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Michael Kurt Sonntag

Pharsalos und seine herausragende Reiterei


„Peleus, König der Myrmidones, Vater des Achilleus, herrschte in der Stadt Phthia, die im Altertum mit Pharsalos am südwestlichen Rand der thessalischen Ebene gleichgesetzt wurde.“ (Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 9, Sp. 753). In den Quellen wird der Name Pharsalos erstmals im Zusammenhang mit dem Lelantischen Krieg um 700 v. Chr. erwähnt, als sich die euboiischen Städte Chalkis und Eretria bekämpften und die thessalische Reiterei unter Kleomachos von Pharsalos die Chalkidier unterstütze und zum Sieg führte. Von der Mitte des 6. Jh. v. Chr. bis um 457 v. Chr. wurde Pharsolos von der mächtigen Adelsfamilie der Echekratidai beherrscht, die bisweilen auch das Amt des Tagos (des Oberbeamten) des Thessalischen Bundes bekleidete. Aber auch aus den Kämpfen zwischen den führenden Adelsfamilien von Larisa, Pherai und Pharsalos um das Amt des Tagos, ging um 440 v. Chr. mit Daochos I. erneut ein Mitglied einer pharsalischen Adelsfamilie als Sieger hervor. Während des Peloponnesischen Krieges (431-404 v. Chr.) stand Pharsalos auf Seiten Athens. Um 395 v. Chr. geriet es allerdings unter die Herrschaft von Larisa und nach 374 v. Chr. unter jene des Tyrannen Jason von Pherai. Die Beherrschung durch Pherai dauerte dann bis 353/52 v. Chr., als Philippos II. von Makedonien die Pheraier und Phoker auf dem Krokosfeld vernichtend schlug und Pharsalos, das pro-makedonisch gewesen war, in der Folge nicht nur seine Freiheit wiedererlangte, sondern auch die Stadt Halos erhielt, wodurch es wieder einen Hafen am Golf von Volos bekam und sich seine Bedeutung noch vergrößerte.

Die Weltbühne der Geschichte betrat Pharsalos jedoch erst unter Alexander dem Großen, genauer gesagt in der Schlacht von Gaugamela (1. Oktober 331 v. Chr.). Beim antiken Historiker Arrian heißt es diesbezüglich: „Führer der gesamten linken Hälfte der Front war Parmenion, Sohn des Philotas, dessen nächste Umgebung die Reiter aus Pharsalos bildeten, die stärkste und kampfkräftigste Kavallerieeinheit aus Thessalien.“ (Gerhard Wirth, Oskar von Hinüber [Hrsg./Übers.], Arrian: Der Alexanderzug. Indische Geschichte, Teil 1, Berlin 1985, Buch III, Kap. 11, 10). Wenn die Historiker unserer Tage die thessalischen Reiter in Alexanders Kavallerie zu den fähigsten zählen und die Reiterei Alexanders insgesamt zur besten der Antike erklären, dann kann die Bedeutung der pharsalischen Reiter wohl nicht hoch genug eingeschätzt werden. Im Übrigen stammte auch Bukephalos, das Leib- und Streitross Alexanders, aus Thessalien.

In Pharsalos, wo die Reiterei durch eine intensive Pferdezucht und die enge Verbindung zwischen Adel und Pferd stets gefördert worden war, genossen Pferd und Reiter nicht nur einen hohen Stellenwert, sondern fanden auch Eingang in die Münzprägung der Polis.

Pharsalos (Thessalien). Drachme (um 424-405/404 v. Chr. [nach Stella Lavva], um 400-370 v. Chr. [nach Oliver Hoover]), Silber, 5,98 g, Ø 18 mm, Münzstätte Pharsalos. Bildquelle: Solidus Numismatik, Premium-Auktion (28. Oktober 2018), Los 29.

So sehen wir auf der Rückseite der abgebildeten Drachme innerhalb eines Quadratum incusum einen pharsalischen Reiter mit Petasos (flachem Hut), kurzem Chiton (Untergewand aus Leinen oder Wolle) und flatternder Chlamys (kurzem Mantel) nach rechts galoppierend und lesen in griechischen Buchstaben die Abkürzung des Stadtnamens. Allerdings ist der Reiter hier nicht als Krieger, sondern, wie sein geschultertes Lagobolon (Wurfholz) belegt, als Jäger dargestellt. Mit solchen Wurfhölzern wurden nämlich vor allem Hasen gejagt. Die Vorderseite ziert der nach rechts gewandte Kopf der Göttin Athena im bebuschten attischen Helm mit hochgeklappten Wangenklappen und Stirnbügel. Dass ausgerechnet Athena die Münzvorderseiten von Drachmen, Hemidrachmen, Trihemiobolen, Obolen, Hemiobolen, Tetartemorions und Bronzeprägungen schmückt, hat Numismatiker zunächst etwas verwundert, zumal die schriftlichen Quellen keinen Athenatempel auf der befestigten Akropolis von Pharsalos erwähnen, statt dessen aber Tempel und Heiligtümer für Apollon, Artemis, Aphrodite, Demeter, Hestia, Pan, die Nymphen, Zeus und sogar für die Meeresgöttin Thetis – letzterer außerhalb der Befestigung. Man hatte also angenommen, Athena sei in Pharsalos nicht besonders verehrt worden, wurde dann aber durch ihr Vorkommen auf allen Münznominalen eines Besseren belehrt. Was die zeitliche Einordnung der abgebildeten Drachme angeht, so sind sich die Numismatiker uneins. Während Stella Lavva beispielsweise diese in ihrem Standardwerk „Die Münzprägung von Pharsalos“ (2001) ins letzte Viertel des 5. Jh. v. Chr. datiert, verlegt sie Oliver Hoover in seinem „Handbook of Coins of Northern and Central Greece“ (2014) in das erste Viertel des 4. Jh. v. Chr.


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