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Numismatische Leichtgewichte: Historische Aluminium- und Bimetallprägungen

Im Unterschied zu Platin-, Gold-, Silber- und Kupfermünzen sind solche aus Aluminium sowie Medaillen aus diesem Metall numismatische Leichtgewichte. Ein Blick in die Literatur ergibt, dass die erste Synthese von Aluminium im Jahr 1825 dem dänischen Chemiker Hans Christian Ørsted gelang. Die Herstellung von reinem Aluminium in Pulverform bewerkstelligte 1827 der Chemiker Friedrich Wöhler. 1854 gewann Henri Sainte-Claire Deville in Frankreich das Metall, indem er eine Mischung aus Kochsalz und Aluminiumchlorid mit Natrium reduzierte. Dank der Unterstützung des französischen Kaisers Napoleons III. baute Deville eine Experimentalfabrik auf und präsentierte auf der Pariser Weltausstellung von 1855 unter dem Werbeslogan „Silber aus Lehm“ einen Block aus reinem Aluminium.

Die Aluminiummedaille der russischen Eisenbahngesellschaft  von 1858 mit dem Denkmal Peters des Großen in Sankt Petersburg war zu ihrer Zeit ein besonders kostbares Präsent, da das Leichtmetall damals ähnlich teuer wie Gold war. Bildquelle: Caspar.


In dieser Zeit war die Herstellung des ungewöhnlichen Metalls so teuer, dass man es mit Gold aufwog. Einem Bericht von Peter Hammer ist zu entnehmen, dass 1852 ein Kilogramm Aluminium mit 480 Mark, jedoch 1865 nur noch mit 30 Francs berechnet wurde. (1) Der Preisverfall war rasant, denn in wenigen Jahrzehnten hatte sich Aluminium von einem kostbaren Stoff in ein billiges, allseits verfügbares und einsetzbares Metall verwandelt. Frankreich spielte bei der Herstellung des Leichtmetalls eine führende Rolle und hier wurde auch mit Aluminiummünzen experimentiert. Wann die ersten Exemplare geprägt wurden, ist nicht leicht zu sagen. Peter Hammer nennt als Beispiel eine Probeprägung von 1883 zu fünf Francs von der Insel Madagaskar, die unter französischem Einfluss stand. Der Herstellungsprozess von Aluminium war anfangs noch sehr umständlich und teuer war. Entsprechend ungewöhnlich war es daher, Umlaufmünzen aus diesem Metall herzustellen. Doch konnte man Aluminium im Laufe der Zeit immer preiswerter produzieren und so erstaunt es nicht, dass schon bald immer mehr Münzen und Medaillen aus diesem Metall hergestellt wurden. Zu den ältesten Zahlungsmitteln dieser Art gehören 1/10 Pennystücke von 1906 für Britisch-Westafrika, Halbcentstücke von 1908 für Britisch-Ostafrika sowie weitere für die französischen Kolonien hergestellte Kleinmünzen.

Nur als Probe in Paris geprägt, zählt das madagassische Fünf-Francs-Stück von 1883 zu den Raritäten der Neuzeit. Die Erwähnung der Königin Ranavalona III. täuscht darüber hinweg, dass der Inselstaat von den Franzosen beherrscht und abhängig war. Bildquelle: Caspar.


Während des Ersten Weltkriegs stellte man im Deutschen Reich Kleingeld und Notmünzen aus Aluminium her, weil Buntmetall für die Kriegsindustrie gebraucht wurde. Frühe Beispiele dafür sind Aluminiumpfennige mit dem kaiserlichen Adler aus dem Jahr 1917. Pläne, weitere Werte aus diesem Metall herzustellen, wurden nicht verwirklicht. 1919 gab die nach der Abschaffung der Monarchie in der Novemberrevolution 1918 gegründete Weimarer Republik Fünfzigpfennigstücke mit der Aufschrift "Sich regen bringt Segen" und danach einige Kurs- und Gedenkmünzen aus dem Leichtmetall in Werten zwischen drei und 500 Mark heraus. Als Sammelstücke mitunter beliebt sind die „Alu-Chips“ der DDR. Sie verschwanden 1990 von der Bildfläche und wurden in riesigen Mengen zur Gewinnung von Bierdosen, Autofelgen und anderen Erzeugnissen aus Leichtmetall eingeschmolzen. Die Aluminiummünzen der frühen DDR zeigen Symbole für den Zwei- und den Fünf-Jahr-Plan, die aus Hammer und Ähre gebildet wurde, ergänzt durch den Zirkel. Das Wappen der Arbeiter-und-Bauern-Macht erhielt erst in den 1950er Jahren seine endgültige Form und wurde 1959 offiziell der schwarz-rot-gold gestreiften Fahne hinzugefügt.

Der aus zwei Metallen bestehende Rechenpfennig des französischen und polnischen Königs Henri III. betont in Bild und Schrift, dass sich der Friede auf Waffen stützt oder anders gesagt, dass der Frieden bewaffnet sein muss. Bildquelle: Caspar.


Viel älter als Münzen und Medaillen aus Aluminium sind die so genannte Bicolores oder Bimetallmünzen. Diese aus zwei unterschiedlichen Metallen bestehenden und daher auch verschieden gefärbten Prägungen hat es schon im 16. Jahrhundert gegeben, wie das Beispiel eines französischen Rechenpfennigs von 1579 zeigt. Doch haben  sich diese Sonderlinge wegen der komplizierten Prozedur beim Zusammenfügen der beiden Elemente erst mit dem Prägehammer und ab dem 17. Jahrhundert mit der Spindelpresse nicht durchgesetzt. Erst in unseren Tagen sind Bimetallmünzen aus unseren Portemonnaies nicht mehr wegzudenken. Während andere Staaten schon länger solche Stücke kennen, kamen sie in Deutschland und unseren Nachbarstaaten vermehrt seit Beginn des Euro-Zeitalters heraus.

Aus Silber und Gold  besteht das 1994 geprägte Tausend-Schilling-Stück aus Österreich, das die 1000 Jahre alte Wiener Münze feiert. Bildquelle: Caspar.


Bei den Euromünzen sind die kleinsten Nominale zu ein, zwei und fünf Cent mit einer Kupferauflage versehenen. Es folgen die aus der Legierung „Nordic Gold“ geprägten Ausgaben zu zehn, 20 und 50 Cent. Die 1- und 2-Euro-Stücke sind Bimetallmünzen. Das 1-Euro-Stück besteht aus einer Kombination der Farben Gold und Silber, also aus einem Ring aus Nordic Gold sowie einer Pille aus einer Nickellegierung. Zur besseren Unterscheidung ist die Reihenfolge bei der Ausgabe zu zwei Euro umgekehrt, denn hier ist der silberne Ring um die goldene Pille gelegt. Große Ziffern signalisieren, um welche Werte es sich jeweils handelt. Die Europäische Zentralbank versprach sich von dem komplizierten Herstellungsverfahren größere Fälschungssicherheit. Doch wie sich zeigt, sind Betrüger nicht faul, wenn es um die Nachahmung auch dieser Münzen geht. Dass ihnen das angesichts der technischen Schwierigkeiten nicht perfekt gelingt, mag ein wenig trösten.


Helmut Caspar


Quellenangaben:

  1. Vgl. Numismatischen Beiträge, Heft I/1976, S. 54ff.

  2. Siehe Numismatisches Nachrichtenblatt, Heft 4/2021, S. 128f.

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