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Revolution in China: Die ersten Silberdollars

Im Jahre 1838 sahen die Briten ihr asiatisches Handelsmonopol von den Chinesen bedroht. Zwei Jahre später eroberten sie Hongkong. Nach dem Ende des Ersten Opiumkrieges im September 1842 wandte sich die Handelskammer von Köln an die preußische Regierung: „Ein großes Ereignis ist in dem abgelaufenen Monate bekannt geworden, dessen Einfluss auf die kommerziellen Gestaltungen in Europa, Asien und Amerika der Phantasie einen weiten Spielraum eröffnet und bereits Vergleiche mit den Folgen der Entdeckung von Amerika veranlasst hat. Es ist der Friedensschluss zwischen England und China, die Eröffnung von fünf Häfen für den Handel mit diesem unermesslichen Reiche und die Einräumung von Pfändern für dessen Dauer und Sicherheit. […] Alle europäischen Großmächte müssen sich daher dringend aufgefordert fühlen, jetzt gleich ihren Fuß neben den englischen zu setzen, dem Inselreiche die Manipulation des chinesischen Kolosses keinen Augenblick lang allein zu überlassen und dafür zu sorgen, dass, wenn die europäisch kommerziellen Interessen sich tiefer in China verzweigen, England dabei nicht in einem zu sehr überwiegenden Grade beteiligt sei.“ [1] Es gelang den Deutschen, einen Hafen als Handelsstützpunkt einzurichten. Die wirklich profitablen Geschäfte in China machten aber weiterhin die Engländer.


Kaiser Tonghzi (1856–1875) von China [Amazon, English Wood Engraving (1873)]

Währenddessen bekam die rückständige Qing-Dynastie immer größere Schwierigkeiten. Der rasante Wachstum der Bevölkerung und verschiedene Naturkatastrophen führten zu Hungersnöten. Der von diesen Umständen begünstigte Taiping-Aufstand gegen das Regime forderte zwischen 1851 und 1864 etwa 25 Millionen Opfer im Südosten des Reiches. Der Zweite Opiumkrieg von 1856 bis 1860 gegen Großbritannien und Frankreich brachte Kriegskontributionen von 22 Millionen Unzen Silber für die Europäer. Unter Kaiser Tongzhi kam es daraufhin ab 1861 zu einer vorsichtigen Öffnung der Gesellschaft in Richtung Westen. Ein Hauptamt für die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten wurde gegründet. Erste Reformprojekte kamen in Gang. Zu den Erfolgen zählten die Fertigstellung des ersten chinesischen Dampfschiffes im Jahre 1868 sowie einer ersten Eisenbahnlinie sieben Jahre später. Im Jahre 1881 folgten die moderne Telegraphenkommunikation und die Einführung des Postverkehrs. Am bedeutsamsten blieb jedoch weiterhin der Handel mit Übersee. Direkt durch die Einflussnahme des Westens vollzogen sich die gesellschaftlichen Veränderungen in den großen Vertragshäfen an der Küste. Zwischen 1842 und 1895 wurden insgesamt 39 Städte vertraglich geöffnet. Der Binnenhafen Hankou in Wuhan erlangte besondere Bedeutung für die westlichen Wirtschaftsinteressen, daneben die Häfen von Shanghai, Guangzhou und Tianjin. Außerdem rückte die britische Kronkolonie Hongkong immer mehr in den Fokus.


Hongkong. Dollar von 1868. 900er Silber, 27,0 g 38 mm [CoinBrothers]

Bis zu dieser Zeit ging der Großhandel im größten Teil des Reiches auf der Basis besonders geformter Silberbarren vonstatten: „Das wäre kein Problem gewesen, wenn ein einheitlicher Silberfeingehalt bestanden hätte. Tatsächlich waren auf den Geldmärkten in verschiedenen Teilen Chinas aber Silberbarren unterschiedlicher Feinheit und Bezeichnung üblich. Selbst private Geldgeschäfte konnten Silberbarren mit eigenen Stempeln prägen, und sogar Silberschmuck konnte als Zahlungsmittel verwendet werden.“ [2] Es existierten zahlreiche Hindernisse für den Handel, denn auch verschiedene Systeme zur Gewichtsmessung wurden genutzt: „Tatsächlich gab es jedoch in den verschiedenen Gebieten des Reiches unzählige regionale Tael-Systeme, von denen viele bis heute namenlos sind.“ [3] Der Handel auf der Basis ausländischer Silbermünzen beschränkte sich auf einige Küstenregionen. Die Münzen, die dort genutzt wurden, kamen zunächst vor allem aus Südamerika. Nach dem Zusammenbruch des spanischen Kolonialreiches hatte das unabhängige Mexiko die Funktion des Silberlieferanten übernommen. Von den Küsten drangen sie ins Landesinnere vor: „ Es wird geschätzt, dass 1911 in China insgesamt 500 Millionen mexikanische Pesos umliefen, was mehr als die Hälfte der Silbermünzen im Wert eines Dollars war.“ [4]


China. Dollar von 1890–1908. 900er Silber, 27,0 g, 40 mm [Numismatic Guaranty Corporation]

Die ersten in China selbst hergestellten Silberdollars waren britische Münzen, die mit dem Porträt von Königin Viktoria versehen wurden. Auf der Rückseite waren englische und chinesische Schriftzeichen in regionalen Ornamente eingebettet: „Die Münzen wurden in der Prägestätte von Hongkong hergestellt und war von 1866 bis 1868 in Gebrauch. Sie hatten denselben Wert wie die mexikanischen Silberdollars, die bereits in Hongkong im Umlauf waren, aber die Chinesen nahmen die Hongkong-Dollars nicht gut auf. Wegen der schlechten Akzeptanz der Münzen und ihrer fortgesetzten Abwertung wurde die Produktion nach 1868 eingestellt. Die örtliche Prägestätte wurde geschlossen und die Maschinen, mit denen die Münzen geprägt worden waren, an die neu gegründete Japan Mint in Osaka verkauft.“ [5] Im Jahre 1887 erwirkte Zhang Zidong, der Gouverneur der Provinzen Guangdong und Guanxi, eine Genehmigung zur Herstellung eigener Silberdollars, der sogenannten Drachen-Dollars. Deren Einführung brauchte Zeit: „Der Wendepunkt für den Umlauf von Silbermünzen in China kam 1894, als die Qing-Regierung den Küstenprovinzen die Prägung der Drachen-Dollars gestattete und der Bevölkerung erlaubte, den Dollar als Zahlungsmittel für staatliche Steuern zu verwenden. Mit der Absicht, den Einsatz dieser Münzen zu fördern, zwangen einige lokale Regierungen die Menschen sogar, sie zu verwenden.“ [6]


China. Dollar von 1914. 890er Silber, 26,9 g, 39 mm [Künker, eLive Auction 69/475]

Das ausländische Geld damit zu verdrängen, gelang der Regierung aber nicht. Der Ersatz der mexikanischen Pesos durch chinesische Silberdollars vollzog sich erst nach dem Untergang des Kaiserreiches. Mit dem Sturz der Qing-Dynastie im Jahre 1912 wurde China zur Republik. Die alten Münzen, inklusive der Drachen-Dollars, konnten kostenlos gegen neue Silbermünzen mit dem Bildnis des Präsidenten Yuan Shikai eingetauscht werden. Im Jahre 1924 waren von insgesamt 960 Millionen umlaufenden Dollars 750 Millionen einheimische Prägungen. Quellen

  1. Weltgeschichte – eine Chronik; München 1988, S. 350.

  2. Gong Yibing: The Circulation of Foreign Silver Coins in the Southern Coastal Provinces of China 1790-1890; Hongkong 2006, S. 15.

  3. Ebd.

  4. Debin Ma, Liuyan Zhao: A Silver Transformation – Chinese Monetary Integration in Times of Political Disintegration during 1898 to 1933; London 2018, S. 283.

  5. numista.com/catalogue/pieces6893.html

  6. Yibing, S. 45.


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