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Die Jahrhundertmünze


Seit April 2015 zeigt das Museum August Kestner in Hannover „Die Jahrhundertmünze“. Die Präsentationsreihe konzentriert sich – alle drei Monate wechselnd – immer auf eine Münze und beleuchtet ihren historischen Hintergrund. Verantwortliche Kuratorin ist Dr. Simone Vogt, der wir auch die Texte verdanken.

Alle bisher präsentierten Jahrhundertmünzen werden gleichzeitig in einer Sonderausstellung gezeigt, die bis zum 28. April 2019 verlängert wurde.

Wir zeigen Ihnen bei muenzen-online.com alle Jahrhundertmünzen aus Hannover, hier die Jahrhundertmünze Nr. 16 und dann voranschreitend im vierteljährlichen Rhythmus des Museums August Kestner. Noch schöner sehen Sie die Münzen nur im Museum August Kestner, Trammplatz 3, 30159 Hannover; Öffnungszeiten: Di-So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr, Mo geschlossen.

Die 16. Jahrhundertmünze:

10. Jahrhundert nach Christus

China, Song-Dynastie, 960-976 n. Chr., 1 Ch’ien, Bronze

Inv.-Nr. Schlösser 22.38

Alle bisherigen Jahrhundertmünzen stammen aus dem europäischen Raum oder aus einem geographischen Gebiet, das im weiten Umkreis des Mittelmeeres liegt. Das bedeutet allerdings nicht, dass ausschließlich in diesen Regionen seit langer Zeit Münzen geprägt werden. Erstaunlicherweise hat man sowohl im Westen als auch im Fernen Osten um 600 v. Chr. begonnen, nach Gewicht genormte Metallstücke als Zahlungsmittel zu verwenden.

Als Stellvertreter für die ebenso traditionsreiche und jahrhundertealte Münzgeschichte im kaiserlichen China zeigen wir von Januar bis März 2019 ein Geldstück vom Beginn der Song-Dyanstie: ein 1 Ch’ein-Stück. Der Münzherr ist der Kaiser Taizu, der die Dynastie begründete und von 960 bis 976 n. Chr. regierte.

Auf der Vorderseite ist durch die beiden Schriftzeichen oben und unten das so genannte Nian Hao angegeben, ein Äraname, der für die Regierungszeit des jeweiligen Herrschers steht und so die Münze datiert. Die Schriftzeichen rechts und links stehen für Bao Tong, was soviel bedeutet wie „allgemeines Geld“ oder „gültige Münze“. Obwohl aufgrund von Handel und Kulturkontakten westliche Münzen mit dem Porträt eines Herrschers in China bekannt waren, führte man ein Bildnis als Münzmotiv erst im 20. Jahrhundert im Fernen Osten ein.

Die Rückseite ist bis auf eine unscheinbare Sichel als Münzzeichen unbeschriftet. Zu dieser Sichel gibt es eine reizvolle Legende: Sie sei ursprünglich der Abdruck des Fingernagels der berühmtesten Konkubine der Tang-Dynastie namens Yang Guifei (719–756) gewesen.

Das Museum August Kestner besitzt eine deutschlandweit bedeutende Sammlung von rund 6000 Münzen aus Asien, die einen großen Zeitraum abdecken, beginnend mit der Frühzeit der chinesischen Münzherstellung bis zum 20. Jahrhundert.

Die meisten asiatischen Münzen wurden in Bronze gegossen und nicht geprägt. Nachdem zunächst Geld in verkleinerter Form von Spaten oder Messern gefertigt wurden, hat man im 3. Jh. v. Chr. angefangen, runde Münzen mit einem quadratischen Loch herzustellen. Über 2000 Jahre lang bis zum frühen 20. Jahrhundert behielten die so genannten Käsch-Münzen diese runde Form mit einem eckigen Loch bei. Der Name Käsh hat übrigens nichts mit dem englischen Wort Cash für Bargeld zu tun, sondern geht auf das indische „karscha“ zurück, was „kleine Kupfer-Münze“ bedeutet.

Die charakteristische Gestalt ist auf drei Gründe zurückzuführen, von denen einer philosophischer und zwei praktischer Art sind. Auch dies mag zur Langlebigkeit beigetragen haben: Die Chinesen glaubten an eine quadratische Form der Erde und eine Kuppelform des Himmels. Dies soll sich symbolisch in der Münze abbilden, zumal der Kaiser als Vermittler des Himmels an die Menschen galt, was sich auch in seiner Funktion als Münzherr ausdrückt. Einer der beiden praktischen Gründe für die Durchlöcherung der Münzen geht auf den Herstellungsprozess zurück. Viele Münzen wurden zusammen in eine flache Form gegossen, wobei die einzelnen Geldstücke zwangsläufig durch Gusskanäle miteinander verbunden waren. Nach der Trennung der Einzelstücke stapelte man sie durch die Löcher auf Stöcke. Danach konnten die Ränder der gestapelten Münzen, an denen noch Reste der Gussverbindungen waren, abgeschliffen werden. Nicht zuletzt erleichterte das Loch in der Mitte der Münze den Transport, denn man fädelte die Münzen in der Regel auf.

Nur wenige Quellen berichten über Kaufkraft und Preise im alten China. Immerhin ist bekannt, dass um 1000 n. Chr. zur Zeit der Song-Dynastie 20.000 Käsch-Münzen für ein Pferd bezahlt werden mussten. Bei diesen Bronze-Münzen handelt es sich also um Kleingeld. Selten sind diese Münzen nicht.

Song Taizu, Begründer und erster Kaiser der Song-Dynastie (reg. 960–976)

Bildquelle: wikipedia, Song-Dynastie


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