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Der Kampf um den Sol: Reisebilder aus Peru

Im Jahr 1974 reiste der ostdeutsche Geologe und Schriftsteller Kurt Kauter (1913–2002) durch Peru. Seine Eindrücke schilderte er später in einem Band mit Reportagen. Bevor er vom Flughafen in Ost-Berlin abreiste, hatte ihm der peruanische Botschafter eine Schrift mit dem Titel Vale un Perú in die Hand gedrückt, was so viel heißt wie: Kostet einen Perú. Der Titel war ein geflügeltes Wort zur Zeit der Konquistadoren gewesen, die jahrhundertelang Unmengen von Gold und Silber aus Peru nach Spanien schafften: „Un Perú war nicht nur bares Goldgeld, er schien ein sicherer Wechsel auf die Zukunft der Räuber zu sein. So sah es aus zu Zeiten der Spanier, der Engländer mit dem von ihnen angeheizten und zum Sieden gebrachten Kautschukboom, der US-Amerikaner mit ihren Holzschlägen in den amazonischen Wäldern, den Kupferminen, dem Erdöl.“[1] Während seines Aufenthaltes besichtigte Kauter die Region Cajamarca, wo bis heute peruanisches Gold gefördert wird, und die reichen Lagerstätten von Silbers in Peru: „Seit 1890 ließ der peruanische Staat in Nachfolge der Spanier rund um den Cerro de Pasco Silbererz für seine Münzanstalt abbauen.“[2]


Regierungspalast Palacio de Gobierno in Lima, auch als Casa de Pizarro bekannt [Wikimedia, Delso]


Über Jahrhunderte kursierte das Gold- und Silbergeld der spanischen Kolonialherren. Mit dem Ende der spanischen Herrschaft im Jahr 1821 wurden deren goldene Escudos und silberne Reales unter peruanischem Wappen weitergeprägt. Im Jahre 1863 experimentierte die Regierung mit einer Doppelwährung nach dem Vorbild der Lateinischen Münzunion. Das Experiment scheiterte jedoch. Im Zahlungsverkehr setzte sich der silberne Sol zu 100 Centimes durch. Nach dem sogenannten Salpeterkrieg wechselte Peru unter dem Einfluss der Vereinigten Staaten und der Briten im Jahre 1897 zur Goldwährung. Die goldene Libra entsprach in Gewicht und Feingehalt dem britischen Sovereign. Auf eine Libra kamen zehn silberne Soles. Das Silber war zu Scheidemünzen degradiert worden. Während des Ersten Weltkriegs musste der Goldstandard suspendiert werden. Einige Jahre nach Kriegsende kehrte die Goldwährung zeitweilig zurück. Für 2½ Soles wurde nun ein US-Dollar gezahlt. Nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise von 1929 verfiel die Währung jedoch. Im Jahre 1935 wurden die letzten Silbermünzen durch Ausgaben aus Messing ersetzt: „In die Nachkriegszeit trat der Sol de Oro mit einem Dollar-Kurs von etwa 15,5 Soles (1952) ein. 1955 war er auf 19 Soles gesunken; er gehörte nun zu den weicheren Währungen Südamerikas; 1967 betrug sein Kurs etwa 27 Soles und Mitte 1972 waren auf dem freien Devisenmarkt 43,50 Soles erreicht.“[3]


Peru. 1 Sol de Oro (Kursmünze) von 1966. Bronze, 9,2 g, 28 mm [NGC]


In Erinnerung an bessere Zeiten stand auf den bis 1965 hergestellten Umlaufmünzen zu einem halben und einem ganzen Sol: „El banco central de reserva del perú paraga al portador un sol de oro“. Die Worte bedeuteten, dass die Zentralbank von Peru dem Einlieferer einen goldenen Sol auszahlen würde. Goldmünzen wurden zu dieser Zeit aber nur noch für Anleger hergestellt. Erst auf den Ausgaben des Jahres 1966 fiel das irritierende Versprechen auf den Kursmünzen weg. Die ab 1950 jährlich für Goldanleger hergestellten Münzen umfassten fiktive Nennwerte von 20, 50 und 100 Soles. Ab 1956 kamen auch noch kleinere Ausgaben zu 5 und 10 Soles hinzu. Verkauft wurden sie zum aktuellen Metallwert zuzüglich einer Handelsspanne. Die Motive auf der Vorder- und Rückseite entsprachen jenen der Silbermünzen der Jahre 1864–1916 und 1922–1935. Lediglich die Umschriften wurden verändert. Bis zum Jahr 1970 sind diese Goldstücke jedes Jahr in kleinen Stückzahlen hergestellt worden. Eine Ausnahme gab es im Jahr 1966, in dem die Lima Mint den 400. Jahrestag ihrer Gründung beging. Insgesamt 50.000 Münzen des höchsten Nennwertes von 100 Soles wurden in jenem Jahr hergestellt, davon 27.000 mit einem speziellen Motiv. Auf der Rückseite ist inmitten der Umschrift zum Jubiläum eine historische Silbermünze zu 8 Reales aus dem Jahr 1565 abgebildet. In einer wesentlich kleinen Auflage erschienen in jenem Jahr noch weitere goldene Gedenkmünzen zu 20, 50 und 100 Soles. Mit ihnen wurde der 100. Jahrestag der Schlacht von Callao begangen, einer Seeschlacht des Jahres 1866 zwischen Peru und Spanien.


Peru. 10 Soles de Oro (Kursmünze) von 1969. Kupfer-Nickel, 10 g, 31 mm [NGC]


Trotz der reichen Bodenschätze blieb der größte Teil der Bevölkerung arm. Als Kurt Kauter ein Archäologisches Museum besichtigen wollte, riet man ihm, höchstens 30 Soles für das Taxi zu zahlen. Touristen sind für die Einheimischen nämlich eine leichte Beute: „Der Fahrer des Taxis, das ich anhalte, taxiert mich auf 60 Soles. Ich habe wenig Zeit und steige ein. Es ist das älteste Vehikel der Welt. Seine Einzelteile sind nur noch mit Bindedraht und Lack zusammengehalten.“[4] Als Kauter einen Polizisten heranwinken wollte, senkte der Fahrer wütend seinen Preis: „40 Soles.“[5] Von dem gesparten Geld leistete sich Kauter nach der Fahrt ein anständiges Frühstück. Doch die Geschäftstüchtigkeit der Peruaner kannte keine Grenzen. Einige Tage später wollte ihm ein abgerissener Bursche am Eingang seines Hotels einen guten Tipp geben. Kauter: „Kautschuk?“ – „Nein, Gold.“ – „Was kostet der Tipp?“ – „Tausend Dollar.“[6] Es handle sich um eine todsichere Sache. In drei bis vier Tagen inklusive Bootsfahrt könne Kauter reich sein. Der Schriftsteller winkte ab. Wenig später traf er auf einen obdachlosen Jungen, der sich als „Gambler“ Carlos vorstellt. Für zwei Soles zeigte ihm dieser ein Spiel, bei dem eine Kugel möglichst viele andere berühren muss: „Wir kämpfen verbissen. Er gewinnt immer. Meine Schuld beträgt schließlich sieben Soles – da gebe ich mich geschlagen, zahle. Der Junge strahlt. Sein Frühstück ist gesichert.“[7]


Peru. 100 Soles (Bullionmünze) von 1969. 900er Gold, 46,8 g, 37 mm

[Heritage World Coin Auctions, NYINC Signature Sale 3021/22426]


Quellen

  1. Kurt Kauter: Perú – costa sierra montaña. Rudolstadt 1976, S. 6.

  2. Ebd., S. 303.

  3. Herbert Rittmann: Moderne Münzen. München 1974, S. 268.

  4. Kauter, S. 62.

  5. Ebd.

  6. Ebd., S. 249.

  7. Ebd., S. 262.


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