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US-Zentralbank lässt Realzins steigen und die Inflationserwartung sinken

Am 16. Juni 2021 signalisierte die US-Zentralbank (Fed), sie werde ihre ersten Leitzinsanhebungen schon 2023 vollziehen. Auf den Finanzmärkten löste diese Nachricht heftige Bewegungen aus – schließlich sollte es doch erst ein Jahr später zum Anziehen der Zinszügel kommen. Zwei Tage nach dieser Ankündigung brachte dann auch noch Fed-Ratsmitglied Jim Bullard eine erste Zinserhöhung für 2022 ins Spiel. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Der S&P 500 (= Aktienindex Standard & Poor’s 500) hat seit der Fed-Mitteilung um etwa 2 Prozent nachgegeben, der US-Dollar erlebte eine merkliche Aufwertung; der Goldpreis rutschte um fast 5 Prozent ab, der Silberpreis um 6,4 Prozent. Im Zinsmarkt stieg die 2-Jahresrendite für US-Staatsanleihen um 0,1 Prozentpunkte auf nunmehr 0,26 Prozent, die 10-jährige Rendite gab allerdings von 1,57 auf 1,43 Prozent nach – die Zinskurve ist folglich „flacher“ geworden. Eine flachere Zinskurve kann bekanntlich problematisch werden: Die Banken verdienen weniger durch die „Fristentransformation“, und das wiederum bremst ihr Kreditangebot; und versiegt der Kreditstrom, kann die Konjunktur ins Wanken geraten. Hinter der Zinsmarktreaktion verbirgt sich allerdings eine sehr bedeutsame „Verschiebung“ in der Zusammensetzung des Zinses. Die Fed-Ankündigung hat den „Realzins“ (hier dargestellt für Laufzeiten von 5 Jahren, der seit Anfang 2020 negativ ist) „weniger negativ“ werden lassen (siehe erste Abb.) und gleichzeitig die Inflationserwartungen etwas absenkt (siehe zweite Abb.).

Realzins der 5-jährigen US-Staatsanleihen (TIPS) in Prozent. [Bildquelle: Fed].
Inflationserwartung ermittelt aus 5-jährigen US-Staatsanleihen (TIPS) in Prozent. [Bildquelle: Fed].

Durch ihre „Wortakrobatik“ hat es die Fed also tatsächlich geschafft, einen für sie unangenehmen Trend zu bremsen beziehungsweise umzukehren: dass nämlich die erwarteten Realzinsen immer weiter fallen und die Inflationserwartungen immer weiter steigen – was natürlich früher oder später zu einem „wahren Desaster“ im Bondmarkt führen würde. Dieser „Erfolg“ der Fed – das heißt allein mit Worten den Schwund der Realzinsen gestoppt und die Inflationssorgen entkräftet zu haben (zumindest bis auf weiteres) – wird auf den Finanzmärkten vermutlich Erleichterung auslösen: Die Marktakteure denken, die Fed habe die „Sache im Griff“, sie braucht dazu nicht einmal sofort die Zinsen anzuheben (sondern braucht es erst in weiter Zukunft zu machen). Anders gesprochen: Die Zinsen bleiben vermutlich bis auf weiteres sehr niedrig, der Realzins bleibt negativ, rutscht aber nicht (immer) weiter ab, und die Preisinflation geht weiter, vor allem in den Märkten für Aktien, Häuser, aber vermutlich natürlich auch auf den Konsumgütermärkten. Die unmissverständlich erkennbare Zögerlichkeit der Fed, die Zinsen tatsächlich anzuheben, dürfte letztlich vor allem auch den Gold- und Silberpreisen helfen. Die Preise für diese beiden Edelmetalle sind, aus unserer Sicht, derzeit alles andere als überteuert, und sie befinden sich nach wie vor auf einem langfristigen Aufwärtstrend – weil die Fed weiter macht mit der Politik der Geldentwertung.

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