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Betrügereien im China der Revolutionsjahre: Das Silber von Lee Konkim


Chinesischer Dollar (1912, 900er Silber, 27,3 Gramm, 39 mm). Bildquelle: Numista

Der auf Tatsachen basierende Roman „Der Agent“ von C. C. Bergius (1910–1996) schildert das Leben von Lee Konkim, dessen Familie in der Zeit der chinesischen Warlords (1917–1926) fast vollständig ausgelöscht wurde. Fluchtartig verließ Konkim daraufhin Kweichow, seine Heimatprovinz im Süden Chinas. Wie der junge Gutsbesitzer an sein Geld kam, schildert eine Episode aus der Provinzhauptstadt Guiyáng: „Zehntausend Silberdollar möchte ich in bar abheben. Das übrige Geld bitte ich zu gleichen Teilen an die Kantoner Filialen der China Banking, der Hongkong Shanghai Banking und der Chartered Bank of India, Australia & China zu überweisen.“ Da der korrupte Warlord das Geld beschlagnahmen könnte, versuchte der Bankier der Familie auf Zeit zu spielen. Konkim entschloss sich „zur Anwendung des in China einzig probaten Mittels: Er bedankte sich für die geleisteten treuen Dienste und bat darum, die im Laufe der Jahre angewachsene moralische Schuld der Familie Lee mit einer Zahlung in Höhe von dreitausend Silberdollar tilgen zu dürfen.“ Die Augen des Bankiers leuchteten auf. Mittels unverdächtiger Schuldscheinen, die bei den oben genannten Banken einlösbar waren, sollte das Schmiergeld fließen.

Chinesischer Tael (undatiert, Silber, 34,0 Gramm). Bildquelle: Kölner Münzkabinett

Als Rekrut der Militärakademie von Whampoa ließ sich Konkim auf eine Wette mit seinem Unteroffizier ein. Der Siegerpreis für den Gewinner eines Kampfes sollten zwei Tael sein. Bergius erläutert: „Der Tael ist keine Münze, sondern ein Klumpen Silber in Form eines Schuhes, das die Schwierigkeit der Mitnahme größerer Geldbeträge verringerte. Noch in den zwanziger Jahren galten in China nur mit Löchern versehene Kupfer- und Silbermünzen, die an Schnüren aufgereiht wurden. Mussten namhafte Beträge befördert werden, so wählte man Taels, da der Transport einer Reisekasse sonst die Mitnahme von ein oder zwei Mauleseln erforderlich machte.“ Als Konkim den Kampf gewann, drohte der nächste Betrug. Sein Konkurrent wollte die Spielschuld mit gestohlenen Silberbarren einlösen. Er übergab ihm „zwei offensichtlich noch nicht im Verkehr gewesene mattglänzende Silberbarren (…) Beide Taels zeigten links unter dem amtlichen Siegel eine kleine blanke Fläche, die nur dadurch entstanden sein konnte, dass dort etwas fortgeschabt worden war. Und an ebendieser Stelle pflegte die Familie Lee jedes Tael, das in ihren Besitz kam, mit ihrem Zeichen zu versehen.“ Der Verlierer wollte mit Konkims eigenen Barren zahlen!

1 Fen (1934, Mandschuko, Bronze, 4,9 Gramm, 24 mm). Bildquelle: Coin House SESAM Basel

Von seinem militärischen Vorgesetzten als Agent nach Tokio geschickt, musste Konkim mit ansehen, wie die Japaner im Jahr 1931 die Mandschurei besetzten. Das Silbergeld verschwand nicht nur aus Mandschuko, sondern aus ganz China. Nach der Gründung des japanisch dominierten Kaiserreiches Mandschuko erschienen dort seit 1933 insgesamt dreizehn Arten von Metallmünzen. Zunächst bestanden sie aus Bronze und einer guten Kupfer-Nickel-Legierung. Ab 1939 kamen Münzen aus Aluminium hinzu. Als der Bedarf an Buntmetallen während des Zweiten Weltkrieges anstieg, wurden die in den Anfangsjahren geprägten Münzen eingezogen. 90 Millionen Münzen wurden durch Papiergeld und Steingut-Münzen ersetzt. Die kriegswichtigen Metalle wurden so knapp, dass Kaiser Pu Yi in seiner Autobiografie notierte: „Türringe, Spucknäpfe und andere Gegenstände aus Messing und Blei verschwanden aus dem Palast.“ Konkim war inzwischen zu einem gewieften Spion gereift. Als ihn die Japaner enttarnten, hing sein Bild an allen Bahnhöfen: „Fünftausend Yen Belohnung!“ Nach Zahlung von Schmiergeldern in Höhe von 10.000 Dollar und einer atemberaubenden Flucht konnte er sich nach Hongkong absetzen.

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