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Liberia: kupferne 1/2-Dollar-Probe von 1889

Die Küste des heutigen westafrikanischen Landes Liberia wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts von portugiesischen Seefahrern entdeckt. In Europa wurde sie später unter der Bezeichnung „Pfefferküste“ bekannt. Europäische Handelsniederlassungen wurden hier allerdings nie etabliert, da die einheimische Küstenbevölkerung sich solchen Versuchen stets widersetzte. Ab 1822 entstanden östlich von Kap Mesurado und entlang der Küste kleine Siedlungen freigelassener Sklaven aus den USA. Deren Ansiedlung war von der „American Colonization Society“ unter James Monroe u. a. philanthropischen Gesellschaften iniziiert, finanziert und gefördert worden. Diese freigelassenen amerikanischen Sklaven kolonisierten das Land gegen den Widerstand der einheimischen Bevölkerung und riefen am 26. Juli 1847 die unabhängige Republik Liberia aus, deren Hauptstadt nach US-Präsident James Monroe, Monrovia genannt wurde. Die neue Republik hatte auch eine Verfassung angenommen, doch stattete diese die einheimische Bevölkerung mit minderen Rechten aus, wodurch die amerikanischen Liberianer, deren Zahl sich um 1865 auf etwa 18.000 belief, zu den führenden Kräften im Land aufstiegen. Auch wurden die „Amerikoliberianer“ bis weit ins 20. Jahrhundert hinein von den USA aus unterstützt.

In Anlehnung an die US-amerikanische Währung hatte die Repbulik Liberia 1847 ebenfalls die Dollarwährung angenommen und zwar auf der Grundlage: 100 Cents = 1 Liberian Dollar. Doch prägte man 1847 nur motivgleiche 1- und 2-Centstücke, die vorderseitig einen Liberty-Kopf mit Freiheitsmütze und rückseitig eine Ölpalme, sowie die U.S.S. „Alligator“ mit den ersten Siedlern vor der Küste Liberias im Hintergrund zeigen.

Liberia. 1 Cent 1847, Kupfer, Ø 26 mm. [Bildquelle: MA-Shops, ENUMISMAT, USA].

Ehe man dann allerdings gegen Ende des Jahrhunderts – 1896 um genau zu sein – zu einer umfangreicheren Münzprägung schritt und Münzen zu 1, 2, 10, 25 und 50 Cents verausgabte, wurden Probeprägungen hergestellt, wie beispielsweise die nachfolgende Halb-Dollar-Probe in Kupfer von 1889.

Republik Liberia. Half-Dollar-Probe 1889 (Kupfer). 14,79 g [Dickabschlag], Ø 30,6 mm. [Bildquelle: F. R. Künker, eLive Auktion 66, Teil 1 (4.-6. Mai 2021), Los 658].

Sieht man sich diese Probe – die es übrigens auch in Silber, verkupfertem Silber, Aluminium und Kupfernickel gibt – genauer an, so fällt dem in der amerikanischen Numismatik etwas Bewanderten sofort auf, wie sehr sich die Rückseite dieser an damals umlaufenden amerikanischen Half Dollars in Silber orientiert. Genau wie diejenigen, zeigt nämlich auch sie einen heraldischen Adler mit Wappenschild auf der Brust sowie mit Ölzweig und Pfeilen in den Fängen.

USA. Half Dollar 1883, 900er Silber, 12,44 g, Ø 30,6 mm. Münzstätte Philadelphia (ohne Mzz.). [Bildquelle: MA-Shops, David Lawrence Rare Coins, USA].

Sogar das amerikanische Motto IN GOD WE TRUST wurde auf der Probemünze übernommen. Der einzige sofort ins Auge springende Unterschied ist der 5-eckige Stern auf dem Wappenschild des Adlers, den die Probe hat, das amerikanische Original aber nicht. Dieser Stern findet sich auch wieder auf der Vorderseite der Probe und zwar auf der Freiheitsmütze der Liberty-Allegorie. Die Freiheits-Allegorie der Probe wurde übrigens von dem liberianischen 1 Cent (Abb. 1) übernommen.


Überaus interessant ist jedoch, dass man dann 1896 bei der Emission der tatsächlichen Umlaufwährung trotzdem völlig neue Wege ging und sich überhaupt nicht an der Probe von 1889 orientierte. Zwar fand sich auch auf den Münzen von 1896 vorderseitig ein Freiheitskopf amerikanischen Stils, aber nicht mehr mit Freiheitsmütze, sondern mit Lorbeerkranz im Haar. Und das „50-Cent-Stück“ (von 1896 und 1906), wie der halbe Dollar nun hieß, zeigt rückseitig nur die Wertangabe und das Emissionsjahr innerhalb eines Lorbeerkranzes und keinen Adler mehr.

Liberia. 50 Cents 1906, 925er Silber, 10,96 g, Ø 30,6 mm. [Bildquelle: MA-Shops, Münzen & Medaillen-Gallerie Knopek, Köln].

Warum es die Bildmotive der Kupferprobe von 1889 letztlich nicht in den Zahlungsverkehr schafften, wissen wir nicht. Vielleicht erweckten sie insgesamt zu sehr den Eindruck einer liberianisch-amerikanischen „Zwittermünze“ oder entsprachen um 1896 einfach nicht mehr dem numismatischen Zeitgeist. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass es sich bei den meisten Proben der Periode 1888-1890, laut Krause/Mishler, um inoffizielle privat gesponserte Ausgaben handelte. (Vgl. Chester L. Krause / Clifford Mishler (Hrsg.): Standard Catalog of World Coins. 1801-1900, Iola / Wisconsin 1996, S. 768).


Unter Sammlern und Numismatikern dürfte diese Probe aber dennoch Begehrlichkeiten wecken, zumal sie heute von großer Seltenheit ist und zudem ein Schlaglicht ganz besonderer Art auf die numismatische Entwicklung Liberias wirft. #Liberia #USA #Sklaven #Umsiedlung #Dollar #halberDollar #Pfefferküste #RepublikLiberia #Probe #Probeprägung #JamesMonroe #Monrovia #MichaelKurtSonntag


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