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Reichspräsident Hindenburg: Die Medaillen von Goetz und Bernhart

Am 26. April 1925 entschied Paul von Hindenburg den zweiten Durchgang der Wahl zum Reichspräsidenten für sich. Der 77-jährige Generalfeldmarschall aus dem Ersten Weltkrieg war von einem "Reichsblock" aus mehreren rechtsgerichteten Parteien zur Kandidatur überredet worden.

Reichspräsident Paul von Hindenburg um 1927, Bildquelle: Deutsches Historisches Museum.

Mit 14,7 Millionen Stimmen triumphierte er über den vom "Volksblock" nominierten Zentrumspolitiker Wilhelm Marx. Die Parteien, die ihn nominiert hatten, feierten daraufhin die "Heimkehr des alten Preußen in das neue Deutschland". Befürchtungen in Frankreich, dass die Deutschen mit der Wahlentscheidung ihre Kriegsniederlage leugnen wollten, waren nicht ganz von der Hand zu weisen. In einer Veranstaltung am 18. September 1927 zur Erinnerung an die Schlacht bei Tannenberg zeigte sich der alte Krieger denn auch widerborstig:

„Hindenburg beschwört in einer Ansprache die Unschuld Deutschlands am Weltkrieg. Die Rede, die mit Kanzler und Außenminister abgesprochen ist, ruft Entrüstung und Verstimmung im Ausland hervor.“ (1)

Innenpolitisch hielt sich der konservative Hindenburg jedoch strikt an die Weimarer Reichsverfassung. In der Kombination aus Tradition und neuem Selbstbewusstsein galt er als "Ersatzkaiser".

Fünf Reichsmark (Hindenburg, 80. Geburtstag, Karl Goetz, Probe, 900er Silber, 24,6 Gramm, 36 mm), Bildquelle: Numista, Künker.


Nach den Demütigungen der Nachkriegszeit hatte Deutschland einen Identitätsstifter bekommen. Des "neuen Kaisers" runder Geburtstag am 27. Oktober 1927 geriet folgerichtig zu einem wahren Großereignis:

„Der 80. Geburtstag des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg wird in Deutschland und Österreich mit einem Glanz begangen, wie kaum ein Feiertag bisher. Jubelumzüge und Festivitäten stehen überall im Reich auf dem Tagesprogramm. In Berlin versammeln sich 40.000 Schulkinder für den Jubilar im Stadion, Hunderttausende säumen die Straße, die er vormittags entlangfährt. In seiner Wahlheimatstadt Hannover ist die erste Seite der Morgenzeitung ihm unter der Überschrift gewidmet: Des Reiches Eckart.“ (2)

Die Münchner Illustrierte schrieb:

„Seit den Ereignissen des Zusammenbruchs hat das Reich keinen Tag mehr gesehen, den das deutsche Volk mit solcher Einmütigkeit gefeiert hat.“ (3)

Im Ausland wirkten die Militärparade in Berlin und die großen Demonstrationen dagegen befremdlich. Der Londoner Daily Telegraph bemerkte, dass man weniger dem Staatsoberhaupt gehuldigt habe, sondern einem Feldmarschall.

Medaille (Hindenburg, 80. Geburtstag, Karl Goetz, 900er Gold, 22,5 Gramm, 36 mm), Bildquelle: NumisCorner.


Im Vorfeld der Feierlichkeiten entwarf der namhafte Münchner Medailleur Karl Goetz eine Gedenkmünzen auf den Reichspräsidenten. Goetz arbeitete nicht nur in seiner frühen Schaffenszeit immer wieder an Münzproben, sondern auch zwischen den beiden Weltkriegen. Auf einer englischsprachigen Website über den Künstler heißt es allgemein:

„Während der Weimarer Republik wurden viele neue Münzen von den staatlichen Münzämtern übernommen. Die Entwürfe wurden von freischaffenden und von den Münzstätten angestellten Künstlern im Rahmen von Wettbewerben erstellt.“ (4)

Es gibt Hinweise darauf, dass die Ausgabe eines Fünf-Mark-Stückes anlässlich des 80. Geburtstages von Hindenburg geplant war. Eine Briefmarkenserie aus diesem Anlass erschien jedenfalls. Die überlieferten Fünf-Reichsmark-Proben von Goetz mit einem Hindenburg-Porträt auf der Vorderseite und dem Hauswappen des Präsidenten zuzüglich Reichsadler auf der Rückseite sind ein weiterer Hinweis. Der darauf verwendete Schild mit Reichsadler weist Ähnlichkeiten zu den ersten Gedenkmünzen der Republik auf. Dass das Hindenburg-Wappen größer ist als der Reichsadler, wirkt allerdings etwas befremdlich. Die sechs deutschen Gedenkmünzen, die zwischen 1925 und 1928 erschienen, würdigten zudem keine lebenden Persönlichkeiten, sondern weit zurückliegende Ereignisse der deutschen Geschichte. Noch im gleichen Jahr überarbeitete Goetz seine Fünf-Reichsmark-Proben. Als Gold- und Silbermedaillen mit dem Schriftzug "Deutschen Reiches treuster Diener" an der Stelle der Wertbezeichnung waren die Stücke kommerziell erfolgreich. Sie erschienen ein Jahr später auch in kleiner Variante in mit verändertem Design. Fälschlicherweise werden diese Stücke mit der Umschrift "Die Treue ist das Mark der Ehre" oft als Zwanzig-Mark-Proben bezeichnet. Insgesamt soll eine Million derartiger Medaillen verkauft worden sein. Später wurde das Motiv von Karl Goetz als "Hindenburg-Medaillon" für eine Briefmarkenserie verwendet.

Medaille (Hindenburg, Josef Bernhart, 750er Gold, 6,5 Gramm, 22,5 mm), Bildquelle: Atlas Numismatics.


Der große Erfolg der Prägungen von Karl Goetz bewirkte, dass auch der namhafte Münchner Medailleur Josef Bernhart eine Hindenburg-Medaille entwarf. Die Stücke wurden allerdings nicht in München, sondern an der Preußischen Staatsmünze in Berlin geprägt. Sie dürften anlässlich des 81. Geburtstages des Präsidenten fertig geworden sein. Das Wappen des Adelsgeschlechtes von Hindenburg und Beneckendorf auf der Rückseite wird von der Umschrift "Präsident des Deutschen Reiches" ergänzt. Die hohen Absatzzahlen der Gold- und Silbermedaillen von Goetz und Bernhart werden unter anderem damit begründet, dass sie wie die Münzen aus der Vorkriegszeit mit einem "Herrscherporträt" auf der Vorderseite und einem beeindruckenden Wappen auf der Rückseite gestaltet sind. Die Stücke aus dem Jahr 1928 kamen zudem in den Größen von Goldmünzen zu zehn und 20 Mark aus der Kaiserzeit heraus, teils sogar in gleicher Legierung. Sie dürften auch aus diesem Grund nostalgische Gefühle unter zahlreichen Nationalisten geweckt haben.

Briefmarke aus der Dauerserie mit Hindenburg-Medaillon von Karl Goetz (1932), Bildquelle: Wikimedia, NobbiP.

Der Kult um den Reichspräsidenten ebbte auch in den Folgejahren nicht ab. Zum 10. Jahrestag der Weimarer Verfassung erschienen Gedenkmünzen zu drei und fünf Reichsmark von Rudolf Bosselt mit einem Porträt des Präsidenten auf der Vorderseite und einer "Schwurhand" auf der Rückseite. Auch die Nationalsozialisten nutzten die identitätsstiftende Popularität des Reichspräsidenten für ihre Zwecke. Nach seinem Tod im Jahre 1934 kamen jedes Jahr millionenfach für den Umlauf bestimmte Hindenburg-Gedenkmünzen aus 900er Silber zu zwei und fünf Mark heraus. Erst der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beendete die Ausgabe der überaus beliebten Stücke.


Dietmar Kreutzer


Quellenangaben:

  1. Der Feldmarschall im Mittelpunkt; in: Chronik des 20. Jahrhunderts; Gütersloh 1994, S. 377.

  2. Ebenda, S. 379.

  3. Ebenda.

  4. The Art: Coin Patterns; auf: carlgoetz.com, 2013.

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