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Die Geldsorgen der Preußen


Volksopfer unter dem Schlagwort „Gold gab ich für Eisen“. [Bildquelle: Kunstanstalt Bruno Prüfer (1914)].

Das Königreich Preußen war im Allgemeinen für eine solide Haushaltsführung bekannt. Durch prunkliebende Monarchen oder teure Kriege konnte es dennoch in Schieflage geraten. Das zeigen die Beispiele aus der Geschichte. Schon die Erhebung zum Königreich kostete Unsummen. Premierminister Johann Kasimir Kolb von Wartenberg hatte für seinen Kurfürsten Friedrich III. alles vorbereitet: „Bei dem bombastischen Zeremoniell am Krönungstage, dem 18. Januar 1701, durfte Wartenberg dem König den von Gold und Diamanten blitzenden Krönungsornat anlegen, ihm kniend die edelsteinfunkelnde Krone zur Selbstkrönung reichen und beim feierlichen Zug in die Kirche die Schleppe des hermelinbesetzten Purpurmantels tragen.“ (Lothar Vossmeyer: Das Ende des dreifachen Wehs, In: Schulden in Berlin. Ein Lesebuch, Berlin 2012, S. 176). Die Feierlichkeiten zur Krönung verschlangen das Doppelte der jährlichen Staatseinnahmen. Die üppige Hofhaltung in den Folgejahren tat ein Übriges. Um mehr Geld zu beschaffen, engagierte der König auf Geheiß seines Premiers den Reichsgrafen August von Wittgenstein. „Wittgenstein erhöhte die alten Steuern und ließ sich viele neue einfallen: Kutschensteuer, Kaffeesteuer, Teesteuer, Schokoladensteuer, Perückensteuer, Hutsteuer, Stiefelsteuer, Strumpfsteuer, Stempelsteuer, Jungfernsteuer, Hutsteuer.“ (Ebenda, S. 177). Darüber hinaus nahm er bei Bankiers im In- und Ausland hohe Anleihen auf. Als Ostpreußen nach mehreren Missernten von einer Pestepidemie erfasst wurde, gingen die Steuereinnahmen aber gravierend zurück. Von Monat zu Monat wurde es schwieriger, neue Geldquellen zu erschließen. Der Staatsbankrott drohte. In seiner Not versuchte Oberhofmarschall Wittgenstein mithilfe eines Magiers dem Teufel bei Zossen einen Goldschatz abzupressen. Ein anderer Magier versprach, in den Havelbergen eine Goldader zu erschließen. Eine 1710 eingesetzte Untersuchungskommission brachte die Misswirtschaft bei Hofe zutage. Erst unter König Friedrich Wilhelm I. konnten die Staatsfinanzen nachhaltig saniert werden.

2/3 Taler (Preußen, Friedrich I., 1703, 750er Silber, 17,3 Gramm, 35 mm). [Bildquelle: WAG Online Auktion 97, Los 391].

Die nächste große Krise kündigte sich unmittelbar nach dem Regierungsantritt von Friedrich II. an. Von seinem Vater hatte der junge König gelernt, dass Sparsamkeit eine hohe Tugend ist. Eine Aufnahme von Krediten für bestimmte Projekte, darunter auch kriegerische Auseinandersetzungen, lehnte er daher ab: „Insbesondere während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) entwickelte Friedrich bestimmte Mechanismen, um die Versorgung seiner Truppen mit Waffen, Verpflegung und Gütern durch eine entsprechende Finanzierung zu gewährleisten. Hierbei war auffällig, wie er es stets vermied, Schulden zu machen. Wichtige Einnahmequellen waren Unterstützungszahlungen aus England sowie Kontributionen aus dem besetzten Sachsen. Dieses Geld hätte jedoch nicht ausgereicht, um den Krieg zu finanzieren. Um die Aufnahme von Schulden zu vermeiden, betrieb Friedrich in der Folgezeit eine zunehmende Münzverschlechterung.“ (Jost Lehne: Grenzen, In: Schulden in Berlin. Ein Lesebuch, Berlin 2012, S. 203). Mit der Besetzung des Kurfürstentums Sachsen im Spätsommer 1756 begann dieser Prozess. Die verpachteten Münzstätten in Dresden und Leipzig produzierten nun vorwiegend minderwertiges Silbergeld. „Diese Münzen waren die berüchtigten Ephraimiten, von denen das Volk sagte: außen gut, innen schlimm, außen Friedrich, innen Ephraim; denn sie kamen weißgesotten und silberglänzend aus der Münze, ließen aber nach kurzem Umlauf das rote Kupfer durchscheinen.“ (Herbert Rittmann: Deutsche Geldgeschichte 1484-1914, München 1975, S. 387). Ab 1758 wurde auch der Edelmetallgehalt der Goldmünzen verschlechtert. Den Gewinn aus diesen Aktivitäten, den sogenannten Schlagschatz, kassierte der Staat.

Taler (Preußen, Friedrich II., 1784, 750er Silber, 22,2 Gramm, 38 mm). [Bildquelle: WAG Online Auktion 106, Los 1132].

Taler (Preußen, Friedrich Wilhelm III., 1800, 750er Silber, 22,0 Gramm, 36 mm). [Bildquelle: Künker, Frühjahrs-Auktionen 2017, Los 6313].

An der Schwelle zum 19. Jahrhundert hatte sich wieder ein Staatsschatz in Höhe von zwölf bis 17 Millionen Taler angesammelt. Doch der Krieg gegen Napoleon im Jahre 1806 war teuer. König Friedrich Wilhelm III. sah sich gezwungen, etwa 54 Millionen Taler an Krediten aufzunehmen. Der anschließende Friede von Tilsit und seine Folgeabkommen forderten den Preußen zudem hohe Kriegskontributionen ab. Zunächst wurde eine Entschädigung von 140 Millionen Francs vereinbart, die an Frankreich zu zahlen war. Später ist diese Summe auf 120 Millionen reduziert worden. Das Herbeischaffen des Geldes verlief angesichts von 66 Millionen Taler Staatsschulden schleppend. Mit einer radikalen Reform der Staatsfinanzen wollte Staatskanzler von Hardenberg die Forderungen begleichen. Über eine allgemeine Verbrauchssteuer verteilte Hardenberg die Steuerlast gleichmäßig. Er schaffte die Zünfte ab und führte die Gewerbefreiheit ein. Doch unter der Fremdherrschaft war kein nachhaltiger Aufschwung möglich. Im März 1813 wandte sich König Friedrich Wilhelm III. an sein Volk: „Der Friede, der die Hälfte Meiner Unterthanen mir entriss, gab uns seine Segnungen nicht; denn er schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen, die Hauptfestungen bleiben vom Feinde besetzt, der Ackerbau ward gelähmt, sowie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quellen des Erwerbs und des Wohlstandes verstopft. Das Land ward ein Raub der Verarmung. Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten hoffte Ich Meinem Volk Erleichterung zu bereiten, und den französischen Kaiser endlich überzeugen, daß es sein eigener Vortheil sey, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber Meine reinsten Absichten wurden durch Uebermuth und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mussten." (Schlesische Privilegierte Zeitung, Ausgabe 34, 20. März 1813). Preußen erklärte Frankreich den Krieg. Prinzessin Marianne von Preußen, eine Schwägerin des Königs, veröffentlichte den Aufruf der königlichen Prinzessinnen an die Frauen im preußischen Staate. Er mündete in eine Volksbewegung, die unter dem Schlagwort „Gold gab ich für Eisen“ bekannt wurde. Um den Freiheitskampf zu finanzieren, unterstützten große Teile der Bevölkerung den preußischen Staat beim Aufbringen der Mittel für den Befreiungskrieg. #Preußen #Schulden #Staatsschulden #Sachsen #Ephraimiten #GoldGabIchFürEisen #Freiheitskampf #Napoleon #Krieg #Kontributionen #Entschädigung #Frankreich #Taler #Steuern #Steuerlast #DietmarKreutzer

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