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Preisspirale: Ist der Goldpreis prognostizierbar?

Vor fünf Jahren lag der Goldpreis bei 1.800 Dollar pro Feinunze. Heute liegt er mehr als doppelt so hoch. Ist die Höhe gerechtfertigt? Die Förderkosten, brutto bei etwa 2.000 Dollar pro Unze, netto bei 1.500 Dollar, zeigen, wie ungewöhnlich der Preisanstieg ist.


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Seit der Finanzkrise von 2008 kaufen Zentralbanken kontinuierlich netto Gold.

Bildquelle: StockCake


In den Nachrichten werden die Preisschwankungen beim Rohstoff Gold zumeist damit erklärt, dass die Kriegsgefahr zunimmt oder die Zinsen herauf- oder herabgesetzt werden oder der Wechselkurs des Dollars sich verändert hat. In letzter Zeit sind es vor allem die Kriege in Gaza und der Ukraine, die als Erklärungen für den steigenden Goldpreis herangezogen wurden. Außerdem werden die Politik von Donald Trump, die sinkenden Zinsen in den Vereinigten Staaten und die Schwäche des Dollars bemüht. Solche Erklärungen sind aber nur Eckpunkte. Der Goldpreis ändert sich schließlich nicht wegen einiger genau bestimmbarer Ereignisse, sondern weil sich Käufer oder Verkäufer auf breiter Front durchsetzen. Das komplexe Geflecht aus hohen Staatsschulden, die eine Anlage in Anleihen allmählich fragwürdig erscheinen lassen, und der Gefahr einer sich abzeichnenden Inflation ist freilich typisch für einen steigenden Goldpreis. Derzeit setzen deshalb sogar institutionelle Anleger auf das Edelmetall, ablesbar an den Goldkäufen einer Reihe von Zentralbanken. Die Prognosen der Banken zur Entwicklung des Goldpreises sind daraufhin angehoben worden. Die in Aktien, Immobilien und Rohstoffe investierten Fonds reagieren, indem sie auf steigende Preise setzen. In der Hoffnung, eine kurzfristig renditeträchtige Anlage gefunden zu haben, wird Gold damit immer weiter nachgefragt.


Eine Hausse wie die aktuelle gab es übrigens schon einmal. Nach der Schließen des sogenannten Goldfensters durch US-Präsident Richard Nixon im August 1971 stieg der Goldpreis von den staatlich administrierten 35 Dollar pro Unze steil an. Ende 1978 lag er schließlich bei etwa 200 Dollar pro Unze. Trotz einer konzertierten Stützung des Dollars kletterte der Preis unter dem Eindruck einer Inflation von über elf Prozent in den Vereinigten Staaten und der neuerlichen Ölkrise nach dem Sturz des Schahs im Iran überraschend schnell. Im Verlauf des Jahres 1979 jagte ein Preisrekord den nächsten. Fast niemand hatte mit dieser rasante Hausse gerechnet. Nach dem Einmarsch der Sowjetunion in Afganistan im Dezember 1979 erreichte der Wettlauf seinen Höhepunkt. Am 21. Januar 1980 kostete die Feinunze Gold nachmittags im Londoner Fixing genau 850 Dollar. Allgemein wird davon ausgegangen, dass das Ende der Spekulation durch den Antritt von Ronald Reagan als Präsident der Vereinigten Staaten veranlasst war. Sein Politikwechsel verschaffte Kapitalanlegern traumhafte Renditen. Gleichzeitig dämmte sein Fed-Chef Paul Volcker die Inflation ein. Bis zur Einleitung einer weiteren Rekordjagd am Goldmarkt sollte es zwei Jahrzehnte dauern. Eine ähnliche Entwicklung könnte es auch im Verlauf der nächsten Jahre geben. Steigt das Vertrauen in die Wirtschaft, endet die Hausse beim Gold.


So war es auch im Jahr 2013. Jahrelang war der Goldpreis durch die Finanzkrise bestimmt. Als viele Staaten immer mehr Schulden aufnehmen mussten, um Banken zu retten, und dabei selbst immer tiefer in den Strudel bedrohlicher Schuldenlasten gerieten, flüchteten viele Anlager in das Sicherheit versprechende Gold. Der Goldpreis kannte in dieser Zeit nur eine Richtung - nach oben. Auf dem Höhepunkt der Krise im Jahr 2011 erreichte er einen Rekordwert von etwa 1900 Dollar. Als im Verlauf der Krise der Leitzins auf etwa ein Prozent sank, war das für das zinslose Gold ebenfalls ein Vorteil. Doch mit dem erkennbaren Ende der Krise lockten wieder lohnendere Investments in der Realwirtschaft. Große Anleger zogen ihr Kapital vom Goldmarkt ab. Der Kurs begann zu bröckeln. Im April 2013 stürzte der Goldpreis innerhalb von nur zwei Handelstagen um elf Prozent ab. Notierte Gold im Januar 2013 noch bei knapp 1700 Dollar je Feinunze, waren es im Dezember nur noch 1200 Dollar. Der Rücksetzer war nicht nur der ersten Jahresverlust seit dreizehn Jahren, sondern auch der größte in mehr als drei Jahrzehnten. Mit dem vermeintlichen Ende der Corona-Krise im August 2020 wiederholte sich das Szenario, allerdings in abgeschwächter Form. Zum Tagesverlust von sechs Prozent kam es im Umfeld einer gestiegenen Risikobereitschaft mit Gewinnen an den Aktienmärkten.


Langfristig prognostizierbar ist also nicht, welche Folgen das Geflecht politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen auf den Goldpreis haben wird. Klar ist nur, welcher Mindestpreis gerechtfertigt ist. Im Jahr 1936 schrieb der legendenumwobene Schriftsteller B. Traven in seinem Caoba-Zyklus den Roman Trozas. Darin ist der Satz enthalten: "Der hohe Preis des Goldes findet seine Begründung in der Seltenheit dieses Metalls und den Mühen, es zu gewinnen." Mit dieser simplen Aussage hat er im Prinzip recht. Was Gold von anderen Waren unterscheidet, ist die immense Arbeit, die in seiner Gewinnung vergegenständlicht wird. Der Aufwand für die Förderung ist in den letzten Jahrzehnten sogar gestiegen. Man geht zu ärmeren Erzen und tieferen Schächten über, und es gibt größere Schwierigkeiten mit dem Einsatz leistungsfähiger Technik. Das alles bedeutet, dass die Produktionskosten allgemein steigen und hohe Grenzkosten entstehen, die ein Ausgangspunkt für die Goldpreisbildung sind. Unter "cash cost of production" wird die Summe aus variablen Kosten (Rohstoffe, Betriebsmittel, Fertigungslöhne, Instandhaltung und Gemeinkosten) verstanden. Sie liegen zurzeit bei lediglich 1.500 Dollar pro Unze. Heute werden allerdings nicht mehr nur die reinen Cashkosten der Herstellung berücksichtigt, sondern auch die Kosten für die Prospektion. Insgesamt fallen somit 2.000 Dollar an.


Dietmar Kreutzer

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