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Das Ende der chinesischen Silberwährung


Silberdollar, Yuan Shikai, sogen. Fat-Man-Dollar, 1920. Bildquelle: Heritage Auctions.

Im Geschäftsbericht der Deutsch-Asiatischen Bank für das Jahr 1934 hieß es, dass der Abfluss von Silber aus China allmählich Besorgnis erregende Ausmaße annehme:


„Die Verringerung der Silberbestände in China infolge der Verschiffungen im 2. Halbjahr 1934 dürften rund 250.000.000 Yuan betragen haben, wodurch eine empfindliche Verknappung des Geldmarktes verursacht wurde. Gerüchte einer bevorstehenden Herabsetzung des Silbergehaltes des Yuan, die zwar, da sie auch zwecklos gewesen wäre, von der Regierung entschieden dementiert wurden, führten zu einer beträchtlichen Hortung von Silber und Münzen, wodurch die Situation verschärft, der Warenexport geschädigt und die Zahlungsbilanz weiter verschlechtert wurde.“


(Bericht des DAB-Vorstandes, auf: bankgeschichte.de).

US-Senator Key Pittman (1872-1940). Bildquelle: Wikimedia, Library of Congress.

Die chinesische Regierung habe nun einen zehnprozentigen Ausfuhrzoll auf Silber verhängt. Was folgte, konnte man wenig später in einem Wochenbericht des Berliner Institutes für Konjunkturforschung lesen: „Der Ausfuhrzoll auf Silber seit dem 15. Oktober 1934 hatte zunächst zur Folge, dass noch mehr Silber von den Banken abgezogen und zum Teil auch ausgeführt wurde, da man eine Nationalisierung des Silbers und eine etwaige Währungsabwertung (mit erhöhter Papiergeldausgabe) fürchtete.“ (Silber und Geld in Asien.


Das chinesische Silberproblem; in: Wochenbericht des IfK, Nr. 29/1935, S. 122). Die nationalchinesische Regierung in Nanking beeilte sich zu verkünden, dass derartige Maßnahmen nicht geplant seien.


Silberdollar, Sun Yat-sen, Dschunke mit Vögeln, 1932. Bildquelle: Coinex, Chinesecoins.

Wie konnte es zu einer derart kritischen Situation kommen? Zur Erklärung ist es nötig, einige Jahre zurückzuschauen. In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre drohten die Notierungen für Rohsilber ins Bodenlose abzusinken. In New York fiel der Silberpreis in den Jahren 1926 bis 1932 von 63 auf 28 Cent pro Unze. In Shanghai und Hongkong kam es zu Silber-Baisse-Termin-Spekulationen.


Die Silber produzierenden US-Bundesstaaten Arizona, Colorado, Idaho, Montana, Nevada, New Mexico und Utah sahen ihr Wirtschaftsmodell gefährdet. Deren Sprecher Key Pittman setzte US-Präsident Franklin D. Roosevelt unter Druck. Bei Abstimmungen im Kongress war Roosevelt auf Stimmen der „Silberstaaten“ angewiesen. Pittman behauptete zudem, dass der niedrige Silberpreis eine der Ursachen für die Weltwirtschaftskrise sei. Mit ihren auf Silber basierenden Währungen könnten Mexiko und China zwar neuerdings billig exportieren.


Wegen ihrer entwerteten Zahlungsmittel würden sie aber nichts mehr in den USA einkaufen. Auf der Londoner Weltwirtschaftskonferenz von 1933 erreichte Pittman, dass die Länder mit großen Silberbeständen ihren Export einschränkten und Regierungen von Silber produzierenden Ländern große Mengen des Metalls ankauften. US-Präsident Roosevelt ordnete daraufhin Schatzamts-Silberkäufe von jährlich 25 Millionen Unzen über vier Jahre hinweg an. Der Silberpreis stieg daraufhin bis 1935 auf unglaubliche 91 Cent pro Unze an. Ein Abfluss der chinesischen Silbermünzen, deren Materialwert plötzlich ein Geschäft versprach, in Richtung Amerika war die Folge. Jahrelang kauften die USA das Silber der Welt.

5 Yuan, sogen. Chinesische National-Dollars, 1936. Bildquelle: Wikimedia, Handa.

Im Oktober 1934 unterband die chinesische Regierung den freien Silberhandel. Der Geldmangel bewirkte, dass sich die Zinsen verzehnfachten. Anfang 1935 brachen acht chinesische Großbanken zusammen, weitere 64 folgten bis zum Sommer. Am 3. November 1935 erklärte die Regierung von General Chiang Kai-shek das Währungsmetall zur Staatsreserve und schränkte die Eigentumsrechte ein: „Wer nicht all sein Silber, gemünzt oder ungemünzt, der Staatsbank ablieferte, wurde als ‚Hochverräter‘ mit den Tode bedroht und Tausende Chinesen tatsächlich hingerichtet.“ (Hans Zischka: Der Dollar – Glanz und Elend einer Währung, München 1986, S. 174). Zugleich sind die Silberreserven sämtlicher Banken verstaatlicht worden. Banknoten wurden zum gesetzlichen Zahlungsmittel. Für zwei Silberdollar gab es einen „Chinesischen National-Dollar“, dem ein Wechselkurs von 30 Cent der US-Währung zugeordnet wurde.


Das Land stürzte ins Chaos. Im Zuge des Bürgerkriegs und des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges (1937-1945) sah sich die Regierung immer wieder veranlasst, auf das von ihr angesammelte Edelmetall zurückzugreifen. Allein zwischen 1935 und 1937 wurden 191 Millionen Unzen Silber ins Ausland verkauft.

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