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Die Feldzeichen sind zurück - Signis receptis

Im Frühjahr des Jahres 53 v. Chr. zieht der römische Feldherr Marcus Licinius Crassus mit seinem Heer, bestehend aus sechs Legionen und den dazugehörenden Hilfstruppen (rund 40.000 Mann) gegen die Parther. Wohl Anfang Juni 53 v. Chr. trifft er in der Nähe von Carrhae auf das parthische Heer. In der Schlacht unterliegen die Römer, 20.000 römische Soldaten sollen getötet und 10.000 in Gefangenschaft geraten sein. Während des Rückzugs wird Crassus bei Verhandlungen mit dem parthischen General Surena ermordet. Die Niederlage bei Carrhae war eine der größten in der Geschichte Roms: neben dem Aderlass an Soldaten war der Verlust der Feldzeichen und Standarten der römischen Truppen für Rom besonders schmerzhaft.


Abb. 1 M. L. Crassus, Marmor, Ny Carlsberg Glyptothek, Kopenhagen. Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Roman_bust_in_Ny_Carlsberg_Glyptotek_(cropped).jpg.


Eine Marmorbüste (Abb. 1), in den Jahren 1885/1886 im Grabmal der Licinier an der Porta Salaria in Rom gefunden, stellt höchstwahrscheinlich Marcus Licinius Crassus dar. Crassus war Konsul in den Jahren 70 und 55 v. Chr.; er gehörte zusammen mit Caesar und Pompeius dem sogenannten „ersten Triumvirat“ an. Sprichwörtlich war sein Reichtum, laut Plutarch soll er bei seinem Tod 7.100 Talente besessen haben. Das Crassus-Porträt steht mit seinem Verismus ganz in der Tradition republikanischer Bildnisse, deutlich sind die Alterszüge zu erkennen. Andererseits strahlt das Porträt aber auch die innere Energie und Tatkraft des Dargestellten aus.


Die Wiedererlangung der bei Carrhae verlorenen Feldzeichen war eines der wichtigsten außenpolitischen Ziele Roms. Daher plante Caesar kurz vor seiner Ermordung einen Feldzug gegen die Parther. In den Jahren 36/35 v. Chr. führte Marcus Antonius einen verlustreichen und erfolglosen Krieg gegen die Parther. Ab der Mitte der 20er Jahre v. Chr. bereitete Augustus einen neuerlichen Parther-Feldzug vor. Im Jahr 21 v. Chr. reiste Augustus selbst in den Osten, parallel dazu marschierte sein Stiefsohn Tiberius mit einem gewaltigen Heeresaufgebot gen Osten. Noch bevor es zu Kampfhandlungen gegen die Parther kam, bat 20 v. Chr. der Partherkönig Phraates IV. um Frieden. Phraates gab die von Crassus und Marcus Antonius verlorenen Feldzeichen zurück und gestattete den noch lebenden römischen Kriegsgefangenen die Heimkehr. Diesen diplomatischen Erfolg feierte Augustus zum einen in seinem „Tatenbericht“:

„Die Parther zwang ich, Beute und Feldzeichen dreier römischer Heere zurückzugeben und dabei demütig bittend um die Freundschaft des römischen Volkes nachzusuchen“ (Augustus, Res Gestae 29).

Zum anderen wurde die Wiedererlangung der Feldzeichen in allen offiziellen Medien - in der Literatur, in der Plastik und natürlich auch auf den Münzen - gefeiert. Eine ganze Serie von Prägungen feiert mit dem Schlagwort "SIGNIS RECEPTIS" die Rückkunft der Feldzeichen.


Abb. 2 AV, 18/17 v. Chr., Colonia Patricia (Hispania), RIC Aug. 134a. Bildquelle: https://www.univie.ac.at/ikmk/object?id=ID558.


Auf dem Avers eines in Spanien geprägten Aureus (Abb. 2) sehen wir den nach rechts gerichteten Kopf des Augustus. Ergänzt wird das Porträt durch die im Gegenuhrzeigersinn verlaufende Legende "SPQR IMP CAESARI AVG COS XI TR POT VI" (Senatus Populusque Romanus Imperatori Caesari Augusti Consuli XI Tribunicia Potestate VI). In der Umschrift stehen Senat und römisches Volk im Nominativ und die Kaisertitulatur im Dativ. Es handelt sich somit um eine Fürprägung des Senats und des römischen Volkes für Kaiser Augustus. Bestätigt wird dies durch die Münzrückseite. Das Reversbild zeigt einen dreitorigen Triumphbogen, dessen Seitenbögen etwas kleiner als der Mittelbogen sind. Auf der Attika des Bogens steht eine Triumphalquadriga, deren Lenker man sicherlich mit dem „Partherbezwinger“ Augustus identifizieren darf. Links und rechts der Quadriga steht jeweils eine Figur, die linke hält mit ihrer Rechten ein Feldzeichen, die rechte hält in ihrer gesenkten linken Hand einen Bogen, in ihrer erhobenen rechten Hand einen Legionsadler. Zweifellos darf man in diesen beiden Figuren Parther sehen, die dem Triumphator Aquila und Feldzeichen übergeben. Das Münzbild stellt den sogenannten Partherbogen dar, der vom Senat zu Ehren des Augustus wegen der Rückgewinnung der Feldzeichen gestiftet wurde. Lokalisiert wird dieser Bogen auf dem Forum Romanum zwischen dem Tempel des Divus Iulius und dem Castortempel, wobei diese Zuschreibung nicht ganz unumstritten ist. Ergänzend dazu nennt die Reverslegende "CIVIB ET SIGN MILIT A PART RECVPER" (Civibus Et Signis Militaribus a Parthis Recuperatis - Für die Wiedergewinnung der Bürger und Militärzeichen von den Parthern) den Grund für diese Ehrung.


Abb. 3 Cistophor, 19/18 v. Chr., Pergamon, RIC Aug. 509. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18202461.


Eine dem Rückseitenbild des Aureus ähnliche Darstellung finden wir auf einem in Pergamon geprägten Cistophor (Abb.3). Auf diesem ist auf der Rückseite wieder ein Triumphbogen abgebildet, allerdings nur ein eintoriger. Vor den beiden Torpylonen steht jeweils ein Aquila, ein Legionsadler. In der Attikazone des Bogens ist die Inschrift "IMP IX TR POT V" zu lesen. Auf dem Bogen steht eine Triumphquadriga, in deren Lenker wir wiederum Augustus sehen dürfen. Im Bogendurchgang steht in drei Zeilen "SPR / SIGNIS / RECEPTIS“ (Der Senat und das römische Volk für die Wiedergewinnung der Feldzeichen). Der dargestellte Bogen lässt sich keinem der in der Literatur überlieferten Monumente zuordnen. Die Vorderseite des Cistophors zeigt wieder den nach rechts gerichteten Kopf des Augustus, die Legende im unteren Bereich der Münze „IMP IX TR PO V“ wiederholt in etwas verkürzter Form die Inschrift auf der Attika des Triumphbogens der Rückseite.


Abb. 4 D, ca 19 v. Chr., Colonia Patricia (Hispania), RIC Aug. 86a. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18207503.


Wohl im spanischen Colonia Patricia, dem heutigen Córdoba, wurde der in Abb. 4 dargestellte Denar geprägt. Seine Vorderseite zeigt wie bei den vorhergehenden Münzbeispielen den nach rechts gerichteten Kopf des Augustus, die Legende "CAESAR AVGVSTVS" ist kurz und prägnant. Auf der Rückseite bilden Inschrift und Darstellung optisch ein Quadrat, in dessen Zentrum sich ein Rundschild befindet. Die rechte Seite des Quadrats bildet ein Legionsadler, die linke eine Standarte mit mehreren Rundbildnissen. Der mittige Rundschild ist mit einem glatten Rand verziert und trägt die Aufschrift "CL V" (clipeus virtutis - Schild der Tapferkeit/Tüchtigkeit). Der „Clipeus Virtutis“ war ein Ehrenschild und Teil der Auszeichnungen, die der römische Senat Octavian im Januar 27 v. Chr. verlieh. Die restliche Reversinschrift verteilt sich oben "SIGNIS", unten "RECEPTIS" und in den vier Ecken des „Quadrats“ die Buchstaben "S - P - Q - R". Die Münzrückseite feiert zum einen durch die Inschrift und die beiden Signa die Rückgabe der Feldzeichen, zum anderen verweist sie durch das Bild des Clipeus Virtutis auf die Herrschertugenden des Augustus: virtus (Tapferkeit/Tüchtigkeit), clementia (Milde), iustitia (Gerechtigkeit) und pietas (Frömmigkeit, Achtung).


Abb. 5 D, ca 19 v. Chr., Rom, RIC Aug. 287. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18207705.


Ein stadtrömische Denar (Abb. 5) zeigt auf seiner Vorderseite nicht ein Augustus-Porträt, sondern den nach rechts gerichteten Kopf eines jungen Mannes mit klassischem Profil, mit Binde über der Stirn und mit einem Efeukranz im Haar. Dieser Kopf lässt sich zweifelsfrei mit dem des Liber Pater oder Bacchus, dem Gott des Weines, identifizieren. Eine nahezu identische Abbildung des Liber Pater findet sich auf Denaren des L. Cassius aus dem Jahr 78 v. Chr., wobei neben dem Kopf ein kleiner Thyrsosstab dargestellt ist, ein sicheres Attribut des Bacchus. Die Inschrift "TVRPILIANVS III VIR" verweist auf den Münzmeister Publius Petronius Turpilianus, wobei die Abkürzung "III VIR" für die Titulatur der Münzmeister „tresviri aere argento auro flando feriundo“ (Drei Männer für das Schmelzen und Ausmünzen von Gold, Silber und Erz) steht. Auf der Münzrückseite ist eine kniende Figur dargestellt, diese trägt eine lange Hose, ein tunika-ähnliches Obergewand und darüber einen Umhang. Der Kniende ist bärtig und er überreicht mit seiner Rechten ein Feldzeichen. Dabei ist sein Blick nach oben gerichtet auf eine imaginäre Person, in der man wiederum Augustus sehen darf. Der linke Arm des Knienden ist nach unten gestreckt, die linke Handfläche ist geöffnet. Diese Geste ergänzt bzw. verstärkt die „Übergabegeste“. Die Legende "CAESAR [AVGV]STVS SIGN RECE" benennt indirekt die kniende Figur: hier ist ein Parther - wenn nicht sogar der Partherkönig Phraates IV. - bei der Rückgabe der Feldzeichen dargestellt!


Während auf den Münzrückseiten der Abb. 2 bis 4 stets der Sieger des diplomatischen Erfolges dargestellt ist, zeigt der Denar Abb. 5 auf seinem Revers nur den Besiegten. Dies ist eine Darstellungsart, wie sie seit dem Hellenismus in der Kunst gebräuchlich wurde, d. h. es ist ausreichend, wenn der Unterworfene abgebildet ist.


Abb. 6 Augustus von Primaporta, Marmor, h 2,04 m, Rom, Vatikanische Museen; Detail Brustpanzer. Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Augustus_of_Prima_Porta_(inv._2290).jpg;

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Augustus_Primaporta_Paludamentum.jpg.


Das wohl berühmteste Bild zum Thema „Signis Receptis“ findet sich nicht auf Münzen, sondern in der Rundplastik, genauer auf der Statue des Augustus von Primaporta. Diese Marmorstatue zeigt auf dem Brustpanzer die Übergabe eines Legionsadlers: ein bärtiger, in der typischen Landestracht bekleideter Parther übergibt den Aquila an einen jugendlichen römischen Soldaten, in dem man sicherlich ein Bild des Mars, des römischen Kriegsgottes, sehen darf.


Horst Herzog

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