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Münze. Macht. Wissen. Die Münzen und Medaillen der Klassik Stiftung Weimar

Aktualisiert: 7. Juli

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Klassik Stiftung Weimar/Sebastian Dohe (Hrsg.):

Münze. Macht. Wissen. Die Münzen und Medaillen der Stiftung Weimar

Sandstein Verlag, Dresden 2025,

272 S., 38 Euro

ISBN 978-3-95498-867-9
















Die von Sebastian Dohe im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar herausgegebene Publikation stellt einen substantiellen Beitrag zur Numismatik, zur Sammlungsforschung und zur Kulturgeschichte dar. In ihrem Anspruch, das Münzkabinett der Klassik Stiftung Weimar nicht nur als Objektbestand, sondern auch als kulturgeschichtliches Zeugnis zu analysieren, verbindet der Band vorbildlich Objektforschung mit methodischer Reflexion und interdisziplinärer Perspektivierung.


Das Werk gliedert sich in zwei Hauptteile: einen einleitenden Teil mit vier Essays, wissenschaftlichen Beiträgen, die zentrale Aspekte der Sammlungskontexte und Forschungsmethoden beleuchten, sowie einen umfangreichen, thematisch gegliederten Katalogteil, der die Objekte der Sammlung in historische Narrative einbettet. Die großzügige Gestaltung und die hohe Qualität der typografischen und bildlichen Aufarbeitung unterstützen die wissenschaftliche Nutzung und machen den Band auch für ein breiteres kulturhistorisch interessiertes Publikum attraktiv.


In seinem Eröffnungsbeitrag zeichnet Sebastian Dohme die Geschichte des Weimarer Münzkabinetts nach. Diese Sammlung ist nicht nur wegen ihrer Objekte, sondern auch aufgrund der Biografien ihrer Sammler – insbesondere in der Goethezeit – von besonderer Bedeutung. Dohe stellt das Sammeln von Münzen als kulturelle Praxis im Wechselspiel zwischen wissenschaftlichem Interesse, herrschaftlicher Repräsentation und bildungsbürgerlichem Ideal dar.


Gunnar R. Dumke widmet sich in seinem Beitrag Goethes numismatischen Interessen. In „Goethe und seine Münzsammlung” wird nicht nur die Sammlungsgeschichte Goethes auf Grundlage originaler Quellenmaterialien rekonstruiert, sondern auch sein Verständnis von Geschichte und Ästhetik anhand von Münzen analysiert. Der Beitrag öffnet dabei ein Fenster zur Sammel- und Wissenskultur des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts und macht deutlich, wie sehr Goethe auch in diesem Bereich als typischer Vertreter des Bildungsbürgertums seiner Zeit gelten kann.


Ein besonders innovativer Beitrag stammt von Iris Kolomaznik. In ihrer Untersuchung ungewöhnlicher Präsentationsformen, insbesondere der sogenannten „Glasschuber in Gabelkonstruktion“, eröffnet sie eine gänzlich neue Perspektive auf museologische Gestaltung. Dabei wird die Präsentation nicht als bloßes Beiwerk, sondern als integraler Teil der Wissensvermittlung begriffen.


Alexander Methfessel schließt den Teil der Essays mit einem Beitrag zur digitalen Bildanalyse ab. Darin beleuchtet er aktuelle technische Möglichkeiten zur Materialbestimmung numismatischer Objekte. Hervorzuheben sind hierbei die methodische Präzision und die Verbindung von naturwissenschaftlicher Analyse mit kunsthistorischer Fragestellung – ein Paradebeispiel für interdisziplinäre Forschung.


Der anschließende Katalogteil ist in sieben thematische Abschnitte gegliedert. Bemerkenswert ist die narrative Struktur, die nicht nur einer chronologischen Systematik folgt, sondern epochenübergreifende Themen wie „Dynastiegeschichte(n)“, „Krieg und Frieden“ oder „Geprägter Glaube“ aufgreift. Diese Herangehensweise ermöglicht es, Münzen nicht nur als historische Artefakte, sondern auch als semantisch aufgeladene Medien politischer, religiöser und sozialer Kommunikation zu betrachten.


Die Objektbeschreibungen sind präzise, reich an Kontextinformationen und mit großformatigen Abbildungen versehen. Die wissenschaftliche Fundierung der Einträge wird durch die Verwendung aktueller Forschungsliteratur ebenso deutlich wie durch den Verzicht auf bloße Aufzählungen. Stattdessen treten Interpretation und Kontextualisierung in den Vordergrund.


Ein besonderer Höhepunkt ist die Sektion „Aus Goethes Sammlung“, in der erstmals eine systematische Zusammenschau der von Goethe selbst gesammelten Münzen präsentiert wird. Hier ist die Sammlung nicht nur als kulturelles Kapital Goethes sichtbar, sondern auch als Ausdruck seiner historischen Imagination und ästhetischen Ordnungsvorstellungen.


Der Band ist weit mehr als nur ein Katalog. Er ist ein methodisch reflektierter Beitrag zur Kulturgeschichte des Sammelns, zur historischen Numismatik sowie zur museologischen Praxis. Insbesondere durch die Verbindung von Klassischer Philologie, Geschichtswissenschaft, Kunstgeschichte und digitalen Analyseverfahren setzt die Publikation Maßstäbe für zukünftige Sammlungspräsentationen.


Gleichzeitig gelingt es dem Herausgeberteam, Münzen als kulturelle Medien ernst zu nehmen und sie nicht nur als Forschungsgegenstände zu betrachten. In einer Zeit, in der Museen ihre Rolle als Orte kritischer Wissensproduktion zunehmend überdenken, ist dieser Band ein mustergültiges Beispiel für eine wissenschaftlich fundierte und gestalterisch herausragende Präsentation materieller Kultur.


Münze. Macht. Wissen ist ein wissenschaftlich anspruchsvolles, methodisch innovatives und ästhetisch gelungenes Werk, das die Münz- und Medaillensammlung der Klassik Stiftung Weimar in neuem Licht erscheinen lässt. Er richtet sich an Numismatikerinnen und Numismatiker ebenso wie an Kulturhistorikerinnen und -historiker, Museumstheoretikerinnen und -theoretiker und ein interessiertes Fachpublikum. Als Sammlungskatalog und wissenschaftliches Kompendium setzt es Maßstäbe.


Andreas Raffeiner



Kurzfilm mit Erläuterungen von Sebastian Dohe auf Youtube:



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