Vom Holstentor zum Klimahaus: Die „Zwei-Euro-Architektur“ der Deutschen
- Dietmar Kreutzer
- vor 4 Stunden
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Im Bildprogramm der Zwei-Euro-Gedenkmünzen der Serie Bundesländer II wird das erweiterte Profil ablesbar. Im Januar 2026 erscheint das Motiv Klimahaus Bremerhaven 8° Ost. Ein Jahr später folgt der Aachener Dom auf einer Zwei-Euro Rückseite. Bayern folgt 2028 mit der Nürnberger Kaiserburg. Die Serie soll 2038 enden, mit dem Bauhaus Weimar als Thüringer Motiv. Man darf gespannt sein, wie die architektonischen Motive umgesetzt werden. Der Auftakt der Serie zur Hamburger Elbphilharmonie (2023) und den drei folgenden Motiven ist vielversprechend. Jüngst vorgestellt wurde die Bremer Münze mit dem Klimahaus. Das Klimahaus im Hafenviertel von Bremerhaven, das 2009 eröffnet wurde, präsentiert Wissens- und Erlebniswelt rund um das global bedeutsame Thema des Klimas. In der Begründung der Jury zum ausgewählten Entwurf der Münze von Bodo Broschat heißt es: "Man erlebt das futuristische Ensemble der Wissens- und Erlebniswelt in einer überraschenden und eindrucksvollen Perspektive von schräg unten. Die stark fluchtende Ansicht verschmilzt die eigentlich heterogenen Gebäudeteile aus Glasbrücke, elliptischem Ausstellungsbau und Turm zu einem fulminanten maritimen Bild. Der schiffsartige Eindruck der Architektur, die zwei Möwen am Himmel sowie die Andeutung des Hafens verbildlichen stark und anschaulich Bremen als Wissensstandort am Meer." (1) Zur Wahl der gestalterischen Mittel führt die Jury aus: "Die Modellierung der Münze ist handwerklich zugleich präzise und plastisch. Beeindruckende Lichtverläufe lassen die Materialität der gebauten Klimahüllen spürbar werden. Die moderne Schrifttype ist zwischen Himmel und Stadtlandschaft ruhig platziert. Die Jahreszahl 2026 findet in einem Kranz von Fischen im Hafenbecken ihren richtigen Platz." (2)

Klimahaus in Bremerhaven
Bildquelle: Wikimedia, Rademacher

2 Euro (Deutschland, 2026, Bremen, Klimahaus, Bimetall, 8,5 Gramm, 26 mm)
Bildquelle: Bundesverwaltungsamt
Im Deutschen MünzenForum wird das Ergebnis weniger überschwänglich gelobt. Der User Seltengast konstatierte etwas gelangweilt: "Eine Gesamtansicht, das Übliche eben. Ich finde, da hätte man mehr machen können. Aber vielleicht sieht das Teil durch seine Rundungen in Natura besser aus. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt." Ein User namens Deichmann entgegnete: "Die fünf Fischlein gefallen mir. Möwen wurden gegenüber der Königsstuhl-Münze um ein Stück aufgestockt." Baron Münzhaufen bekam angesichts der Münze spontan Appetit auf ein Fischbrötchen. Er fragte, worum es sich bei der "Anhäufung" im Vordergrund links der Treppenstufen handeln könnte. Antwort: "Wahrscheinlich ein Möwenschiss." Onkel Sam beurteilte den Entwurf etwas sachlicher, insbesondere die beiden Vögel, mit denen die Freifläche oberhalb des Gebäudes gefüllt wurde: "Die Möwen machen die Münze lebhafter, viel besser als die eintönige Bundesländerserie I. Aber die Fische machen das Ganze wieder absurd. Wellen, Wasservögel oder ein kleines Boot wären sicherlich realistischer." Dem User Presspappe lief die Diskussion etwas aus dem Ruder. Er suchte die Nörgler zu beschwichtigen: "Meines Erachtens schon deutlich schöner, mutiger und aussagekräftiger designt als frühere deutsche Münzen. Sicherlich keine Bestleistung, aber man hat Hoffnung, dass sich langsam etwas bewegt." Ein weiterer User pflichtete bei: "Ergo ist das Motiv sehr gelungen umgesetzt und zumindest bei mir hat es dazu geführt, mich mit dem Klimahaus zu beschäftigen und einen innerfamiliären Reisetipp auszugeben." (3)

2 Euro (Deutschland, 2006, Schleswig-Holstein, Holstentor, Bimetall, 8,5 Gramm, 26 mm)
Bildquelle: Ebay, Wesermünze

2 Euro (Deutschland, 2007, Mecklenburg-Vorpommern, Schweriner Schloss, Bimetall, 8,5 Gramm, 26 mm)
Bildquelle: Wikimedia, Pr142
Die Zwei-Euro-Gedenkmünzen der Bundesrepublik starteten 2006 mit der Serie Bundesländer I. Das erste Motiv zeigt das Lübecker Holstentor für das Bundesland Schleswig-Holstein (Entwurf: Heinz Hoyer). Die zweite Gedenkmünze präsentiert das Schweriner Schloss für Mecklenburg-Vorpommern (Entwurf: Heinz Hoyer). Es folgten ein Motiv der Hamburger Michaeliskirche (Entwurf: Erich Ott) und die Ludwigskirche in Saarbrücken für das Saarland (Entwurf: Friedrich Brenner). Fortgesetzt wurde die Serie im Jahr 2010 mit dem Rathaus inklusive Rolandsstatue für Bremen (Entwurf: Bodo Broschat) und im Jahr darauf mit dem Kölner Dom für Nordrhein-Westfalen (Entwurf: Heinz Hoyer). Es folgte das Schloss Neuschwanstein für Bayern (Entwurf: Erich Ott). Die Serienmünze des Jahres 2013 war ein zweigeteilter Entwurf zum Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg (Entwurf: Eugen Ruhl). Als nächste Motive wurden die Kirche Sankt Michael in Hildesheim für Niedersachsen (Entwurf: Erich Ott) und die Frankfurter Paulskirche für Hessen (Entwurf: Erich Ott) präsentiert. Es folgten der Dresdner Zwinger für Sachsen (Entwurf: Jordi Truxa), die Porta Nigra in Trier für Rheinland Pfalz (Entwurf: František Chochola) und im Jahr 2018 das Schloss Charlottenburg für Land Berlin (Entwurf: Bodo Broschat). Das Motiv des Bundesratsgebäudes in Berlin wird zwar oft zur Bundesländerserie gerechnet, erschien aber eigentlich zum 70. Jahrestag des Bundesrates. Abgeschlossen wurde die Serie mit Schloss Sanssouci für Brandenburg (Entwurf: Jordi Truxa), dem Magdeburger Dom für Sachsen-Anhalt (Entwurf: Michael Otto) und im Jahr 2022 mit der Wartburg für das Bundesland Thüringen (Entwurf: Olaf Stoy).
2 Euro (Deutschland, 2024, 175. Jubiläum Paulskirchenverfassung, Bimetall, 8,5 Gramm, 26 mm)
Bildquelle: Münze Deutschland
Die historischen, symbolträchtigen Gebäude der Bundesländer sind in der Serie Bundesländer I zumeist in ihren traditionellen Außenansichten präsentiert worden, anfangs in einer Frontalansicht, später auch in Perspektiven. In einige Frontalansichten sind auch Elemente der umgebenden Parkgestaltung einbezogen worden, im Fall des abschließenden Motivs der Wartburg sogar Teile der Landschaft und einige Vögel. Damit ist die isolierte Präsentation eines einzelnen Bauwerkes auf dem kleinen, zur Verfügung stehenden Münzfeld ein wenig aufgebrochen worden. In der seit dem Jahr 2023 laufenden Serie Bundesländer II sind diese Neuerungen beibehalten worden. Das erste Motiv Elbphilharmonie für Hamburg (Entwurf: Michael Otto) zeigt zudem erstmalig einen symbolträchtigen Neubau. Die Jury des Gestaltungswettbewerbs lobte insbesondere die "eindrucksvolle, detaillierte Darstellung des Konzertbaus vor der maritimen Stadtszenerie". (4) Mit dem Königsstuhl für Mecklenburg-Vorpommern (Entwurf: Michael Otto) und der Saarschleife für das Saarland (Entwurf: Carsten Wolff) sind als Wahrzeichen inzwischen sogar rein landschaftliche Motive aufgenommen worden. So lässt die neue Serie hoffen, dass eine deutlich vielschichtigere Bildgestaltung möglich ist. Als gestalterische Spitzenleistung darf allerdings eine Zwei-Euro-Münze außerhalb der Serie gelten, nämlich jene zum 175. Jubiläum der Paulskirchenverfassung (Entwurf: Bodo Broschat). Im Protokoll der Preisgerichtes hieß es, dass das Thema überraschend bildstark umgesetzt worden ist: Hinter einer perspektivischen Darstellung der Paulskirche befindet sich das Verfassungsdokument mit Schreibfeder. Ganz hinten stehen drei weibliche Allegorien (Einigkeit, Recht, Freiheit) und die Einheitsflagge. Bravo!
Dietmar Kreutzer
Quellenangaben:
(1) 2-Euro-Gedenkünze: Bundesländerserie II - Bremen; in: MünzenRevue, Heft 4/2025, S. 28
(2) Ebenda
(3) 2€CC Deutschland 2026 Klimahaus® Bremerhaven 8° Ost" (Bundesländer Serie II; auf: forum.emuenzen.de, Februar 2025
(4) Deutsche Bundesbank: 2-Euro-Gedenkmünzen - Hamburg (2023); auf. bundesbank.de
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