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Die japanischen Meiji-Reformen


Kaiser Mutsuhito (reg. 1867-1912) im Jahr 1873. Bildquelle: Wikimedia, Kuichi.

Nach Hunderten von Jahren unter der Herrschaft der Shogune öffnete sich Japan unter Kaiser Mutsuhito (1852-1912). Meiji (aufgeklärte Regierung) war Name und Programm des neuen Kaisers. Der letzte die Zentralgewalt verkörpernde Shogun Yoshinobu (1837-1913) wurde im November 1867 von Mutsuhito zum Rücktritt gezwungen. Kurz nach seinem Amtsantritt bildete der Herrscher am 3. Januar 1868 eine reformfreudige Regierung. Die Feudalaristokratie der Daimyos, deren Rang jenem eines europäischen Fürsten entsprach, wurde noch im gleichen Jahr nach blutigen Kämpfen gegen die Truppen des alten Shoguns entmachtet. Die Daimyos erhielten großzügige Abfindungen, die bisherige Militärelite der Samurai eine Rente. Die Hauptstadt verlegte Kaiser Mutsuhito umgehend von Kyoto nach Edo. Ab sofort hieß die Stadt Tokio (Östliche Hauptstadt).

Das kapitalistische Wirtschaftssystem mit seinen technischen Neuerungen setzte sich schon nach kurzer Zeit durch. Der Aufbau der Armee, der Justiz und der Verwaltung erfolgten nach europäischem Muster. Junge, modern denkende Japaner lernten mit Feuereifer an den Hochschulen der westlichen Welt. Fremde Lehrer kamen an die Universitäten und Hochschulen des Landes. Der Bergbau wurde rationalisiert, Eisenbahnlinien gebaut. Bald nannte man die Japaner angesichts ihres Fleißes und ihrer Disziplin die „Preußen des Fernen Ostens“.

20 Yen, 1870, 900er Gold, 33,3 g, 35 mm. Bildquelle: NGC.

Auch das Finanzwesen wurde nach westlichem Vorbild reformiert. Bislang hatte es ein Wertverhältnis von 1 zu 3 zwischen Gold und Silber gegeben. In der übrigen Welt belief es sich dagegen auf 1 zu 15. Aus diesem Grund war im 19. Jahrhundert viel Gold aus Japan abgeflossen. Dementsprechend war die Umstellung des Währungssystems eines der wichtigsten Reformvorhaben. Die neue Münzverordnung von 1871 schuf den in Gold notierten Yen im Wert eines US-Dollars. Im Alltag lief der Außenhandel allerdings weiter mit mexikanischen Silberdollars. So etablierte sich ein bimetallisches Währungssystem mit Gold im Binnen- und Silber im Außenhandel. Der neue Yen war dezimal in 100 Sen zu jeweils 10 Rin geteilt: „Von der britischen Münze in Hongkong erwarb die japanische Regierung moderne Prägemaschinen, die in Osaka aufgestellt wurden.

Detail des Chrysanthemen-Wappens auf einer japanischen Goldmünze. Bildquelle: Foto des Autors.

Die Gepräge für die neuen Münzen entwarf Kano Natsuo; sie zeigen unter anderem die kaiserliche Chrysantheme und eine Strahlensonne.“ (Elvira und Victor Clain-Stefanelli, Das große Buch der Münzen und Medaillen, Augsburg 1991, S. 107). Bis 1875 arbeitete die modern eingerichtete Prägestätte, an der 380 Einheimische angestellt waren, unter Leitung westlicher Fachleute.

Die Investitionen in Bergbau, Fabriken und Rüstungsprojekte finanzierte die Regierung über Steuermittel und Auslandsanleihen. Langfristig überforderten die hohen Kosten für den Aufbau einer Industrie und die Abfindung der Daimyos aber die Staatsfinanzen. Das Papiergeld war schließlich nur noch zu fünf Prozent durch Edelmetall gedeckt: „Das Kaiserreich versank bald in Papiergeldwirren, die mit Versuchen einhergingen, die Silberwährung einzuführen.“ (Herbert Rittmann, Moderne Münzen, München 1974, S. 109). Die Bemühungen zum Werterhalt des Yen scheiterten jedoch, als mehrere nationale Banken damit begannen, nicht einlösbares Papiergeld auszugeben. Der Preis für Reis verdoppelte sich. Angesichts der hohen Schuldenlast breitete sich Krisenstimmung aus. Die Satsuma Rebellion brachte das Land an den Rand eines Bürgerkrieges. Um die Währung zu stabilisieren, wurde ab 1881 ein großer Teil der staatlichen Industrie zu Preisen, die zwischen 11 und 90 Prozent der investierten Gelder lagen, an Kaufleute, Bankiers sowie die Daimyos und Samurai verkauft. Premierminister Masukata gelang es, die umlaufenden Zahlungsmittel zu verringern. Das Ausgaberecht für Papiergeld beschränkte er 1885 auf die Bank of Japan.

Letztlich konnte der Yen aber erst infolge außenpolitischer Entwicklungen längerfristig stabilisiert werden: „In der zweiten Hälfte der 1890er Jahre flossen große Mengen Geld nach Japan. Es handelte sich um Reparationszahlungen, zu denen China nach dem Ersten Chinesisch-Japanischen Krieg (1894-1895) verurteilt worden war. Mit diesem chinesischen Silber kaufte der japanische Finanzminister in den folgenden Jahren große Mengen Gold. Im Jahr 30 der Meiji-Regierung (1897) hatte er so viel davon erworben, dass er die japanische Währung auf den Goldstandard umstellen konnte.“ (Kaiserreich Japan, Meiji-Periode, Mutsuhito, 10 Yen 1897, siehe: moneymuseum.com/de/muenzen?&id=1387).

20 Yen, 1916, 900er Gold, 16,6 g, 29 mm. Bildquelle: NGC

Eine neue Münzserie mit im Wert reduzierten Goldmünzen zu 5, 10 und 20 Yen erschien. Sie zeigen auf der Vorderseite eine gesäumte Strahlensonne. In der Umschrift erschienen Landesbezeichnung, Regierungsjahr des aktuellen Tennos und die jeweilige Wertangabe. Auf der Rückseite steht der Wert inmitten von Wappenmotiven aus Chrysanthemen und Blauglocken. Silberne Scheidemünzen gab es zu 10, 20 und 50 Sen sowie einem Yen. Die kleinsten Stückelungen des Sen wurden aus Kupfer-Nickel beziehungsweise Bronze hergestellt.


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