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Numismatischer Zwischenstopp in Tirana

Vom Papier kannte ich Albanien wie meine Westentasche. Ich hatte ja Karl May gelesen. Und der hat seinen Helden Hadschi Halef Omar ins "Land der Skipetaren" geschickt! In der türkischen Privinz galt 1892, also im Erscheiningsjahr des Romanes, das Goldpfund zu 100 Piaster. In einer Stelle im Buch zählte Halef seinen Schützlingen Anka und Janik jeweils zehn Goldmünzen in die Hand. Die Summe entsprach im Kaiserreich zwischen 180 und 190 Mark. Halef fragte: "Wisst Ihr ach, was Aktsche baschy ist?" Nein, antwortete Janik. Halef erklärte: "Aktsche baschy ist der Betrag, um welchen das Gold mehr wert ist als das Silber. Das ist jetzt acht auf das Hundert. Wenn ihr Euch ein solches Goldstück wechseln lasst, so müsst Ihr für die hundert Piaster Gold hundertacht Piaster in Silberstücken bekommen. Merkt Euch das, denn es beträgt achtzig Piaster für Euch beide." (1) Es ging um das sogenannte Gold-Agio, also den Mehrwert des Goldes gegenüber einem gleich hohen Betrag, der in Silbermünzen ausgezahlt wurde.


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Der Autor an der albanischen Grenze

Foto: Geisenhainer


Albanien war mir jedoch nicht nur aus seiner Zeit als türkische Provinz durch die Bücher von Karl May bekannt. Vor einigen Jahren hatte ich für die MünzenRevue einen Artikel über die Erben des Fürsten Skanderbeg geschrieben, unter dem Titel Hochstapler, Besatzer und Diktatoren. Vordergründig ging es um die Münzen des 1912 gegründeten Staates Albanien. Auf Ihnen war häufig Ahmet Zogu abgebildet, ein Politiker, der sich 1925 zum König ausrufen ließ. Kredite aus Italien hielten das Land zu dieser Zeit wirtschaftlich am Leben. Selbst die Münzen kamen von dort: "Der Frang Ar zeigte einen behelmten Götterboten sowie den Bug einer Galeere. Auf der Silbermünze zu zwei Franga Ari prangt ein nackter Adonis, der die Saat ausbringt. Der Revers der höchsten Wertstufe zu 100 Franga Ari zeigt einen Streitwagen nach dem Vorbild eines makedonischen Staters aus der Zeit Philipps II. (2) Entworfen wurden die Stücke vom Bildhauer Giuseppe Romagnoli und seinem Graveur Attilo Silvio Motti. Von den beiden stammen auch die Münzen des Königreichs Italien aus der Zeit zwischen den Weltkriegen.


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Skanderbeg-Platz in Tirana

Foto: Kreutzer


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Pyramide von Tirana

Foto: Kreutzer


Nun im Herbst 2025 hatte ich endlich die Möglichkeit, Albanien zu besuchen. Das aufstrebende Land ist von großen Gegensätzen zwischen neu erworbenem Reichtum und bitterer Armut geprägt. Während sich in den größeren Städten aktuell eine wohlhabende Oberschicht herausbildet, fehlt es in manchen Bergdörfern bis heute am nötigsten. Der Aufenthalt in Tirana hinterließ bei mir die stärksten Eindrücke. Der zentrale Skanderbeg-Platz ist von sozialistischen Repräsentationsbauten und neuen Hochhäusern umstellt. Eins von ihnen ist nach dem Porträt des Nationalhelden Skanderbeg modelliert. Nach Süden wird der schon im Königreich geplante Boulevard der Märtyrer der Nation von neoklassizistischen regierungsgebäuden flankiert. An ihm steht auch die 1988 erbaute Pyramide von Tirana. Heute ein Kulturzentrum, zeigte sie früher auf drei Etagen das Leben des 1985 gestorbenen Diktators Enver Hoxha.


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100 Franga Ari (Albanien, 1926, 900er Gold, 32,3 Gramm, 35 mm)

Bildquelle: NumisCorner


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100 Leke (Albanien, 2000, Bimetall, 6,7 Gramm, 25 mm)

Bildquelle: NumisCorner


Einen eher bedrückenden Eindruck hinterließ das Bunk'art Museum, ein riesiger Atomschutz-Bunker im Regierungsviertel. Von 1972 bis 1983 hatte der paranoide Kommunistenführer Hoxha aus Angst vor einer ausländischen Invasion etwa 173.000 solcher Bunker im ganzen Staat errichten lassen. In den unterirdischen Räumen ist eine Ausstellung über seinen einstigen Polizeistaat zu sehen. Nach einem längeren Rundgang durch die wenig anheimelnde Innenstadt beabsichtigte ich mich an einem Imbissstand mit einem Hot Dog zu stärken. Der Euro wird neben der Landeswährung Lek hier allgemein akzeptiert. Daher reichte ich dem Händler eine Banknote zu zehn Euro. Als Wechselgeld bekam ich allerdings keine Euro-Münzen, sondern vier Banknoten im Wert von jeweils 200 Leke heraus. Ein Euro entspricht etwa 100 Leke. Die kleinste Münze zu einem Lek hat also den Wert eines Euro-Cents. Die Münze mit dem höchsten Nennwert ist eine Bimetall-Münze zu 100 Leke. Sie ähnelt dem Euro-Stück.


Dietmar Kreutzer



Quellenangaben:

(1) Karl May: Das Land der Skipetaren; auf: projekt-gutenberg.org

(2) Dietmar Kreutzer: Hohstapler, Besatzer und Diktatoren - Die Erben des Fürsten Skanderbeg; in MünzenRevue, Heft 4/2016, S. 150

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