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Die goldenen Münztafeln der Shogune


Japans „Reichseiniger“ Toyotomi Hideyoshi (1537-1598). Bildquelle: Pinterest, Ghost.

Im Zeitalter der streitenden Reiche (1477-1573) stieg der Sohn eines Bauern zum mächtigsten Mann Japans auf: Toyotomi Hideyoshi (1537-1598). Eine TV-Doku aus der Reihe Schliemanns Erben zeichnete vor einiger Zeit den Lebensweg dieses legendären Kriegsherrn nach. Ein Schauplatz waren die mächtigen Mauern der Burg von Osaka, der Bastion des legendären Reichseinigers. Doch nicht nur die Mauern sollten seine Gegner beeindrucken. „Auch das pure Gold der Fassade soll jedem sagen: Hier herrscht der mächtige Hideyoshi, mit dessen Reichtum ihr es nicht aufnehmen könnt.“ (Peter Prestel, Das Gold der Samurai, Deutschland 2006). Handwerker und Künstler verzierten die Innenräume seiner Residenz mit wertvollen Hölzern und Goldapplikationen, hieß es in dem Beitrag: „Für die von ihm so geliebte Tee-Zeremonie ließ er einen ganzen Raum vergolden. Das legendäre Bernsteinzimmer verblasst vor dieser Verschwendungssucht, die Hideyoshi auch mit seiner Kleidung demonstrierte. Ein goldener Mantel mit aufgehender Sonne, dem Symbol des geeinten Japans.“ (ebenda).

Seine Samurai belohnte er großzügig. Der Historiker Wolfgang Schwendker, Professor am Institut für vergleichende Zivilisationsforschung an der Universität Osaka, erläutert die Loyalität der Streitmacht gegenüber ihrem Anführer: „Ein ganz wichtiges Instrument ist zweifellos die Ausgabe von Goldgeschenken in Formen von Oban, größeren Goldmünzen, und Koban an die engeren Vasallen. Wir kennen hier aus dem Jahr 1589 Begebenheiten, dass Hideyoshi seine engsten Vasallen, etwa 300, in seiner Residenz in Kyoto zusammengerufen hat und in Form eines Festes diese für seine Loyalität belohnt hat.“ (ebenda). Mit dem Gold, das zahllose Tagelöhner auf der westlich von Japan gelegenen Insel Sado zutage förderten, bezahlte der Feldherr seine gigantische Streitmacht. Besonders wertvolle Münzen versah der neue Herrscher mit einer persönlichen Widmung.

Oban, Japan, 1860, Gold, 134x81 mm ,113,1 g. Bildquelle: British Museum (Kennzeichen 1947.0604.3).

Doch welche Bedeutung hatte der Feldherr und Politiker für das japanische Münzwesen insgesamt? Er begründete eine besondere Münztradition. Ab dem 12. oder 13. Jahr der Shokuho-Jahre (1584/85) ließ er große ovale Goldtafeln herstellen. Ihr Name war Tensho Hishi Oban. Umgangssprachlich wurden sie Obankin genannt, was so viel wie goldener Oban bedeutet. Ein Oban war etwa 17 Zentimeter lang und 10 Zentimeter breit. Ihm wurde ein Gewicht von 44 Monme zugeordnet, was etwa 165 Gramm entsprach. Der Goldgehalt lag ursprünglich bei fast 90 Prozent. Der Wert entsprach einer Tonne Bronzemünzen zum Nennwert von einem Mon. Mit seinem Reingewicht von etwa 150 Gramm Feingold war der Oban seinerzeit die größte im Umlauf befindliche Goldmünze der Welt: „Es gab in Japan damals eine spezielle Münzstätte für die Goldmünzen, die Kinza. Sie wurden in einer anderen Technik hergestellt als das Bronze- oder Silbergeld. Das Gold wurde zunächst mit Silber legiert und dann zu Platten ausgewalzt. Diese schnitt man zurecht und wog sie. Dann versah man sie in Goldschmiedetechnik mit einem Ornament. Mithilfe kleiner Prägestempel in vorgeschriebener Form wurde ihnen die eigentliche Legende aufgeprägt. Zum Schluss erhielten sie noch eine Tuschaufschrift, die von den Münzbeamten der Familie Goto aufgezeichnet wurde. Diese gab unter anderem das Sollgewicht von 44 Monme an.“ (Japan - Geld- und Münzgeschichte, in: Das Fenster in der Halle der Kreissparkasse Köln, Thema 59, Juli 1965, S. 5). Um einen Abrieb der Schrift zu vermeiden, sind die Münzen zudem verpackt worden.

Ishibu-Kin, Japan, 1650, Gold, 37 mm, 15 g. Bildquelle: Numista, Heritage Auctions.

Jene Münztafeln mit einem Nennwert von 10 Ryo waren so wertvoll, dass sie im Alltag keine Verwendung fanden: „Vielmehr dienten sie als repräsentative Geschenke und als Bezahlung bei großen Handelstransaktionen wie dem Import von Seide und Porzellan aus China.“ (Geld im Reich der aufgehenden Sonne II – Japans Weg zum Yen, siehe www.moneymuseum.com, S. 4). Im Jahr 1603 wurde Tokugawa Ieyasu (1543-1616) zum Nachfolger von Toyotomi Hideyoshi gekürt. Mit ihm begann in Japan die Zeit der Tokugawa-Shogune. Sie wird als Edo-Periode bezeichnet, nach der Hauptstadt jener Shogun-Dynastie. Tokugawa Ieyasu übernahm das bisher nur regional geltende Münzgewicht des Ryo auf der Basis von etwa 15 Gramm Gold für ganz Japan. Zur goldenen Standardmünze erklärte er den Koban im Gewicht eines Ryo.

Bu Gin, Japan, 1837-1854, 900er Silber, 24x15 mm, 8,6 g. Bildquelle: Original Skin Coins.

Daneben gab es Teilstücke wie den Ishibukin. In mehreren Landesteilen kursierten neben den Zahlungsmitteln aus Gold und Bronze aber traditionell Silberbarren und Silbermünzen: „So waren denn seit dem 17. Jahrhundert in Japan zwei verschiedene Währungssysteme in Gebrauch. Die Goldwährung setzte sich vor allem im Osten Japans durch. Neben den Goldmünzen Koban und Ichibu Kin dienten Kupfermünzen als Kleingeld. Im Westen Japans dagegen herrschte die Silberwährung; außer den Silberbarren waren große Silbermünzen (Keicho Chogin) und kleine Silbermünzchen (Keicho Mameitagin) in Umlauf.“ (Ebenda, S. 6). Die Preise im Handel zwischen den Regionen musste in den Wechselstuben daher immer wieder neu bestimmt werden. Das über lange Zeit funktionierende System drohte erst zu kollabieren, als das Edelmetall im Zuge des internationalen Handels ins Ausland abfloss. Die schwindende Metallbasis des Geldes bewirkte, dass die kursierenden Gold- und Silbermünzen über Jahrzehnte hinweg immer leichter wurden. Eine galoppierende Inflation mit zuletzt extremen Preissprüngen war die Folge. Das Land versuchte sich gegen den Einfluss der fremden Mächte vehement zur Wehr zu setzen. Die Isolation hatte jedoch dauerhaft keinen Bestand: amerikanische Kriegsschiffe erzwangen 1853 die Öffnung des Landes. Ein neuer Kaiser übernahm das Zepter. Die alte Feudalaristokratie wurde beseitigt. Mit der Meiji-Restauration gab es ab 1867 die nötigen Reformen; die Ära der Shogune war zu Ende!


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