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Die Blattgoldmünze

Eine Goldmünze zu einem akzeptablen Preis? Wer wünscht sich das nicht. Und dazu wird die Münze in einer attraktiven Plastikbox, einem sogenannten Blister geliefert. Die Plastikbox ist so gestaltet, dass die wahre Dicke der Münze nicht auffällt. Und, was sind schon 1/200 Unze? Wer kann sich wirklich darunter etwas vorstellen? Das Sammeln dieser Münze scheint sehr interessant zu sein, weil es praktisch alle bekannten Goldmünzen vom Krügerrand bis zum Maple Leaf auch als Münze von einer 1/200 Unze gibt, zu einem durchaus angemessenen Preis. Man kann sich so eine gesamte Sammlung aller berühmten Goldmünzen anlegen und in der praktischen Plastikbox sogar vorzeigen ohne darauf zu achten, dass die Münze beschädigt werden könnte. Und zusätzlich wird in vielen Anzeigen auch noch darauf hingewiesen, dass Anlagegold gemäß § 25c des Umsatzsteuergesetzes steuerbefreit ist. Hinzu kommt, alle diese Münzen haben einen gleichen Durchmesser, nämlich 4 cm.


Für mich war es klar, ich wollte eine solche Münze kaufen. Ich sammle neben den Originalen des Westfälischen Notgeldes auch deren Nachprägungen, Fälschungen und Münzen auf falschem Zain sowie vergoldete und versilberte Stücke.


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Die Münze sieht im Hartplastik-Blister durchaus attraktiv aus. Die Angaben zum Feingold machen ebenfalls Eindruck.


Die Enttäuschung kommt, sobald man die Plastikbox öffnet und die vermeintliche Münze herausnimmt. Das werden sicherlich nur wenige Sammler tun. Was man vorfindet, ist eine Folie mit etwas Gelbem darin. Was geht hier vor, man hat doch eine Münze gekauft, oder?


Dabei ist es mathematisch ganz einfach nachzuvollziehen. Eine Unze Feingold mit einem Feingehalt von 999,9 Promille wiegt ca. 32 g (es kommt nicht so genau darauf an...). 1/200 Unze sind somit in etwa 0,16 g Feingold, welches eine spezifische Dichte von 19,32 g/cm3 hat.


Somit wiegt ein Gold-Würfel mit der Kantenlänge von jeweils 1 cm eben diese 19,32 g. Wie dick ist aber jetzt eine Münze mit einem Durchmesser von 4 cm und einer Masse von 1/200 Unze?


Mit

Volumen = Münzenmasse / spezifische Dichte kommt man auf

Volumen = 0,16 g / (19,32 g/cm³ )

Volumen = 0,0082 cm³, das ist schon sehr wenig.


Die Fläche der Münze beträgt

Fläche = Radius Radius p

Fläche = 2 cm 2 cm 3,14

Fläche = 12,56 cm2


Die Dicke der Münze ist damit

Dicke = Volumen / Fläche

Dicke = 0,0082 cm3 / 12,56 cm2

Dicke = 0,0006528 cm

oder

Dicke = 0,006528 mm

oder ungefähr

Dicke = 1/100 mm, also etwas weniger, aber darauf kommt es wohl nicht an.


Ich habe es mit einer Mikrometerschraube mehrfach nachgemessen, um einen Messfehler durch einen unterschiedlichen Anpressdruck möglichst auszuschliessen. Die doppelte Folie ist am Rand etwa 0,250 mm dick. In der Mitte, dort wo die Münze liegt, beträgt die Dicke inklusive der doppelten Folie etwa 0,256 mm. Damit ist die Dicke der Münze von ca. 0,006 mm verfiziert.


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Der Messvorgang. Man sieht, die dünn die Münze in der doppelten Klarsichtfolie ausfällt.


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Dazu das Messergebnis: eine Dicke von etwa 0,256 mm für die doppelte Folie und die Münze. Das stimmt mit dem ungefähr theoretisch ermittelten Wert überein. Dabei ist die Toleranz in der Berechnung und in der Messung durchaus vernachlässigbar.


Wie stellt man eine solche Münze her? Autolack hat eine Dicke von etwa 0,1 mm, ist also bedeutend dicker. Auch andere Materialien wie Einwegfolien oder Plastiktüten sind viel dicker als diese Goldmünze. In der Literatur wird man fündig, hier zuerst eine kurze Zusammenfassung über die Eigenschaften von Gold in Metall und Münze von Dr.-Ing. Peter Hammer (Battenberg-Verlag, Regenstauf 2025):


„Gold ist duktil und sehr dehnbar. Als Beispiel, ein Gramm Gold läßt sich zu einem Faden von drei Kilometer Länge und einer Dicke von 0,0047 mm verformen.“


Wikipedia schreibt zu Blattgold:


„Blattgold wird nach der ausgeschlagenen Dicke unterschieden:

Einfachgold (etwa 100–110 nm) = 0,0001 mm

oftmals nicht extra als Einfachgold gekennzeichnet. Ist ein Blattgold nicht ausdrücklich als besonders haltbar oder doppelt gekennzeichnet, handelt es sich um Einfachgold.

Doppelgold (etwa 200–220 nm) = 0,0002 mm

wegen seiner Dicke und geringen Porosität gerne für Außenarbeiten verwendet.

Dreifachgold (etwa 300–330 nm) = 0,0003 mm

für besonders beanspruchte Außenvergoldungen verwendet.

Ein Gramm Gold ergibt bei der üblichen Dicke von 0,1 Mikrometer (100 Nanometer) eine Fläche von etwa einem halben Quadratmeter. 


Damit wäre es kein großes Problem eine solche Münze in einer Dicke etwa 0,006 mm herzustellen. Die Münze ist immer noch mehr als zwanzigfach so dick wie Dreifachgold. Mit Hilfe einer solchen dicken Blattgoldfolie lassen sich durch Walzen Texturen und eben auch Münzprofile nachbilden. Und die Färbung? Gerade bei Blattgold ändert sich die Farbe des Goldes mit der Verteilung und der Größe der Goldteilchen sowie der Dicke (siehe dazu o. a. Buch von Dr.-Ing. Peter Hammer). Damit lassen sich Profile und auch vermeintliche plastische Dickenunterschiede recht günstig darstellen.


Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, eine solche Münzfolie herzustellen:


Drucken: auch ein 3D-Druck ist möglich. Spezielle Drucker, die als Stereolithographen arbeiten, können Gold bis auf eine Dicke von 100 nm drucken. Damit wäre der Druck einer zehnfach dickeren Münze möglich, aber zu welchem Preis? Solche Geräte und auch der Lack sind teuer.


Lasersinthern ist eine weitere Option des Druckens. Hierbei wird Gold in Pulverform aufgetragen und mit einem Laser verschmolzen. Die Technik ist aufwändig und teuer. Daher bieten nur größere spezialisierte Unternehmen diese Herstellung an.


Zuletzt noch zu den Kosten der Herstellung einer solchen Goldmünze durch Walzen: 1 g Gold kostet bei Degussa derzeitig weniger als 90 Euro. Hier sind es gerade mal 1/6 g, also im Wert ca. 15 Euro. 25 Blatt Dreifach-Blattgold 8 cm x 8 cm kosten gemäß Internet bei verschiedenen Anbietern etwas mehr als 100 Euro. Damit lassen sich pro Blatt vier Münzen durch Walzen herstellen.


Fazit: Gewalzte Münzen aus Blattgold scheinen durchaus eine preisgünstige Sammelalternative zu sein. Das Problem ist allerdings, diese Münzen haben mit dem Original sehr wenig gemein und sind somit für den reinen Münzsammler sicher nicht attraktiv. Sammelt man neben den Originalen auch Nachprägungen und Fälschungen, mag es durchaus Sinn machen, sich auch eine solche „Münze“ aus 999,9er Feingold mit einer Masse von 1/200 Unzen zuzulegen.


Thomas Enke

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