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Franc Germinal: Das Münzgeld des Kaisers

Von Oktober 1795 an ging die Staatsgewalt in Frankreich für vier Jahre vom sogenannten Direktorium aus, einem fünfköpfigen Kollegialorgan. Mit seinem Staatsstreich vom 18. Brumaire des Revolutionsjahres VIII (9. November 1799) stieg Napoleon Bonaparte zum mächtigsten Mann des Landes auf. Die neue Machtposition erlaubte dem Ersten Konsul unter anderem, das von einer jahrelangen Papier-Inflation zerrüttete Währungssystem des Landes zu reformieren. Dabei baute er auf dem Münzgesetz vom 7. April 1795 auf, auf dessen Basis der dezimal geteilte Franc mit einem Gewicht von 4,5 Gramm Feinsilber eingeführt worden war. In Silber ausgeprägt wurden nach einem weiteren Reformschritt aber nur die berühmten „Herkules“-Stücke zu 5 Francs. So konnte Napoleon mit seinem Münzgesetz vom 17. Germinal des Revolutionsjahres XI, also dem 7. April 1803, zum eigentlichen Schöpfer der neuen Währung werden: „Fünf Gramm Silber mit einem Feingehalt von 9/10 stellen eine Währungseinheit dar, die den Namen Franc behält.“ (René Sedillot: Muscheln, Münzen und Papiere – Die Geschichte des Geldes, Frankfurt/Main 1992, S. 218). Die Währung wurde später nach diesem Datum als Franc Germinal bezeichnet.

Napoleon I. im Jahr 1800 bei der Überquerung der Alpen. [Bildquelle: Wikimedia, David].

Mit eben diesem Gesetz ist auch die Prägung von 20-Francs-Münzen legitimiert worden. Ihr Feingehalt von 6,45 Gramm Gold bedeutete, dass eine Doppelwährung mit einem Wertverhältnis von 1:15,5 zwischen Gold und Silber entstand. Die ersten Goldmünzen zu 40 und 20 Francs mit dem Porträt von Napoleon als Erstem Konsul erschienen noch im Revolutionsjahr XI. Dasselbe traf für die Silbermünzen zu 5 Francs, 1 Franc und ½ Franc zu. Vervollständigt wurde die Nominalkette aus Silber mit Prägungen zu 2 Francs und ¼ Franc, alle ebenfalls mit dem Porträt des Ersten Konsuls. Scheidemünzen zu 10 Centimes (Billon, 1807) und 5 Centimes (Kupfer, 1808) kamen später hinzu. Mit einem Gesetz vom 14. April 1803 erhielt die Banque de France als einzige Bank das Recht, Noten auszugeben. Die Rückkehr der Franzosen zu einer auf Gold und Silber basierenden Währung war nicht nur den straffen innenpolitischen Reformen Napoleons geschuldet. Jeder erfolgreiche Feldzug hatte eine enorme Kriegskontribution gegenüber Frankreich zur Folge. „Die Siege der französischen Waffen – genauer, die durch sie ermöglichte Ausplünderung der revolutionierten Länder – gaben dem Staat die erforderlichen Mittel: 1797, im Jahre des Friedens von Campo Formio, erhielt der Staat allein von der siegreichen Italienarmee Napoleons die Summe von 50 Millionen Francs.“ (Herbert Rittmann: Moderne Münzen, München 1974, S. 46, 49).

20 Francs (Frankreich, 1803, 900er Gold, 6,4 Gramm, 21 mm). [Bildquelle: Teutoburger Münzauktion, Auktion 112, Los 279].

War Napoleon anfangs noch auf Anleihen aus dem Bankensektor angewiesen, finanzierte die Beute aus den Feldzügen bald viele Ausgaben. Dies galt nicht nur für den Staat, sondern auch für den gemeinen Soldaten. Ein westfälischer Junge namens Jacob Meyer meldete sich deshalb sogar freiwillig für den Feldzug in Spanien: „Ich habe einen sehr großen seidenen Strumpf bei mir, welchen ich voll mit spanischen Dublonen nach Hause zu bringen gedenke.“ (Max Grünwald: Die Feldzüge Napoleons nach Aufzeichnungen jüdischer Teilnehmer und Augenzeugen, 1913, S. 137). Auch die Verwundeten in den Lazaretten wurden mit Geldspritzen bei Laune gehalten. Vier kaiserliche Livree-Diener waren 1809 nach den Schlachten in Österreich mit Körben voller Münzgeld unterwegs. Sie verteilten daraus 60 Francs pro Person. Mit dem Schwinden des Kriegsglück und der Kontinentalsperre gegen England wendete sich das Blatt. Nach der Niederlage von Trafalgar im Jahre 1805 war es erstmals zu Unruhen gekommen. Vor den Filialen der Banque de France bildeten sich Schlangen von Kunden, die ihre Banknoten in Metallgeld tauschen wollten: „Eine zweite Krise drohte im Jahr 1814, als die Metallreserven der Bank nur gering und der Papiergeld-Umlauf stark zugenommen hatte. Die Einlösung von Scheinen in Hartgeld musste eingeschränkt, die Massen, die sich vor den Schaltern drängten, im Zaum gehalten werden.“ (Sedillot, S. 222).

5 Francs (Frankreich, 1811, 900er Silber, 25 Gramm, 37 mm). [Bildquelle: Coinshome].
½ Franc (Frankreich, 1813, 900er Silber, 2,5 Gramm, 18 mm). [Bildquelle: Comptoir des Monnaies].

Dramatisch waren die Monate nach dem verlorenen Russland-Feldzug. „Die finanzielle Lage war besorgniserregend, der Kurs der Staatspapiere fiel in immer schnellerem Tempo. Handel, Schifffahrt, Industrie, Weinbau, öffentliche Arbeiten, alles stagnierte. Wo sollte das Geld herkommen? Bis jetzt war es immer so gut gegangen: Die braven Deutschen, Italiener und andere hatten die französischen Soldaten eingekleidet, ernährt und sich zum Nutzen der Staatskasse in Paris ausplündern lassen. Jetzt musste das ganze Geld jedoch aus dem Lande selbst kommen.“ (Jacques Presser: Napoleon – Die Entschlüsselung einer Legende, Reinbek 1979, S. 464). Überall wurde gekürzt. Die Steuern mussten erhöht werden. Allerlei zweifelhafte Papiere begannen zu zirkulieren. Das Bürgertum wandte sich von Napoleon ab. Im April 1814 war der Spuk beendet. Der Kaiser dankte ab, musste sich auf die Insel Elba zurückziehen. Von dort kehrte er Anfang 1815 noch einmal für 100 Tage zurück. In einer letzten Kraftanstrengung schlugen ihn seine Gegner bei Waterloo. Von den Kosten dieses Feldzuges zeugt eine Schatulle, in welcher der Bankier Nathan Rothschild einen Satz der in aller Welt beschafften Gold- und Silbermünzen zur Finanzierung des britischen Heeres zusammengestellt hat. Sie ist heute im Londoner Rothschild-Archiv zu besichtigen.

Schatulle mit Münzgeld zur Finanzierung der britischen Streitmacht vor Waterloo. [Bildquelle: The Rothschild Archive].

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