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Diadumenianus, Kaiser ohne Thron

Marcus Opellius Diadumenianus wurde am 14. September 208 - wohl in Rom - geboren. Sein Vater war der nachmalige Kaiser Marcus Opellius Macrinus. Der aus Caesarea Mauretaniae stammende Macrinus gehörte dem Ritterstand an und war zunächst als Jurist in Rom tätig. Dort brachte er es 212 unter Caracalla zum Prätorianerpräfekt. In dieser Funktion begleitete er Caracalla 217 bei dessen Feldzug gegen die Parther. Anfang 217 wurde Macrinus von Caracalla mit den „ornamenta consularis“, d.h. mit den Rangabzeichen eines Konsulars, und mit dem Titel „vir clarissimus“ (hochangesehener Mann) ausgezeichnet. Gleichzeitig erhielt auch sein knapp neunjähriger Sohn Diadumenianus die entsprechende Titulatur „clarissimus puer“ (hochangesehener Knabe).

Abb. 1 Bronze, Markianopolis, 217/218, AMNG I 241 Nr. 741. Bildquelle: https://ikmk-win.ch/object?id=ID1044.


Macrinus war die treibende Kraft bei der Ermordung Caracallas am 8. April 217. Drei Tage später wurde er vom Heer zum Kaiser ausgerufen und vom Senat anerkannt. Noch im April erhob Macrinus seinen Sohn in Zeugma am Euphrat zum Caesar. Im darauffolgenden Monat wurde der frischgebackene Caesar auch vom Senat als solcher bestätigt, gleichzeitig wurde ihm der Titel „princeps iuventutis“ verliehen. Mit seiner Anerkennung als Caesar nahm Diadumenianus den Beinamen „Antoninus“ an, so dass sein offizieller Name „Marcus Opellius Antoninus Diadumenianus“ lautete. Damit stellte sich der Neunjährige in eine Reihe berühmter und beim Militär hoch geachteter Kaiser, die ebenfalls diesen Namen in ihrer offiziellen Titulatur trugen: Antoninus Pius, Marcus Aurelius, Commodus und Caracalla. Der Name „Antoninus“ sollte auf die Zugehörigkeit des Diadumenianus zum Geschlecht der Antonine hinweisen und war somit ein wichtiger Aspekt für die Legitimation des jungen Caesar. Ähnlich ist auch die Annahme des Beinamens „Severus“ durch Macrinus bei seiner Thronerhebung zu werten.


Auf der Vorderseite einer Bronzemünze (Abb. 1) aus Markianopolis in der römischen Provinz Moesia Inferior sehen wir, einander zugewandt, links die Büste des Macrinus und rechts die seines Sohnes. Macrinus ist mit Panzer und Paludamentum bekleidet und trägt als regierender Augustus den Lorbeerkranz. Dagegen ist Diadumenianus barhäuptig, seine Büste ist nur drapiert. Deutlich erkennbar ist der Altersunterschied zwischen dem einundfünfzigjährigen Vater und seinem neunjährigen Sohn. Besonders ins Auge fallend ist die tiefgefurchte Stirn des Macrinus. Dieser trägt im Gegensatz zu dem Macrinus-Porträt auf einem Aureus (Abb. 2) noch einen relativ kurzen Vollbart. Die beiden Büsten werden durch die Averslegende benannt: "ΑΥΤ Κ ΟΠΕΛΛΙ CΕV M[AKPEINOC K M] ΟΠΕΛΛΙ ΑΝΤΩΝΕΙΝΟC" (auf Latein und ergänzt: Imperator Caesar Opellius Severus Macrinus Caesar Marcus Opellius Antoninus). Auf der Rückseite unserer Bronzemünze ist der Gott Hermes dargestellt, erkennbar an dem Kerykeion in seinem linken Arm und an dem Geldbeutel in der vorgestreckten Rechten.

Abb. 2 AV, Rom, 218, RIC 79c. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18204286.


Der Aureus (Abb. 2) entstammt der stadtrömischen Münzstätte. Auf der Vorderseite ist Macrinus abgebildet, jetzt aber mit einem sehr langen Bart. Die Bartlänge scheint im Lauf der kurzen Herrschaft des Macrinus immer mehr zuzunehmen, so dass man sie auch als ein Datierungskriterium betrachten darf. Daher ist dieser Aureus sicherlich ins Jahr 218 zu datieren. Bestätigt wird dieser zeitliche Ansatz durch den Revers. Dessen Bild zeigt ein hohes, mit runden Ornamenten verziertes Podest. Darauf sitzen zwei mit Toga bekleidete Figuren auf der „sella curulis“, dem Amtsstuhl der römischen Magistrate. Beide haben jeweils ihren rechten Arm nach vorne gestreckt. Die vordere Figur besitzt einen langen Bart und trägt einen Lorbeerkranz. Die beiden Togati können unschwer mit Macrinus (vorne) und seinem Sohn Diadumenianus identifiziert werden. Hinter Macrinus steht eine Person im militärischen Gewand, die in der Literatur als Offizier, als Liktor mit den Fasces oder als Angehöriger der dakischen Leibwache des Kaiser mit der Falx, einer typischen dakischen Hiebwaffe, gedeutet wird. Auf der hinteren Podestecke steht Liberalitas, die Personifikation der Großzügigkeit, eindeutig zu erkennen an dem Füllhorn im linken Arm und dem Rechen- oder Zählbrett in der vorgestreckten rechten Hand. Vor der Plattform steht ein kleiner Togatus, der seine Toga schurzförmig aufhält, um die Geldspende in Empfang zu nehmen. Interessant bei unserem Münzbild ist die Größe der einzelnen Figuren: Der Kaiser ist am größten dargestellt, dann folgen sein Sohn, der Offizier und Liberalitas; die kleinste Person ist der Spendenempfänger. Die Umschrift "LIBERALITAS AVG" erklärt die dargestellte Szene, d. h. es handelt sich hier um ein Geldgeschenk (congiarium) des Kaisers an das Volk. Die einzige Liberalitas des Macrinus wird in die Zeit März/Mai 218 datiert, was den oben genannten Datierungsansatz bestätigt. Die hier abgebildete Szene findet sich erstmals auf Prägungen Hadrians, der auch Liberalitas als eigenständige Personifikation auf seinen Münzen einführte.

Abb. 3 AV, Rom, 217/218, RIC 101. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18200735.


Ein weiterer Aureus (Abb. 3) zeigt auf dem Avers die nach rechts gerichtete Panzerbüste des Diadumenianus mit der Legende "M OPEL[lius] ANT[oninus] DIADUMENIAN[us] CAES[ar]". Wir sehen das Porträt eines Knaben mit einer kugelförmigen Kopfsilhouette. Die Haarkappe setzt sich aus kurzen, sichelförmigen Locken zusammen und lässt die hohe Stirn weitgehend frei. Die Gesichtsoberfläche ist glatt. Beherrscht wird die Gesichtskontur durch das tiefliegende Auge, die weit nach vorne ragende Nase und das vorspringende Kinn. Die Rückseite verweist mit ihrer Umschrift auf einen weiteren Titel des Diadumenianus: "PRINC[eps] IVVENTVTIS". Dieser Titel bezeichnet neben der Titulatur „Caesar“ seit Augustus die mutmaßlichen Nachfolger des regierenden Kaisers. Das Rückseitenbild zeigt Diadumenianus in militärischem Gewand. Der Caesar hält mit seiner Rechten ein Feldzeichen (Aquila), in seinem linken Arm liegt ein langes Zepter. Rechts neben Diadumenianus stehen nochmals zwei Aquilae. Das Rückseitenbild unterstreicht die enge Verbundenheit des jungen Caesar zum Militär. Diese kommt natürlich nicht von ungefähr, denn sowohl der Augustus Macrinus wie auch sein Sohn waren abhängig von der Unterstützung der Armee, um nicht zu sagen, sie waren dieser auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Abb. 4 AV, Rom, 217/218, RIC 115. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18277253.


Der nächste Aureus (Abb. 4) trägt auf dem Avers die gleiche Legende wie bei dem zuvor besprochenem. Diadumenianus ist wieder mit Panzerbüste abgebildet, allerdings ist die Kopfform jetzt noch runder und das Porträt wirkt wie das eines Kindes. Dieses Bild dürfte eher der Realität entsprochen haben als das Porträt auf dem Aureus Abb. 3. Die Rückseite zeigt das Bild der Spes, der Personifikation der Hoffnung, die in der vorgestreckten Hand eine Blume hält und mit der Linken ihr Gewand rafft. Obwohl diese Darstellung der Spes seit Claudius auf römischen Münzen gebräuchlich ist, wird sie durch die Umschrift "SPES PVBLICA" noch präzisiert. Hiermit wird die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft des Gemeinwesens angesprochen.


Diese Hoffnung wurde allerdings nicht erfüllt. Am 16. Mai 218 kam es zum Aufstand der legio III Gallica, die Elagabal zum Kaiser ausrief. Daraufhin begab sich Macrinus mit seinem Sohn von Antiochia nach Apameia am Orontos, wo die legio II Parthica stationiert war, deren Unterstützung sich Macrinus sichern wollte. In Apameia erhob Macrinus noch im Mai 218 seinen Sohn zum Augustus, um die Beständigkeit seiner Herrschaft und seiner Dynastie zu unterstreichen. Zeugnis der Ernennung des Diadumenianus zum Augustus legt ein äußerst seltener Denar (RIC Macrinus 118) der Münzstätte Rom ab. Der Avers dieser Münze zeigt die drapierte Büste des Diadumenianus nach rechts, jetzt mit Lorbeerkranz, wie es einem Augustus zukommt. Die Legende lautet: "IMP[erator] C[aesar] M[ar- cus] OPEL[lius] ANT[oninus] DIADUMENIAN[us] AVG[ustus]". Das Porträt dieser Münze besitzt große Ähnlichkeit mit dem des jungen Caracalla und mit dem des Elagabal vom Anfang seiner Regierungszeit. Das Rückseitenbild, das auch für Prägungen des Macrinus verwendet wird, zeigt Felicitas, die Personifikation des Glücks, mit der Umschrift "FELICITAS TEMPORVM". Hiermit sollte noch einmal das allgemeine Glück beschworen werden. Interessant ist die zeitliche Einordnung dieser Prägung: Diadumenianus erhält im syrischen Apameia gegen Ende Mai 218 den Augustustitel, Mitte Juni 218 wird Macrinus vom Senat in Rom zum „hostis“, also zum Staatsfeind, erklärt, und noch vor dem 13. Juli 218 wird Elagabal vom Senat offiziell als Kaiser anerkannt. Die Zeitspanne, in der die Nachricht von der Augustuserhebung des Diadumenianus von Apameia nach Rom gelangte und diese Mitteilung dann in eine Prägung umgesetzt wurde, ist extrem kurz. Die Seltenheit der Münze spricht dafür, dass diese Prägung, wenn überhaupt, nur in einer kleinen Auflage ausgegeben wurde.


Der Rest der Geschichte ist kurz erzählt. Macrinus verlor am 8. Juni 218 die Entscheidungsschlacht gegen Elagabal. Daraufhin floh Macrinus nach Kleinasien, wohl um letztendlich nach Rom zu gelangen. Um seinen Sohn in Sicherheit zu bringen, wollte Macrinus ihn zum Partherkönig Artabanos IV. schicken. Diadumenianus wurde jedoch auf der Flucht in Zeugma entdeckt, gefangengenommen und noch im Juni 218 getötet. Das gleiche Schicksal ereilte auch seinen Vater. Macrinus wurde im bithynischen Chalkedon festgenommen und auf dem Weg von Chalkedon nach Antiochia ermordet. Vater und Sohn verfielen der „damnatio memoriae“.


Wir sehen, weder die Beschwörung von Spes publica noch die von Felicitas temporum waren für Diadumenianus erfolgreich. Das Glück ist eben doch immer sehr trügerisch!


Horst Herzog

 

Die Bilder stammt aus dem sammlungsübergreifenden Internetportal IKMK. Einen Artikel in unserem Blog zu diesem Projekt finden Sie hier.

 

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