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Ralph Kirmse: Der Herzoglich Sachsen Ernestinische Haus-Orden


Ralph Kirmse: Der Herzoglich Sachsen Ernestinische Haus-Orden, drei Bände, Altenburg 2021, 1.094 Seiten, durchgehend farbig illustriert, Format: 24 x 29,5 cm, Festeinband, ISBN: 978-3-938777-45-9.


Mit der Stiftung des Herzoglich Sachsen Ernestinischen Haus-Ordens durch die Regenten der Herzogtümer Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha sowie Sachsen-Meiningen im Dezember 1833 wurde ein Projekt verwirklicht, das schon 1822 auf Initiative von Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772-1822, reg. seit 1804) seinen Anfang genommen hatte. Es entstand ein in zwei Abteilungen (für Inländer und Ausländer) unterteilter, zunächst vierklassiger Orden für zivile und militärische Verdienste, dessen Grundgestaltung für alle drei Herzogtümer praktisch identisch war und sich nur durch das auf dem oberen Kreuzarm aufgelegte Monogramm des jeweiligen Herzogs unterschied. Diese Unterscheidung wurde 1864 aufgehoben und gleichzeitig der Orden um eine Klasse erweitert. Bis 1918 erfolgten weitere Veränderungen und Erweiterungen, sowohl bei den Ordensinsignien als auch bei den affiliierten Verdienstkreuzen und -medaillen. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie im Deutschen Reich im Jahr 1918 verlieh ihn nur noch Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (1884-1954, reg. von 1900/1905-1918) als Hausorden, der er ja von Beginn an war, bis 1935 weiter. Die Ordensinsignien sind von jedem Herzogtum von den unterschiedlichsten Herstellern und Lieferanten selbst beschafft worden, was natürlich über die Jahrzehnte zu einem großen Varianten-Reichtum geführt hat. Die markantesten Unterschiede mögen vielleicht die Schwertergriffe sein, die mit geraden (sog. römischen) oder geschwungenen (sog. französischen) Parierstangen vorkommen.

Ralph Kirmse hat nunmehr, nach langjähriger akribischer Sammlungs- und Forschungstätigkeit bei Sammlern, in Museen und Archiven, eine nach wissenschaftlichen Maßstäben erarbeitete dreibändige Monografie mit integriertem Katalog zum Herzoglich Sachsen Ernestinischen Haus-Orden vorgelegt. Auf über 1.000 (in Worten: eintausend!) Seiten werden nahezu alle Aspekte des Ordens bis zum Ende der Monarchie im November 1918 ausführlich dargestellt. Zunächst geht der Autor auf die historische Entwicklung der Sachsen Ernestinischen Herzogtümer ein und stellt die seit 1826 bestehenden Staaten und ihre jeweiligen Regenten vor. Das nächste Kapitel beschäftigt sich sehr ausführlich mit der Entstehungsgeschichte des Ordens seit 1822, teilweise anhand abgebildeter und transkribierter Originaldokumente und zahlreichen Entwurfszeichnungen. Im dritten Kapitel wird ebenfalls sehr ausführlich auf die Vorgänge um die Stiftung des Ordens und die damit verbundenen Erstverleihungen eingegangen. Das folgende Kapitel stellt alle Ordenskanzler und die Staatsminister der jeweiligen Herzogtümer vor. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich systematisch mit den Statuten und den zahlreichen verschiedenen Urkundenarten und den darauf verwendeten Siegeln. Mit dem sechsten Kapitel nimmt der Katalogteil des Werks seinen Anfang, mit der ausführlichen Beschreibung und Abbildungen der Goldenen Ketten, ihrer einzelnen Details und ihrer Träger. Die folgenden Kapitel behandeln die Insignien der einzelnen Klassen vom Großkreuz hinunter bis zu den Verdienstmedaillen, jeweils für sich, chronologisch geordnet nach 1. und 2. Modell, zivilen und militärischen Ausführungen, Verleihungsurkunden, Sonderausführungen, Verleihungsetuis und Bändern. Nach einigen Vorbemerkungen werden Seite für Seite einzelne Exemplare vorgestellt, systematisch untersucht und vermessen, die besonderen Kennzeichen separat vermerkt und das jeweilige Objekt mit Avers und Revers, sowie mit vergrößerten Avers- und Revers-Medaillons und besonderen Details, z. B. den Monogrammen, abgebildet. Die Urkunden werden wiedergegeben und transkribiert. Die einzelnen Kapitel werden durch fotografische Trägerbeispiele ergänzt. So endet der erste Band des Werks mit den Bändern zum Großkreuz. Der zweite Band geht nach dem beschriebenen Schema nacheinander in drei Kapiteln ausführlich und detailliert auf die Komturkreuze, die Brustkreuze und -sterne zum Komturkreuz, die Ritterkreuze, die Ritterkreuze I. und II. Klasse in ihren jeweiligen Variantenformen (für Inländer, für Ausländer, ohne und mit Schwertern, mit Jahreszahlen usw.) und das Prinzessinnenkreuz ein, wobei das Kapitel über die Ritterkreuze I. und II. Klasse mit Abbildungen einer ganzen Reihe eindrucksvoller Ordensschnallen bereichert ist. Die dem Orden affiliierten Verdienstkreuze und Verdienstmedaillen der einzelnen Herzogtümer in Gold und Silber werden im dritten Band nach dem bekannten systematischen Schema vorgestellt, ergänzt um zahlreiche Trägerfotografien und eine ganze Reihe von Ordensschnallen. Schließlich folgt ein ausführliches Kapitel (XIII) über die Verleihungszahlen und ein Kapitel (XIV) über die Hersteller der Insignien, Bänder, Etuis und Urkunden und über die Stempelschneider der Medaillen, sowie über die Herstellerpreise. Abgeschlossen wird der dritte Band mit einem Literatur- und Quellenverzeichnis.

Das überreich, ja geradezu opulent bebilderte Werk bietet somit eine systematische Gesamtschau auf 85 Jahre Ordensgeschichte. Bei der Betrachtung und wissenschaftlichen Beurteilung dieses bedeutenden Ordens einer für die Geschichte Europas so wichtigen deutschen Dynastie, deren Mitglieder u. a. die Throne Belgiens, Großbritanniens und Bulgariens bestiegen haben, wird man künftig um den Kirmse nicht mehr herumkommen. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein solches Werk niemals vollständig sein kann. Es wird immer noch das eine oder andere Exemplar geben, das hier nicht vorgestellt wurde, weil es sich an einem allgemein nicht bekannten Standort befindet. Aber dennoch gibt es in umfangreicher Form den Forschungsstand der derzeitig im In- und Ausland zugänglichen Objekte wieder. Kirmses Werk richtet sich aufgrund seiner breiten Darstellung der Thematik somit nicht nur an die Sammler von Sachsen Ernestinischen Auszeichnungen im Besonderen, an Phaleristiker, Händler, Museen und Archive im Allgemeinen, sondern eben auch an Interessenten der Diplomatik, der Sphragistik, und der Numismatik – hier der Bereich der Medaillenkunde, wofür vor allem der dritte Band sehr aufschlussreich ist – und schließlich an jeden, der sich mit der Geschichte dieser Herzogtümer und damit mit wesentlichen Teilen der thüringischen Lande beschäftigt. Aber auch der an Militaria Interessierte dürfte hier reiches Bildmaterial finden. Ja, so hat ein phaleristisches, wissenschaftlich systematisches Werk auszusehen. Kirmse hat hiermit neue Maßstäbe für künftige ordenskundliche Werke gesetzt. Gäbe es einen Nobelpreis für Phaleristik, der Autor hätte ihn verdient! So verbleibt nur der tiefempfundene Wunsch des Rezensenten, dass das Werk eine weite Verbreitung bei Sammlern, Phaleristikern, Numismatikern, Historikern und Heimatforschern der thüringischen Lande finden möge.



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