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Staatliche Münze Berlin: Geschäftsführer Jürgen Stolz vor großen Aufgaben

Die Staatliche Münze Berlin blickt auf eine lange, bis in das 13. Jahrhundert zurückreichende Tradition zurück. Gegründet von den Markgrafen sowie Kurfürsten von Brandenburg und ab 1701 den Königen von Preußen dienstbar, belieferte die Geldfabrik im Herzen der Stadt Menschen mit Pfennigen und Groschen, Talern und Gulden sowie Goldmünzen aller Art. Seit der Reichseinigung von 1871 produzierte die damalige Königliche Münze zu Berlin für das Land unzählige Geldstücke, aber auch Medaillen. Das A auf den an der Spree produzierten Münzen wurde der Fabrik 1750 von König Friedrich II. von Preußen im Rahmen der Graumannschen Münzreform verliehen, und so finden wir auch heute den ersten Buchstaben des Alphabets auf den Berliner Euromünzen.

Vor 15 Jahren zog die Staatliche Münze Berlin vom Molkenmarkt in die Ollenhauerstraße 97, wo sie bessere Arbeitsbedingungen nutzen kann. [Bildquelle: Helmut Caspar].

Auf die Frage, was im vergangenen Jahr in der Geldfabrik an der Ollenhauerstraße 97 im Berliner Bezirk Reinickendorf auf hochmodernen, leise arbeitenden Prägemaschinen hergestellt wurde, zeigt der seit Anfang 2021 amtierende Betriebsleiter Jürgen Stolz auf eine Statistik und zählt auf: ein Cent: 49 Millionen Stück, zwei Cent: 65 Millionen Stück, fünf Cent: 19 Millionen Stück, zehn Cent: 39 Millionen Stück, 20 Cent: 38 Millionen Stück sowie zwei Euro: 16 Millionen Stück. Hinzu kommen 600.000 Fünf-Euro-Münzen und 300.000 Zehn-Euro-Münzen. Die Prägung dieser insgesamt rund 200 Millionen Münzen erfolgt in blitzschnell arbeitenden Automaten, die bis zu 850 „Hübe“ in einer Minute schaffen. Da es bei Werten zu 50 Cent und einem Euro noch sehr große Vorräte gibt, wurden sie 2020 in den fünf deutschen Münzstätten nicht hergestellt.

Jürgen Stolz prüft Stempel, die in die Prägemaschinen eingespannt werden, denn die Berliner Münze stellt nicht nur Geldstücke her, sondern auch große und kleine Medaillen für gewerbliche sowie private Kunden. [Bildquelle: Helmut Caspar].

„Wir hatten mit den anderen Werten viel zu tun, denn nicht nur die genannten Münzen wurden und werden bei uns in gewaltigen Mengen hergestellt, sondern auch die Fünf-Euro-Münzen mit dem farbigen Polymerring und Gedenkmünzen aus Silber und Gold“, sagt der Betriebsleiter und weist auf das Zwanzig-Euro-Stück zum 300. Geburtstag des „Lügenbarons“ Hieronymus von Münchhausen sowie auf das Gepräge zum 50. Jubiläum der Fernsehsendung mit der Maus von 2021, zwei Gedenkmünzen, die farbig bedruckt sind. Spiegelglanz-Münzen erfordern eine besonders sorgfältige Behandlung, denn auf ihnen sind Kratzer und Fingerabdrücke nicht erlaubt. Hingegen landen die üblichen Münzen in der Qualität Stempelglanz in Metallkisten und werden von dort zu Verpackungsmaschinen geleitet. Dafür, dass nichts verloren geht, sorgt ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem.


Fünfer mit farbigen Polymerringen

Da auf allerbeste Qualität Wert gelegt wird, führen die Mitarbeiter im großen Prägesaal vor allem überwachende und prüfende Aufgaben aus. Immer wieder greifen sie in die Metallkisten um zu sehen, ob die dort in einem unendlichen Strom fallenden Stücke ohne Fehl und Tadel sind. Nach etwa 200.000 Prägungen muss ein jeder Stahlstempel ausgewechselt werden, weshalb den für die Stempelherstellung und Veredlung der Prägewerkzeuge zuständigen Mitarbeitern die Arbeit niemals ausgeht. „Bei der Anfertigung der Stempel setzen wir elektrochemische Verfahren sowie Laser zur Herstellung und vollautomatische Maschinen zur Oberflächenbehandlung ein“, sagt Jürgen Stolz und fügt hinzu: „Die Ronden für die Polymermünzen zu fünf Euro bekommen wir aus den Münzstätten in München und Karlsruhe, wir geben ihnen dann das Prägebild.“


Die Staatliche Münze Berlin stellt darüber hinaus im Jahr etwa eine halbe Million Medaillen mit rund 200 Motiven her. „Ihre Fertigung erfolgt in der Regel in fremdem Auftrag, und das gilt auch für Nachprägungen historischer Münzen. Für sie gibt es bei Sammlern ein großes Interesse, denn die Originale sind oft knapp und teuer. Natürlich sind sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechend als solche gekennzeichnet“, sagt der Betriebsleiter und zeigt auf besondere Kennungen, die sich nicht beseitigen lassen.


Während die Herstellung der Medaillen mit Motiven aus den Berliner Bezirken ausgelaufen ist, auch weil nicht die erhoffte Menge verkauft werden konnte, erfreuen sich die Panda- und Eisbären-Medaillen sowie die Ausgaben mit der Quadriga vom Brandenburger Tor weiterhin großer Beliebtheit. Wer möchte, kann sie im Onlineshop der Berliner Münze bestellen (http://www.muenze-berlin.de/muenzen.htm).

Das Brandenburger Tor und andere Sehenswürdigkeiten und Symbole auf Medaillen der Berliner Münze bilden ein interessantes Sammelgebiet. [Bildquelle: Helmut Caspar].

Über diesen Internetauftritt ist auch die erste Farbmünze Deutschlands zu 20 Euro „100 Jahre Weimarer Reichsverfassung“ im Angebot. Im Zentrum der Bildseite befindet sich die durch die Weimarer Reichsverfassung eingeführte Flagge, die farbig dargestellt wird. Dies ist nicht bloßes Dekor, sondern bringt die mit den Reichsfarben schwarz, rot und gelb (gold) symbolisierte Entscheidung vor über einhundert Jahren für die Republik und die Demokratie nach dem Ersten Weltkrieg zum Ausdruck. Der kreisförmig um die Fahne angeordnete Artikel 1 der Reichsverfassung „Das Deutsche Reich ist eine Republik. Die Staatsgewalt geht vom Volke aus“ bringt den Übergang von der Monarchie zur Republik und die Volkssouveränität treffend zum Ausdruck.


Optimistischer Blick in die Zukunft

Jürgen Stolz blickt optimistisch in die Zukunft, was das weitere Schicksal der Euro- und Centmünzen betrifft. Dieses werde es trotz mancher Unkenrufe und der Konkurrenz durch das elektronische Bezahlen noch lange geben, ist er überzeugt. Sorgen machen ihm Probleme durch den Generationswechsel in den kommenden Jahren und die Gewinnung von gut qualifiziertem Nachwuchs. „Unsere ,Altgedienten’ gehen nach und nach in Rente, und damit stehen wir nicht allein, denn vielen Produktionsbetrieben und Dienstleistern geht es auch nicht besser. Deshalb bilden wir junge Leute aus und hoffen auf weitere Bewerbungen als Graveure, Oberflächenbeschichter, IT-Fachkräfte und im kaufmännischen Bereich. Ich muss mich auch auf diese Dinge konzentrieren und habe im Moment nicht die Zeit, Ausstellungen wie die in den vergangenen Jahren zu organisieren. Aber gewiss werden wir irgendwann auch später über diese Art der Öffentlichkeitsarbeit nachdenken“, sagt Jürgen Stolz. Die bisherigen Ausstellungsflächen im Erdgeschoss sollen für Besprechungen genutzt werden, weil sich in der Pandemiezeit herausgestellt hat, dass die vorhandenen Büroräume nicht den erforderlichen Abstand der Teilnehmer voneinander gewährleisten. Die Dokumentation in der Glaspyramide zur wechselvollen Geschichte der Berliner Münze bleibt hingegen bestehen.


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