfallschritt bewegt er sich nach links. Sein linker Arm, von dem ein Mäntelchen herabhängt, ist weit nach vorne gestreckt, quasi um einen Zielpunkt anzuvisieren. Denn mit seiner erhobenen rechten Hand ist Poseidon im Begriff, einen Dreizack zu schleudern. Im Feld sind wiederum ein Monogramm und ein Efeublatt als Kontrollmarken der Münzstätte abgebildet.



Abb. 3 Stater, um 290/289 v. Chr., Amphipolis, Newell Nr. 114


Auf dem Stater (Abb. 3) bleibt das Münzporträt des Demetrios in seinen Grundzügen unverändert. Die Rückseite trägt horizontal wieder die übliche „Königsinschrift“. Im Feld sind mehrere Monogramme zu lesen. Das Reversbild besitzt jetzt keinen maritimen Charakter, sondern zeigt den auf einem muskulösen Streitross nach rechts reitenden Demetrios. Dieser trägt militärisches Gewand und darüber einen langen Mantel, der auf der rechten Schulter mit einer Fibel zusammengehalten wird und der weit nach hinten ausschwingt. Auf dem Kopf trägt Demetrios eine Mütze, bei der es sich sicherlich um eine „Kausia“ handelt. Dies ist eine typisch makedonische Kopfbedeckung aus Filz, die gerade mit den Feldzügen des Alexander weite Verbreitung erlangte. In seiner gesenkten Linken hält Demetrios eine lange Lanze. So zeigt das Münzbild in Verbindung mit der Inschrift Demetrios eindeutig als makedonischen Feldherrn und König!


Abb. 4 Tetradrachme, um 291/290 v. Chr., Chalkis, Newell Nr. 150


Mit der Tetradrachme (Abb. 4) kehren wir wieder in den maritimen Bereich zurück. Auch hier entspricht das Münzporträt weitgehend den bisherigen. Jetzt ist allerdings auch die Spitze des linken Stierhorns zu sehen. Der Revers trägt wieder die „Königsinschrift“ und im Feld links ein „K“ und rechts eine Weintraube als Beizeichen. Im Zentrum ist der nackte Poseidon abgebildet; dieser steht nach links gerichtet auf seinem linken Bein, während sein rechtes auf einem kniehohen Felsblock ruht. Mit seinem rechten Ellbogen stützt sich der Meeresgott auf dem rechten Oberschenkel ab. Dadurch neigt sich der Oberkörper weit nach rechts. Mit der erhobenen rechten Hand hält Poseidon einen Dreizack, dessen

Stiel sehr fein verziert ist.



Abb. 5 Stater, um 300 - 295 v. Chr., Salamis, Newell Nr. 26


Abschließend sei noch auf zwei Prägungen der Münzstätte Salamis auf Zypern eingegangen. Der Stater (Abb. 5) zeigt auf seiner Vorderseite einen prachtvoll verzierten, nach links gerichteten Schiffsbug. Darauf ist eine nach links schreitende Nike dargestellt, deren Gewandfalten das Bewegungsmotiv der Siegesgöttin hervorheben. Nike bläst eine lange Trompete, eine „Salpinx“, die sie mit ihrer rechten Hand hält. Im linken Arm trägt Nike einen langen Stab, der gemeinhin als Schiffsstandarte identifiziert wird. Insgesamt gesehen, erinnert dieses Münzbild an die „Nike von Samothrake“, die allerdings in das 2. Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Auf dem Revers ist Athena in ihrer Funktion als Promachos, die Vorkämpferin, abgebildet. Athena steht in einer ähnlichen Pose wie der Poseidon in Abb. 2, allerdings eher statisch als dynamisch. Athena ist mit Schild, Helm und Lanze ausgestattet, sehr schön ist auch die Aigis zu erkennen. Durch die „Königsinschrift“ ist die Prägung eindeutig dem Demetrios zuzuordnen.



Abb. 6 Tetradrachme, um 300 - 295 v. Chr., Salamis, Newell Nr. 24


Die Tetradrachme (Abb. 6) besitzt das gleiche Vorderseitenbild wie der Stater in Abb. 5. Jetzt ist jedoch die Schiffsstandarte klar zu erkennen und das Bewegungsmotiv Nikes wirkt dynamischer. Auf dem Revers ist Poseidon in der gleichen Manier abgebildet wie auf der Drachme in Abb. 2. Beide Prägungen lassen sich auf den Sieg der Flotte des Demetrios gegen Ptolemaios beim zypriotischen Salamis im Jahr 306 v. Chr. zurückführen. Auf die Siegesnachricht hin nahm Antigonos Monophtalmos, der Vater des Demetrios, den Königstitel an und übersandte seinem Sohn auch die Königsbinde.


Horst Herzog

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