Nachdem Ptolemaios I. das Diadem angelegt und sich in Memphis zum Pharao von Ägypten hatte krönen lassen (306/305 v. Chr.), schritt er schon recht bald daran, das Erscheinungsbild seiner bis dahin umlaufenden Münzen noch einmal grundlegend zu ändern – dies glaubte die Mehrheit der Numismatiker bis 2018. Folgt man allerdings Catharine C. Lorber und ihrem Standardwerk „Coins of the Ptolemaic Empire. Part I: Ptolemy I through Ptolemy IV, New York 2018“, dann änderte Ptolemaios I. die Bildmotive seiner Königsmünzen erst Jahre nach seiner Thronbesteigung. Die erste Münze, die von dieser ikonographischen Veränderung betroffen war, war der Goldstater, den Ptolemaios ab 299 v. Chr. emittierte. Nun genügt ein Blick auf die folgende Abbildung, um festzustellen, dass diese Änderung recht radikal war. Und dies nicht allein deshalb, weil die Münze völlig neue Bilder und Umschriften erhalten hatte, sondern weil Ptolemaios der erste der Diadochen war, der sein eigenes Porträt auf die Münzen setzen ließ. Der neue Goldstater zeigt nämlich vorderseitig den Porträtkopf des Königs mit Diadem und Aigis nach rechts gewandt.
Sieht man sich die Rückseite etwas genauer an, so stellt man fest, dass Ptolemaios zum einen auch seine Königstitulatur eingeführt hatte – PTOLEMAIOY BASILEOS ([Münze] des Königs Ptolemaios) – und zum anderen den von ihm um 321 v. Chr. ins Leben gerufenen „Alexanderkult“ nicht einfach beendete, nachdem er König geworden war. Der Lenker der Elefanten-Quadriga, der in seiner Rechten den Blitz des Zeus hält, ist nämlich kein Geringerer als Alexander der Große. Die enge Verbindung zwischen Ptolemaios und Alexander sollte also auch noch Jahre nach der Thronbesteigung für jedermann sichtbar sein. Ganz offensichtlich versprach sich Ptolemaios hiervon eine glaubhaftere Legitimierung seiner Königsherrschaft.
Ab 294 v. Chr. beendete der König allerdings die Prägung der erwähnten Goldstatere und emittierte stattdessen goldene „Trichryson“ = Dreifachstatere (auch Pentadrachmen genannt) und goldene „Tetarte“ = ⅒ Trichryson. Darüber hinaus verausgabte er noch silberne Oktodrachmen (8-Drachmen-Stücke) und silberne Tetradrachmen. Alle diese Münzen tragen auf ihren Vorderseiten das Porträt des Ptolemaios mit Diadem und Aigis, wie schon der Goldstater zuvor, und zeigen rückseitig das persönliche Wappen des Ptolemaios – den Adler des Zeus auf dessen Blitzbündel.
Weil dieser Diadoche der erste war, der sein eigenes Bildnis auf die Münzen setzte, haben wir mit diesen Münzen auch das erste individuelle Porträt eines hellenistischen Herrschers. Aber Ptolemaios erscheint hier genauso wie Alexander auf seinen früheren Münzen „noch als Gott <verkleidet>“. Trägt er doch die Aigis, „die magisch wirkende schildartige Wunderwaffe des Zeus.“ (Dietrich O. A. Klose: Von Alexander zu Kleopatra. Herrscherporträts der Griechen und Barbaren, München 1992, S. 26). Zwar ist das Bildnis des Ptolemaios im Gegensatz zu dem Alexanders des Großen sehr viel weniger idealisiert, doch ist es deshalb noch „nicht wirklich realistisch“, wie Klose zu Recht betont. (Klose, ebenda, S. 26). Sicher, der ptolemaiische König erscheint nicht jugendlich schön wie Alexander, findet sich doch in seinem Gesicht eine kräftige Nase, dicke Wülste über den Augen und ein stark hervortretendes Kinn – was durchaus reale individuelle Gesichtszüge sein dürften –, doch ist auch er deutlich jünger dargestellt, als er zum Zeitpunkt der Münzprägung war. Zudem verleihen ihm seine „pathetische Kopfhaltung“ und seine „bewegten Haare“ etwas gewollt Heroisches. Haare und Kopfhaltung „sollen Ptolemaios als göttlich inspirierten Retter, Soter, herausheben.“ (Klose, ebenda, S. 26). Mit anderen Worten, das Porträt zielt darauf ab, die Stärke und Erfahrung des Königs auszudrücken und so eine kraftvolle, energische Persönlichkeit hervorzuheben. Im Übrigen blieb dieses Bildnis Ptolemaios I. bis zum Ende des Ptolemaierreichs (30 v. Chr.) im Gebrauch, da es die Vorderseiten beinahe aller ptolemaiischen Tetradrachmen zierte. Häufig erscheint es jedoch im Stil degeneriert oder zumindest ganz anders, was Numismatiker wie Klose damit erklären, „dass man versuchte, dem Bild eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Herrscher zu verleihen, unter dem es geprägt wurde.“ (Klose, ebenda, S. 26). Dieser Beitrag wird am 12.07.2021 fortgesetzt.
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