Münzen werden nicht geputzt, das weiß im Grunde jeder Sammler. Doch wie oft aber wird aus Unwissenheit den empfindlichen Geprägen Gewalt angetan, indem man ihnen mit Mitteln zu Leibe rückt, die sich höchstens für Silberbesteck, Kupferkessel oder Messinglampen eignen. Beim Putzen verschwinden auf geprägtem Metall feinste Details auf Nimmerwiedersehen. Außerdem wird bei vielen Stücken vor allem alte Patina beseitigt, die ein wichtiges Echtheitsmerkmal darstellt und die Substanz schützt. Wertverlust und letztlich verminderte Freude an den Sammelstücken sind die Folge solch rigorosen Vorgehens.
Seine schlechten Erfahrungen im Umgang von Laien mit alten Geldstücken fasste der begeisterte Münzen- und Medaillensammler Johann Wolfgang von Goethe in seinen „Wahlverwandtschaften“ (II, 6) so zusammen: „Wenn Sie wüssten, wie roh selbst gebildete Menschen sich gegen die unschätzbarsten Kunstwerke verhalten, Sie würden mir verzeihen, wenn ich die meinigen nicht unter die Menge bringen mag. Niemand weiß eine Medaille am Rand anzufassen; sie betasten das schönste Gepräge, den reinsten Grund, lassen die köstlichsten Stücke zwischen dem Daumen und Zeigefinger hin- und hergehen, als wenn man Kunstformen auf diese Weise prüfte.“ Aus gutem Grund warnte Goethe, Münzen zu putzen, denn „Das ist es ja was man begehrt, / Der Rost macht erst die Münze wert“. (Faust II, Vers 8223-24).
Was ist zu tun, wenn man eine stark verschmutzte Münze bekommt, ein korrodiertes, angefressenes, verbogenes, vergoldetes, gehenkeltes, durchlöchertes oder sonst wie misshandeltes Stück? Wie weit darf die Reinigung von Münzen, Medaillen und Geldscheinen gehen, und wie „scharf“ dürfen die Mittel sein, um schlecht erhaltenen Exemplaren ein passables Aussehen zu verleihen? Welche chemischen und mechanischen Reinigungsverfahren gibt es und wann sollte man besser den Ist-Zustand bewahren? Was sagen Fachleute zur Aufbewahrung von Münzen in Schubfächern, Tüten oder Plastikalben? Hilfe bieten numismatische Ratgeber wie das im Battenberg Gietl Verlag erschienene „Handbuch zur Münzenpflege“ von Wolfgang Mehlhausen. Das mit vielen Bildern ausgestattete Buch umfasst 173 Seiten und kostet 10 Euro (ISBN 3-924861-56-0). Darin wird anschaulich erläutert, wie unterschiedliche Metalle miteinander reagieren und die Frage beantwortet, ob es denn gut ist, verschmutzte Stücke zu reinigen. Der Verfasser rät zu großer Vorsicht und empfiehlt, am besten die betreffenden Stücke so zu belassen wie sie sind.
Manchmal stehen Sammler vor der Frage, ob man leicht gekrümmte Münzen glatt und platt klopfen sollte. Bei genauem Hinsehen zeigt es sich jedoch, dass Stücke diese von der Norm leicht abweichende Kontur durch die vor allem im 17. Jahrhundert praktizierte Walzenprägung erhalten haben. Also ist man gut beraten, den historischen Zustand zu respektieren. Wenn man vergoldete Stücke bekommt, ist das misslich, aber man sollte auch hier nichts verändern, denn es handelt sich um einen historischen Zustand, der auf die Verwendung des betreffenden Prägestücks für Schmuckzwecke hinweist. Schließlich muss aber jeder selbst entscheiden, ob eine angelötete Öse entfernt oder ein Loch gestopft werden soll.
Bei rigorosem Herangehen an Münzen, die alt und gebraucht aussehen, kann man zumindest als Laie eigentlich nur alles falsch machen. Wer sich unbedingt an numismatische Kostbarkeiten wagt, sollte zuvor an billigen Objekten die Folgen seines Eingriffs studieren. Stets muss beachtet werden, dass das, was bei einer Münze und Medaille weg ist, ein für alle Mal verschwunden bleibt. Aus niedrigen Erhaltungsstufen „gut“ oder „schön“ lässt sich in der Regel nun mal kein „vorzüglich“ entwickeln. Im Zweifelsfall sollte man sich an einen Metallrestaurator mit Expertise für Münzen und Medaillen wenden oder Hilfe in einem unserer Münzkabinette suchen. #JohannWolfgangVonGoethe #Münzreinigung #Münzrestaurierung #Henkel #Henkelspur #Vergoldung #Walzenprägung #WolfgangMehlhausen #HandbuchZurMünzpflege #Verschmutzung #Metallrestaurator #HelmutCaspar
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