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Pompeia Plotina im Spiegel der Münzen

Wir kennen Pompeia Plotina (Abb. 1) vor allem als Ehefrau des Kaisers Traian. Von ihren Lebensdaten wissen wir aufgrund der schlechten Quellenlage nur sehr, sehr wenig. Geboren ist sie wahrscheinlich zwischen 60 und 70 in Nemausus, dem heutigen Nîmes. Sie heiratete den späteren Kaiser Traian noch vor dessen im Jahr 98 erfolgter Thronbesteigung. Zwischen 100 und 105 wird sie von Traian zur Augusta erhoben. Anders als bei vorhergehenden Kaiserfrauen setzt die Münzprägung für PLOTINA AVGVSTA allerdings nicht mit der Erhebung zur Augusta, sondern erst im Jahr 112 ein, wie die Erwähnung des

6. Konsulats des Traian in den Münzlegenden dieser Prägungen bezeugt. Traian bekleidete sein 6. Konsulat Anfang des Jahres 112. Gleichzeitig zu den Münzen für Plotina werden auch solche für Ulpia Marciana, die Schwester des Traian, geprägt.


Der „Schmeichler“ Plinius der Jüngere charakterisiert Plotina in seinem Panegyricus (Lobrede) auf Traian wie folgt (Plin. Paneg. 83,7-8; übersetzt von W. Kühn):


….. (7) Außerdem, wie unaufdringlich ist ihre Kleidung, ihr Schmuck! Wie klein ist ihr Gefolge, wie vornehm-schlicht geht sie einher! Der Einfluß ihres Gatten zeigt sich hier, denn von ihm hat sie solches gelernt; dem Gatten sich anzupassen ist ja der Gattin schon Ruhm genug. (8) Wenn sie sieht, wie dein [Traian] öffentliches Auftreten keinerlei Furcht einflößt, keinerlei Prunk entfaltet, dann liegt wohl nahe, daß auch sie selbst auf geräuschvolle Begleitung verzichtet und, soweit das für Frauen schicklich, dem Vorbild ihres Gatten folgt, der zu Fuß geht. …


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Abb. 1 Marmorkopf Plotina (?) Glyptothek München Inv. 405, h 47 cm


Möglicherweise haben wir in dem Marmorkopf (Abb. 1) ein rundplastisches Porträt der Plotina vor uns, zumindest zeigen die Gesichtsgestaltung und die Frisur mit dem hohen Diadem Ähnlichkeiten mit den Münzbildnissen der Plotina. Diese bleiben während des gesamten Prägezeitraums (112 bis 118) unverändert, wie die hier abgebildeten Beispiele eindrucksvoll belegen.


Abb. 2 AV, 112 - 117, Rom, RIC II Nr. 730


Auf dem Avers des Aureus (Abb. 2) ist die nach rechts gerichtete, drapierte Büste der Plotina dargestellt. Aus den Gewandfalten erhebt sich ein schmaler, langer Hals. Der Kopf wird zunächst dominiert von der extravaganten Frisur, die in zwei Teile gegliedert ist. Direkt über der Stirn sehen wir einen Lockenkranz, bestehend aus fein strukturierten, kurzen Locken. Darüber erhebt sich ein weiterer feinsträhniger, auftoupierter Haarkranz, dessen Fülle zur Kopfmitte hin zunimmt. Dieser Haarkranz erfährt eine Stütze durch ein hohes Diadem, durch das die Haartracht quasi zweigeteilt wird. Die Frisur des Hinterkopfes besteht aus fein geflochtenen, dünnen Zöpfen, die eng an der Schädelkalotte anliegen und im Nacken mittels einer Schleife zusammengefasst werden. Der Gesichtskontur ist relativ schmal und langgestreckt. Die Gesichtsoberfläche ist nahezu unbewegt, lediglich die tief eingegrabenen Nasolabialfalten fallen auf. Der Mund ist schmallippig und klein und wird von der spitzen Nase überragt, die sich klar von der glatten Stirn absetzt. Insgesamt sehen wir hier das Abbild einer schon nicht mehr jungen Frau - Plotina dürfte 112 zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt gewesen sein. Die Averslegende „PLOTINA AVG IMP TRAIANI“ (Plotina Augusta Imperatoris Traiani - die Kaiserin Plotina, [Gattin] des obersten Feldherrn Traian) benennt das Münzporträt eindeutig. Auf dem Revers ist eine nach links thronende Frau abgebildet. Diese ist mit einem langen Gewand, das unterhalb der Brust gegürtet ist, bekleidet. Der Kopf ist mit einem weit über den Rücken herabhängenden Schleier bedeckt. Die Füße der Frau ruhen auf einem niedrigen Fußschemel. In ihrem linken Arm hält die Frau ein langes Zepter und mit der vorgestreckten rechten Hand eine Statuette der Minerva. In diesem Münzbild ist zweifellos Vesta, die Hüterin des heiligen Feuers, zu sehen; somit wäre die Minerva-Statuette das Palladium, welches im Tempel der Vesta in Rom aufbewahrt wurde. Die Reversumschrift „CAES AVG GERMA DAC COS VI P P“ (Caesaris Augusti Germanici Dacici Consulis VI Patris Patriae - des Caesars, des Kaisers, des Germanenbezwingers, des Siegers über die Daker, der zum sechsten Mal Konsul ist, des Vaters des Vaterlandes) nennt als Ergänzung der Averslegende die weiteren Titel des Traian und setzt mit der Nennung des sechsten Konsulats einen terminus post quem, d. h. die Prägung erfolgte zwischen 112 und dem Tod Traians im Jahr 117.


Die Vorderseite des Sesterz (Abb. 3) entspricht in Münzbild und Legende dem Avers des Aureus (Abb. 2). Auf der Rückseite ist Fides dargestellt: die Personifikation der Treue in allen Bereichen, auch der Ehe, steht nach rechts gerichtet. Bekleidet ist sie mit einem langen, peplosartigen Gewand. In ihrer vorgestreckten linken Hand hält sie einen Fruchtkorb, in der gesenkten rechten befindet sich ein Ährenbündel. Fruchtkorb und Ährenbündel sind typische Attribute der Fides im zivilen Bereich. Die Umschrift „FIDES AVGVST“ (Fides Augusta - die kaiserliche Treue) erscheint nur auf Prägungen für Plotina!


Abb. 3 S, 112 - 117, Rom, RIC II Nr. 740


Plotina begleitete ihren Ehemann auch auf dessen letzten Feldzug, der sich gegen die Parther richtete. Der Aufbruch nach Antiochia am Orontes, das den Ausgangspunkt und die Basis des Partherfeldzugs bildete, erfolgte im Herbst 113. Unter den Strapazen des Krieges litt der alternde Kaiser so sehr, dass sich sein Gesundheitszustand Anfang 117 merklich verschlechterte. Daher verzichtete Traian auf weitere Eroberungen und übertrug Hadrian die Statthalterschaft Syriens und das Kommando über die Armee. Im Juli 117 verließ Traian Antiochia. Auf der Rückreise nach Rom starb Traian am 8. August 117 im kilikischen Selinus. Unklar bis heute sind die Geschehnisse kurz vor Traians Tod und eng damit verbunden die Adoption Hadrians durch Traian. Die Quellenlage hierzu ist undurchsichtig und bietet bis heute Stoff historiographischer Auseinandersetzungen. Zeugen der Adoption am Sterbebett Traians scheinen lediglich Plotina und der Prätorianerpräfekt Publius Acilius Attianus gewesen zu sein. Beide waren „Anhänger“ Hadrians und unterstützten dessen Machtübernahme. Da die Adoption Hadrians sozusagen „im stillen Kämmerchen“ erfolgte, gab es natürlich Raum für Gerüchte und damit verbunden für Zweifel an

deren Rechtmäßigkeit. Letztendlich hat sich Hadrian durchgesetzt. Auch unter Hadrian gibt es Prägungen für seine Adoptivmutter Plotina.


Abb. 4 AV, 117, Rom, RIC II-32 Nr. 26


Der am Beginn der Herrschaft Hadrians 117 in Rom geprägt Aureus (Abb. 4) zeigt die nach rechts gerichtete, drapierte Panzerbüste des Hadrian mit Lorbeerkranz. Interessant ist die im Dativ gehaltene Averslegende „IMP CAES TRAIAN HADRIANO OPT AVG G D PART“ (Imperatori Caesari Traiano Hadriano Optimo Augusto Germanico Dacico Parthico - dem Feldherrn und Caesar, Traian Hadrian, dem besten Kaiser, dem Bezwinger der Germanen, der Daker und der Parther), die sich noch sehr eng an die Münzlegenden Traians anschließt und somit auch zur Legitimation Hadrians beiträgt. Die Titel Optimus, Germanicus, Dacicus und Parthicus lehnte Hadrian ab, sie erscheinen nur am Anfang seiner Herrschaft. Auf der Rückseite sehen wir wieder die gewohnte nach rechts gerichtete, drapierte Büste der Plotina mit der Umschrift „PLOTINAE AVG“ (Plotinae Augustae). Der Bildtyp der Plotina bleibt auch unter Hadrian unverändert.


Abb. 5 AV, 117 - 118, Rom, RIC II-32 Nr. 2449


Unser letzter Aureus (Abb. 5) ist dem vergöttlichten Traian gewidmet. Traian wurde als einziger römischer Kaiser innerhalb des Pomeriums, d. h. innerhalb der Stadtgrenze Roms, beigesetzt. Er fand seine letzte Ruhestätte im Sockel der Traianssäule. Noch im Jahr 117 wurde der Beschluss der „consecratio“ Traians gefasst, die dann im Sommer des darauf folgenden Jahres vollzogen wurde. Auf dem Avers des Aureus sehen wir die nach rechts gerichtete, drapierte Büste Traians mit Lorbeerkranz und dazu die Umschrift „DIVO TRAIANO PARTH AVG PATRI“ (Divo Traiano Parthico Augusto Patri - dem göttlichen Kaiser Traian, dem Sieger über die Parther, dem [Adoptiv]Vater). Auch hier dient die Legende mit der Nennung des Vater-Sohn-Verhältnisses der Legitimation Hadrians. Die Münzrückseite zeigt wiederum das gewohnte Porträt der Plotina mit der passenden Umschrift.


Im Jahr 123 starb Plotina, noch im selben Jahr wird sie divinisiert. Unklar ist, ob ihre Urne neben ihrem Ehemann im Sockel der Traianssäule beigesetzt wurde.


Horst Herzog



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