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Bedeutende Sammler des 19. Jahrhunderts


Medaille von Christian Schnitzspahn zum 200. Jubiläum des Bankhauses Metzler von 1874. Bildquelle: Münzzentrum Rheinland, Auktion 185, Los 5682.

Inmitten seiner Schätze lebte der Frankfurter Bankier Wilhelm Peter von Metzler gegen Ende seines Lebens wie ein Eremit. Eine Medaille zum 200. Jubiläum seiner Firma hatte ihn veranlasst, eine Sammlung von seltenen Medaillen von der Renaissance bis in die Gegenwart anzulegen, die später in den Bestand des Frankfurter Kunstgewerbemuseums kam (Julius Cahn, Die Medaillen und Plaketten der Kunstsammlung W. P. Metzler in Frankfurt am Main, Frankfurt/Main 1898).


Doch nicht nur Medaillen und kunstvoll gestaltete Plaketten sammelte Metzler in seiner Villa am Mainufer, sondern alles was ihm historisch wertvoll erschien. Metzler schrieb, dass er unermesslich viel Zeit inmitten seiner Kunstsammlung verbrachte. Dies habe ihm „Trost für so vieles, was die Zeit uns raubt“ gegeben. Ein Gast schrieb 1897 über das Arbeitszimmer des greisen Bankiers: „Es prägt sich ihm (dem Besucher, d.A.) das Gesamtbild ein, wenn es ihm auch nicht möglich sein sollte, die Bedeutung der einzelnen Stücke zu verstehen. Der milde Schimmer der Geräte und Gefäße im Silberschrank und der matte Schein im Eisenschrank auf der Fensterseite, das lebhafte Feuer der Emaillen und die Glut der Majoliken in den beiden anderen Schränken gegenüber, sowie der harte Glanz der Porzellane in dem neu hinzugekommenen fünften Schranke …“ (Heinrich Frauberger, Die Kunstsammlung des Herrn Friedrich Wilhelm Metzler, Frankfurt/Main, 1897, S. 14f.).

Grabmal von Wilhelm Peter Metzler (1818-1904) mit der Bezeichnung C 71 auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Bildquelle: Wikimedia, Ratzke.

Ein Sammler mit einem derart weit gestreuten Interessengebiet wie Metzler war allerdings nicht in der Lage, eine umfassende Sammlung von Münzen oder Medaillen anzulegen. Zu den bedeutenden Münzsammlern aus dem 19. Jahrhundert gibt es aber Aufzeichnungen: „Über die Zahl der Sammler geben die Internationalen Adressbücher Guida numismatica universale von Gnecchi Auskunft, deren 1903 erschienene 4. Auflage insgesamt 6.278 Adressen aufführt. Um 1900 existierten z.B. folgende berühmte Privatsammlungen: Marchese Filippo Marignoli in Rom mit 70.000 Stück, Fürst Fürstenberg in Donaueschingen (50.000), Adolf Meyer in Berlin (50.000), Judice do Santos Joé in Lissabon (40.000), Salv. Pennisi di Floristella in Acireale (35.000), Fürst Liechtenstein in Wien (30.000), Fürst Ernst Windischgrätz in Wien (30.000), Dr. J. Gerson da Cunha in Bombay (30.000), Graf Joh. Tolstoy in Petersburg (25.700), Herm. Förster in Leipzig (25.000) …“ (Walter Grasser, Münzen, München 1983, S. 143).


Die genannten Sammler waren fast ausschließlich Adlige, Banker und Wissenschaftler. Der erwähnten José Gerson da Cunha (1844-1900) beispielsweise war ein Arzt aus Goa, der als Orientalist, Historiker, Linguist und Numismatiker international bekannt wurde. Gerson da Cunha hat Münzen mit Begeisterung gesammelt. Er begann 1876 damit und kaufte zusätzlich zu seiner eigenen Sammlung die Kollektionen von James Gibbs und Bhau Dhaji an. Bis 1888 erweiterte er seine persönliche Sammlung auf über 25.000 Exemplare aus Gold, Silber und anderen Metallen. Die von ihm selbst katalogisierte Münzkollektion wurde allgemein als eine der besten im britischen Empire angesehen. Mit Contributions to the Study of Indo-Portuguese Numismatics (Bombay 1888) schrieb er auch ein numismatisches Standardwerk.

Hermann Killisch von Horn (1821-1886) vor seinem Landschaftsgarten mit Herrenhaus im Dorfe Pankow bei Berlin. Bildquelle: Wikimedia, Hosemann.

Über die Guida numismatica universale aus Mailand von Francesco und Ercole Gnecchi hinaus, lassen sich weitere Quellen zur Gemeinde der Sammler auswerten: „Im 19. und im 20. Jahrhundert kamen zahlreiche bedeutende Privatsammlungen wieder zur Auflösung, deren hervorragendes Material durch Verkaufslisten und vor allem durch Versteigerungskataloge für die Nachwelt erschlossen wurde.“ (Grasser, S. 143).


Katalog zur Auktion der Sammlung von Ausbeute- und Bergwerksmünzen des Geologen Dr. Karl Vogelsang von 1925. Bildquelle: Universität Heidelberg.

Die Liste derartiger Nachlässe ist lang. Über die umfangreiche Sammlung des Vogelkundlers Gerhard Hinrich von Essen, nach dem eine Straße und eine Brücke in der Hansestadt benannt sind, heißt es beispielsweise: „Mit der im Jahr 1834 in Auktion gebrachten Sammlung des Herrn Gerhard Hinrich v. Essen (+1833) verschwand das letzte große, alle Länder umfassende Hamburgische Münzkabinett.“ (Die neueren Hamburgischen Münzen und Medaillen, Hamburg 1843, S. IV). Der Journalist und Verleger Hermann Killisch von Horn (1821-1886) gründete 1855 die Berliner Börsenzeitung, sammelte Orchideen und Münzen. Sein Spezialgebiet waren Münzen der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg. Die Versteigerung seiner Sammlung im Jahre 1904 mit Ergebnissen von bis zu 2.000 Goldmark für einzelne Stücke war ein Ereignis. Im Jahr 1925 ist die Kollektion von Karl Vogelsang (1866-1920) versteigert worden. Der Geologe sowie Oberberg- und Hüttendirektor Vogelsang war während der auf den Kapp-Putsch folgenden Unruhen von aufständischen Arbeitern ermordet worden. Er hatte sich besonders der systematischen Ordnung deutscher Ausbeute- und Bergwerksmünzen sowie Bergwerksmedaillen gewidmet. Seine Kollektion galt seinerzeit als größte derartige Spezialsammlung.

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