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„In Münzen lebt die Geschichte weiter“

Numismatischer Arbeitskreis Brandenburg/Preußen erinnerte an seine Gründung vor 40 Jahren


Einmal im Jahr treffen sich Mitglieder des Numismatischen  Arbeitskreises Berlin/Brandenburg in jeweils einer anderen Stadt in Deutschland zu ihrem Jahrestreffen. Für die Organisatoren rund um Lutz und Kathrin Fahron ist eine solche Tagung jedesmal ein Kraftakt, aber die Mühen um Vortragsräume und Tagungsprogramme, Exkursionsziele, Versorgung und publizistische Dokumentation haben sich gelohnt. Seit seiner Gründung vor 40 Jahren auf Initiative von Dr. Gerrit Friese in Eberswalde gibt der Arbeitskreis regelmäßig Jahrbücher mit interessanten Aufsätzen heraus, über Münzen, Medaillen, Auszeichnungen, Funde, Jubiläen, Numismatiker-Biographien und was sonst noch in dieses Gebiet fällt.


Prof. Dr. Bernhard Weisser führte durch die Ausstellung des Berliner Münzkabinetts

„Falsche Münzen - Lange Finger“ im Bode-Museum.


Lutz Fahron, der Vorsitzende des Arbeitskreises und zugleich der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin, nahm die Tagung zum Anlass, Manfred Olding, dem Münzhändler und Autor mehrerer Bücher über preußische Münzen und Medaillen, für die redaktionelle Arbeit an den „Blauen Heften“ und was mit ihrer Herstellung zu tun hat, herzlich zu danken. Wie überhaupt am Beispiel des Arbeitskreises zu sehen ist, was ehrenamtliches Engagement und fachliche  Kompetenz zustande bringen. „Unsere Numismatik-Hefte bleiben, wenn wir schon längst Staub und Asche sind“, war in einer Kaffeepause zu hören.


Die Tagung begann mit einer Führung von Prof. Dr. Bernhard Weisser, Direktor des Berliner Münzkabinetts, durch eine neue Ausstellung im Bode-Museum „Der Engel der Geschichte - Walter Benjamin, Paul Klee und die Berliner Engel“ zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Im Mittelpunkt steht Paul Klees Aquarell „Angelus Novus“, ein Hauptwerk der Kunst des 20. Jahrhunderts von 1920. Es gehörte dem Berliner Philosophen Walter Benjamin, begleitete ihn ins französische Exil und wurde von ihm in einem seiner letzten Texte als „Engel der Geschichte“ beschrieben. Weiter ging es in die Sonderausstellung des Münzkabinetts „Lange Finger - Falsche Münzen“, die Bernhard Weisser und Paul Seyfried erklärten. Die Gäste erfuhren, dass vor 80 Jahren die Rote Armee die Bestände des Münzkabinetts als Beutegut mit in die Sowjetunion nahm. Wie andere Museumsgüter kamen die Kisten zehn Jahre später unter dem Motto „Der Menschheit bewahrt“ zurück. Allerdings wird die wertvolle Bibliothek immer noch im heutigen Russland zurückgehalten.


Katrin Fahrons gestaltete die Jubiläumsmedaille mit dem Motto „IN NUMMIS HISTORIA VIVIT“

(In Münzen lebt die Geschichte weiter).


Lutz Fahron zog in der Sitzung im Archäologischen Zentrum der Staatlichen Museen eine positive Bilanz 40-jähriger Vereinsarbeit und würdigte das Engagement einzelner Mitglieder. Er verwies auf die Publikationen des Arbeitskreises und legte dar, wie die Zusammenarbeit mit dem Berliner Münzkabinett verläuft. Bernhard Weisser erwähnte in seiner Ansprache, dass schriftliche Hinterlassenschaften des Kabinetts aus den Jahren 1933 bis 1945 aufgearbeitet sind, jetzt gehe die Erschließung von 1932 rücklaufend weiter. Auf ihre Bearbeitung warten noch die Akten der Berliner Münze, dazu werden noch ehrenamtliche Helfer gesucht. So gut wie abgeschlossen ist die Transkription der Tagebücher des Meisterfälschers Karl Wilhelm Becker durch Horst Kosanke.


Ein großer Teil der Bestände des Münzkabinetts ist im Interaktiven Katalog (IKMK) erfasst. Gerade konnte das 150.000. Objekt aufgenommen werden. Bernhard Weisser erläuterte, wie der IKMK aufgebaut ist, wie man mit ihm arbeiten kann und wie er mit anderen Systemen vernetzt ist. Großen Wert legt man im Münzkabinett auf die Nachwuchsförderung etwa durch Stipendien. Hier wurden bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, etwa was Münzen der Römischen Republik und solche aus der Zeit der Kipper und Wipper betrifft.


Neuerdings lädt das Kabinett jeden ersten Sonntag im Monat zur Aktion NachBARESRares. Wer möchte, kann Originale aus dem Tresor des Münzkabinetts aus der Nähe betrachten und erfährt dabei auch historische Hintergründe zu jedem Stück. Bernhard Weisser berichtete über Schenkungen und Ankäufe, die in der Dauerausstellung gezeigt werden, und erwähnte das neue, auf 25 Jahre angelegte Akademievorhaben IMAGES NUMMORUM GRAECORUM und den vom früheren Kabinettsdirektor Prof. Dr. Bernd Kluge verfassten Bestandskatalog  „Die Münzen des Ostfränkisch-Deutschen Reiches  von 843 bis  1125“ (MODR), von dem der erste Band vorliegt.


Die Jugendstil-Medaille zur Pariser Weltausstellung von 1900 wurde

von Jean-Baptiste Daniel Dupuis geschaffen.


Der erste Fachvortrag beschäftigten sich mit französischen Medaillen des 19. Jahrhundert, dem Wandel des Kunststils und sowie mit neuen Themen und Bildern. Dr. Barbara  Simon (Numismatische Gesellschaft Speyer und Präsidentin der Deutschen Numismatischen Gesellschaft) machte mit der „Histoire métallique“ Napoleons I. bekannt und schilderte, mit welchen politischen Zielen etwa 20 Editionen pro Jahr zum Ruhm dieses Kaisers hergestellt wurden. Es folgte ein Blick auf die Entwicklung der französischen Medaillenkunst bis zum Ersten Weltkrieg und die Etablierung neuer, malerischer Formen durch Künstler von Hubert Ponscarme bis Oscar Roty und Jean-Baptiste Daniel Dupuis. Die Entwicklung wurde in Deutschland genau verfolgt. In Künstlerkreisen wurde gefordert, wie in Frankreich und anderen Ländern den kühl-klassizistischen Stil zu verlassen und neue Ufer zu erreichen.


Helmut Caspar schilderte in seinem Vortrag „Ein Besuch in der Königlichen Münze zu Berlin und der Reichsdruckerei um 1910“ nicht nur, was Reporter in den Geldfabriken sahen und wie sie sich beim Anblick von großen Mengen gemünzten und gedruckten Geldes gefühlt haben, sondern legte auch dar, dass es nicht leicht war, im Reich von Kaiser Wilhelm II. altes Denken über Bord zu werfen und neue Formen und Themen zu etablieren. Das gelang erst nach Abschaffung der Monarchie 1918. In einem weiteren Vortrag stellte Marjanko Pilekić den Goldschatz von Baitz (Landkreis Potsdam-Mittelmark) mit bildlosen Regenbogenschüsselchen der Kelten vor und erwähnte dabei, welche Legenden mit den in vorchristlicher Zeit hergestellten Goldmünzen verbunden sind und wo größere Mengen gefunden wurden. Der Schatz von Baitz „tanzt“ insofern aus der Reihe, weil er recht weit von den üblichen Fundplätzen in Süddeutschland entdeckt wurde. Wie er dorthin gelangte, wird man wohl nie erfahren. Zum Schluss wurde die mit dem dreigeteilten Wappen der preußischen Haupt- und Residenzstadt und dem Bild eines Brakteaten von Albrecht dem Bären geschmückte Medaille (Entwurf: Katrin Fahron) an alle Tagungsteilnehmer kostenlos ausgegeben. Sie kam gut an.


Der Vortrag von Helmut Caspar lud auf einen

„Besuch in der Königlichen Münze zu Berlin und der Reichsdruckerei um 1910“.


Das 74. Treffen des Numismatischen Arbeitskreises klang mit einem Besuch des Humboldt Forums und des Medizinhistorischen Museums der Charité aus. Dort waren neben zum Teil recht gruseligen Exponaten in Glasgefäßen und aufgereiht in Schränken auch einige Medaillen auf berühmte Mediziner zu sehen. Das Museum besitzt eine bedeutende Sammlung zum Thema „Medicina in nummis“, was Anlass sein wird, sie bei passender Gelegenheit an diesem Ort vorzustellen.


Text und Fotos: Helmut Caspar

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