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Antike Bildmotive auf einer modernen Münze

Nun tragen moderne Münzen in der Regel keine antiken Bildmotive, aber auch hier gibt es Ausnahmen von der Regel. So zeigen sich beispielsweise auf einer italienischen 10-Euro-Münze zwei Köpfe, die eindeutig antik gestaltet sind. Die Frage nach dem wieso ist schnell beantwortet, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Münze Bestandteil der Serie „Italienische Kunst“ ist. Im Rahmen dieser Serie emittierte Italien Anfang Oktober 2015 eine Silbermünze mit den Köpfen der Bronzestatuen von Riace in Reggio di Calabria.

10 Euro, Silber 925/1000, 22 g, 34 mm, Rand unterbrochen geriffelt, Auflage: 4.000 in PP, Künstlerin: Maria Angela Cassol nach antiken Vorbildern; Münzstätte: IPZS, Rom. [Bildquelle: IPZS, Rom].

1972 hatten Taucher vor der Küste Kalabriens bei der Ortschaft Riace nämlich zufällig zwei überlebensgroße Bronzeskulpturen auf dem sandigen Meeresboden entdeckt. Von dem Schiff, das diese transportiert haben dürfte, wie Archäologen vermuten, wurde allerdings nichts gefunden. Da es sich bei den beiden Skulpturen um kräftige, athletische junge Männer handelt, deren Armhaltungen darauf schließen lassen, dass sie einmal bewaffnet waren, bezeichneten sie die Archäologen schon recht bald als Krieger A und Krieger B.

Krieger A (links). Standort: Archäologisches Nationalmuseum Reggio di Calabria. [Bildquelle: Luca Galli, Wikimedia Commons]. Krieger B (rechts). Standort: Archäologisches Nationalmuseum Reggio di Calabria. [Bildquelle: Effems, Wikimedia Commons].

Fachleute, wie beispielsweise Leomonaci, lieferten dann auch die entsprechenden Rekonstruktionszeichnungen, um zu visualisieren, wie diese beiden Krieger wohl ursprünglich einmal ausgesehen haben könnten.

Hypothetische Rekonstruktionszeichnung von Leomonaci. [Bildquelle: Leomonaci121198, Wikimedia Commons].

Doch auch wenn diese beiden originalen Bronzeskulpturen im 5. Jh. v. Chr. entstanden und womöglich auch zusammen aufgestellt worden sind, so stammen sie weder von der selben Hand noch aus exakt derselben Zeit, wie Peter C. Bol betont: „Zwar ist der stilistische Umkreis des Kriegers A vorläufig nicht sicher einzugrenzen, doch steht er auf einer zeitlichen Stufe mit anderen Werken des fortgeschrittenen Strengen Stils wie dem Omphalos-Apoll oder dem Kasseler Apoll. Dagegen liegt bei Krieger B die Nähe zum Frühwerk des Polyklet deutlich vor Augen. Sie betrifft den Aufbau der Figur mit der ausgeprägten Gegenbewegung von Schultern und Hüfte ebenso wie den breit ausladenden Rippenbogen oder Details wie die Lockenzange über der Mitte der Stirn.“ (Peter C. Bol [Hrsg.]: Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst. II Klassische Plastik, Textband, Mainz am Rhein 2004, S. 6). Betrachtet man zudem die beiden Köpfe genauer, so erkennt man ebenfalls nicht zu übersehende Unterschiede. Krieger A trägt eine lange Korkenzieher-Haarpracht, die das Gesicht nahezu einrahmt und fast bis auf die Schultern herabfällt. Damit wird anzeigt, „dass ein Gott oder Heros gemeint ist.“ (P. C. Bol, ebenda). Krieger B dagegen trägt kürzere und eng anliegende Haare, was ihn deutlich weniger göttlich oder heroisch erscheinen lässt. Darüber hinaus bestehen die Augäpfel und die Lippen bei Krieger A aus Silber. Ob die Skulptur des Kriegers A in Argos und die des Kriegers B in Attika gegossen wurden, wie eine naturwissenschaftliche Analyse der Gusskerne nahelegt, läßt sich laut Bol „mit archäologischen Methoden nicht kontrollieren, aber auch nicht wiederlegen.“ (P. C. Bol, ebenda). Aber bei allen Unterschieden die die beiden Statuen auch aufweisen, eines haben sie gemeinsam – werfen sie doch beide ein Schlaglicht ganz besonderer Art auf die hohe stilistisch-künstlerische Qualität der antiken griechischen Bronzeskulptur des 5. Jahrhunderts v. Chr.

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