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Leserpost: Dänemark 5 Öre 1941

Liebe Leser von MuenzenOnline,

in meiner Sammlung befindet sich eine bescheidene Aluminiummünze von 1941 aus Dänemark zu fünf Øre, die mir Rätsel aufgibt. Auf der Rückseite haben Unbekannte in den „Bauch“ der Ziffer 5 einen kleinen Hammer eingeschlagen. Das ergibt das Bild eines Hammers und einer Sichel, das Symbol der Sowjetunion, die im selben Jahr vom Deutschen Reich überfallen wurde. Ich vermute, dass dänische Widerstandskämpfer in dem von der Wehrmacht besetzten Königreich solche Stücke in Umlauf gegeben haben, um ihre Sympathie für die Sowjetunion auszudrücken. Sie werden gewusst haben, dass dergleichen von den deutschen Besatzern als Staatsverbrechen mit dem Tod oder der Einweisung in ein Konzentrationslager bestraft wurde.

Meine Frage ist nun, ob jemand aus dem Leserkreis von muenzenonline.com etwas über solche und ähnliche Manipulationen weiß und/oder welche besitzt. Es handelt sich um ein numismatisches Randthema, das aber einen interessanten Blick in die Zeitverhältnisse gewährt, als der Widerstand gegen das NS-Regime viele Opfer forderte. Aus der Geschichte des Zweiten Weltkriegs weiß ich, dass sich der dänische König Christian X., der von 1912 bis 1947 regierte und dessen Monogramm auf der Vorderseite der Alumünze gezeigt wird, nicht vor den Karren der Nazis spannen ließ.

Nachdem das neutrale Land im April 1940 von der deutschen Wehrmacht überfallen worden war, begann für die Dänen eine schwere Zeit. Sie wurden allerdings nicht so massiv entrechtet und unterdrückt wie die Bewohner anderer Länder, weil die Naziideologie die Dänen zu den Ariern zählte. König Christian X. wurde nicht angetastet, und Hitler verzichtete darauf, in seinem Land ähnlich schlimm zu hausen wie in Polen, der Sowjetunion, Belgien, Frankreich, Norwegen, Griechenland, Ungarn und anderen Ländern. Insgeheim unterstützte Christian X. die Rettung von über 7000 dänischen Juden, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Anfang Oktober 1943 auf Schiffen nach Schweden gebracht wurden. Angst vor den Besatzern konnte man dem Monarchen nicht nachsagen. Er ritt demonstrativ ohne Leibwache jeden Morgen durch Kopenhagen, und die Deutschen trauten sich nicht, ihn anzutasten, stellten ihn allerdings 1943 unter Hausarrest.

Es wird erzählt, dass Christian X. Hitler die kalte Schulter zeigte, als dieser versuchte, ihn auf seine Seite zu ziehen, was bei Repräsentanten anderer Länder gelang. Auch wehrte sich der durch den deutschen Reichskommissar SS-Obergruppenführer Werner Best in seinen Befugnissen eingeschränkte König gegen das Hissen der Hakenkreuzfahne auf dem dänischen Reichstagsgebäude. Dass der beliebte Monarch den von den Nationalsozialisten eingeführten Davidstern angelegt hat, um Solidarität mit seinen jüdischen Landsleuten zu bekunden, gehört ins Reich der Legende.

Die Mehrzahl der Dänen verweigerte sich den Besatzern, die Oppositionelle ermordeten, wo immer sie sie zu fassen bekamen, und versuchten, in dem Land auch die „Endlösung der Judenfrage“ durchzusetzen. Widerstandsgruppen machten den Deutschen schwer zu schaffen. . Von seinem Volk betrauert, starb der für seine Courage bewunderte König am 20. April 1947.


Helmut Caspar


Antwort der Redaktion

Lieber Herr Caspar,

nachträgliche aber zeitgenössische Bearbeitungen von Münzen zur Verbreitung bestimmter Botschaften sind ein interessantes Sammelgebiet. Sehr bekannt sind die relativ harmlosen Majestätsbeleidigungen auf preußischen 3- und 5-Mark-Münzen aus der Kaiserzeit, auf denen Wilhelm II. mit Hut und wahlweise Tabaks-Pfeife durch nachträgliche Gravuren erscheint (Beispiel: WAG Online Auktion 139, Los Nr. 1177). Seltener sind dann schon deftigere Nachbearbeitungen, bei denen besagter Kaiser mit Narrenkappe erscheint und die abgeschliffene Rückseite für revolutionäre Botschaften verwendet wurde (ein sehr eindrückliches Beispiel: Harald Möller Auktion 65, Los Nr. 684). Aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges sind mir solche Botschaften auf Münzen auch bekannt, allerdings keine Publikationen dazu. Bei den Geldscheinen hingegen gibt es einige publizierte Beispiele (erwähnt sie hier die mittels einer aufgeklebten Briefmarke dargestellte Strangulierung Hitlers auf französischen 20 Francs Scheinen).

Das Problem bei diesen Sammelobjekten ist immer der Nachweis, dass die Bearbeitung zeitgenössisch erfolgte. Die einzige Garantie könnte dabei nur die konkrete Provenienz der Münze bieten. Allerdings würde ich bei Ihrem Stück von keiner nachträglichen Punzierung zum Schaden von Sammlerinnen und Sammlern ausgehen. Dafür ist dieses Thema zu unbekannt. Tatsächlich tauchen Weitere dieser Öre-Münzen mit eingepunztem Hammer im Handel auf (Heritage Europe Auktion 60, Los Nr. 5915; Brun Rasmussen Auktion 1919, Los Nr. 5160, ...), allerdings ohne irgendwelche Hintergrundinformationen.

Der dänische Widerstand ist gut dokumentiert. Neben Ihren schon erwähnten Punkten, möchte ich an der Stelle noch auf die dänische Polizei-Opposition hinweisen. Allein 1944 wurden über 1900 dänische Polizisten in das KZ Buchenwald verschleppt. Ggf. könnten weitere Recherchen Auskunft über Ihre Münze geben.

Viele Grüße

Til Horna

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